Aktienhändler arbeiten im Handelssaal der Deutschen Börse in Frankfurt
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Boris Roessler/Collage: Tobias Brunner

Nach Jahren der satten Gewinne schwanken die Kurse an den Börsen derzeit stark.

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Börsen im Minus: ETF-Sparer sollten nicht in Panik geraten

Anleger brauchen an der Börse derzeit starke Nerven: Nach Jahren steigender Kurse, die immer mehr Sparer angelockt haben, geht es in diesen Wochen vor allem abwärts. Mancher fragt sich deshalb: Lohnt sich mein ETF-Sparplan noch?

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"Legt nicht alle Eier in einen Korb": Wer sich mit Geldanlage und Aktien beschäftigt, stößt eher früher als später auf diesen Rat. Um das Risiko zu minimieren, sollte man das investierte Geld möglichst breit streuen, so steht es in jedem Ratgeber. Statt also beispielsweise für 5.000 Euro die Aktien eines einzigen Unternehmens zu kaufen, sollten Anlegerinnen und Anleger lieber in eine Vielzahl von Aktien investieren.

Denn wie schnell ein Einzelinvestment zum Totalverlust wird, mussten manche zuletzt schmerzlich bei der Wirecard-Pleite erfahren, als sie teilweise Zehntausende Euro verloren – nachdem sie eben zuvor alle Eier in diesen Korb gelegt hatten.

Mit ETFs breit investieren und das Risiko minimieren

Die Schlagwörter der Ratgeber, um möglichst breitgestreut zu investieren, heißen "ETF" und "MSCI World". ETF steht für "Exchange Traded Fund": ein börsengehandelter Fonds, der 1:1 einen Index wie den DAX abbildet – oder wie den MSCI World. Dieser setzt sich aus insgesamt 1.510 Unternehmen zusammen, was ihn weniger anfällig für Schwankungen einzelner Aktien macht.

"Der MSCI World ist der wichtigste Aktienindex für Fondssparer", schreibt die Stiftung Warentest dazu. Die von ihr herausgegebene Zeitschrift "Finanztest" empfiehlt einen MSCI World-ETF als Standard-Baustein für alle, die ihr Geld an den Aktienmärkten anlegen wollen.

Hat der MSCI World für ETF-Sparer ausgedient?

Vor allem Menschen unter 30 Jahren haben ETF-Sparpläne deshalb in den vergangenen Jahren als Geldanlage für sich entdeckt. Dabei gab es für ihr Depot dank der Niedrigzinspolitik der Notenbanken nur eine Richtung: Die Kurse stiegen und stiegen auf breiter Front, weil immer mehr Erspartes in die Aktienmärkte floss und es keine Alternativen gab.

Doch damit ist es inzwischen vorbei. Seit Monaten bewegen sich die Börsen seitwärts oder nach unten – unter anderem, weil die Notenbanken mittlerweile die Leitzinsen immer weiter angehoben haben, wegen geopolitischer Risiken und aufgrund von Konjunktursorgen. In sozialen Medien und Internetforen fragen sich deshalb manche Anleger, die zuvor lange Zeit verwöhnt wurden: War es das? Lohnt sich ein ETF-Sparplan noch?

Geldanlage mit ETFs an der Börse: Jahrzehnte vorausdenken

Der Finanzmarktexperte Christian Röhl hält bei X (vormals Twitter) dagegen: "Was sind bitte drei Verlustmonate in Serie?" Dieser Zeitraum greift als Anlagehorizont für ihn viel zu kurz, schließlich gehe es gerade beim ETF-Sparen nicht um schnelle Gewinne, sondern um langfristig steigende Kurse. Langfristig heißt dabei: über Jahre oder Jahrzehnte.

Betrachtet man beim MSCI World solche Zeiträume, ändert sich das Bild: Seit einem Jahr liegt der Index fast 14 Prozent im Plus, seit drei Jahren mehr als 15 Prozent, seit fünf Jahren mehr fast 39 Prozent (Stand: 07.11.2023). In diesen Kursen sind bereits Negativ-Faktoren wie die Leitzins-Erhöhungen der Notenbanken oder der Einbruch zu Beginn der Corona-Pandemie enthalten.

Die Stiftung Warentest hat ausgerechnet: Bei einem Sparplan über 30 Jahre betrug die jährliche Rendite im Schnitt acht Prozent – selbst wenn die Kurse zwischenzeitlich eingebrochen waren. "Wer mindestens 13 Jahre investiert hat, hat in der Vergangenheit nie einen Verlust mit einer Welt-Aktienanlage gemacht", schreiben die Experten.

Inflation schmälert Rendite von Tages- und Festgeld

"Letzten Endes geht es nicht ohne den Aktienmarkt", sagt Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern. Zwar bieten inzwischen einige Banken wieder Tagesgeld- und Festgeldkonten mit vier bis 4,5 Prozent Zinsen an. Doch auch diese reichen gerade einmal, um den Wert des Geldes zu erhalten. Von Gewinnen kann angesichts einer Inflation von 3,8 Prozent in Deutschland im Oktober nach wie vor kaum die Rede sein.

Das sind die Alternativen zum MSCI World

Aber auch unabhängig von den aktuellen Kurs-Entwicklungen steht der MSCI World immer wieder in Kritik: Tech- und US-Unternehmen seien darin zu stark vertreten, heißt es. Finanzmarktexperte Röhl widerspricht jedoch Rufen nach einer Reform: Der MSCI World "bildet die etablierten Aktienmärkte so ab, wie sie nun mal sind". Wer Unternehmen aus Europa, Asien und Schwellenländern oder aus bestimmten Branchen stärker gewichten wolle, könne mit einzelnen ETFs nachjustieren.

Tatsächlich wird nahezu jede Region, jede Industrie und jeder Zukunftshype in einem eigenen ETF abgebildet. Gängige Alternativen zum MSCI World sind etwa der MSCI All Country World oder der FTSE All World, die sich aus mehreren Tausend Einzelwerten zusammensetzen und auch Schwellenländer oder kleinere Unternehmen berücksichtigen.

Börsen-Propheten in sozialen Medien: Wann droht der nächste Crash?

Freilich schwanken auch deren Kurse, das liegt in der Natur der Aktienmärkte. Nicht jede schwache Phase ist aber gleich eine ausgemachte Krise – auch wenn sekundengenaue Live-Kurse auf dem Smartphone und immer neuer Crash-Prophezeiungen in den sozialen Medien manchmal diesen Eindruck vermitteln.

Nicht umsonst hat Börsen-Legende André Kostolany deshalb schon in der Vor-Smartphone-Ära folgenden Rat geprägt: "Kauft Aktien und nehmt ein Schlafmittel."

Dieser Artikel ist erstmals am 5.11.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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