Die Fassade eines Gebäudes mit dem Schriftzug Haba in bunten Buchstaben, darunter ist Familygroup zu lesen.
Bildrechte: BR

Der Bad Rodacher Spielwarenhersteller Haba steckt in finanzieller Schieflage. Nun wird streicht Haba seine Kinderbekleidungsmarke Jako-o.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Haba Familygroup in der Krise: Wie geht es weiter?

Holzspielzeug, Klettergerüste und bunte Baby- und Kindermode - in vielen deutschen Kinderzimmern finden sich Artikel der Haba Familygroup aus Bad Rodach. Doch das traditionsreiche Familienunternehmen ist in Schieflage geraten und sucht nach Lösungen.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit am .

Bislang war die Firmengeschichte der Haba Familygroup eine Erfolgsgeschichte. Seit mehr als 85 Jahren steht das Familienunternehmen aus dem Landkreis Coburg unter anderem für hochwertige Kinderprodukte aus Holz. Sie besteht aus den Marken Haba für Kinderspielwaren, Haba Pro für die Ausstattung von Kindereinrichtungen und Jako-o für Baby- und Kindermode. Doch seit Mitte Juli hat sich die Lage in Bad Rodach, dem Stammsitz des Unternehmens, merklich eingetrübt. Das Unternehmen teilte mit, einen "massiven Stellenabbau" vorzunehmen. Wenig später wurde bekannt, dass die Kinderbekleidungsmarke Jako-o eingestellt wird.

Mitarbeiter verunsichert

Viele Angestellte sind enttäuscht und entsetzt über den angekündigten Stellenabbau, sagt Nicole Ehrsam, die kommissarisch erste Bevollmächtigte der IG Metall in Coburg. Viele Jahre sei es bei der Haba Familygroup nur aufwärtsgegangen, in der Belegschaft herrsche eine hohe Loyalität, ein grundsätzliches Vertrauen, das nun aber erschüttert sei. Teilweise würden ganze Familien seit vielen Jahren bei Haba arbeiten. Diese Menschen sorgten sich um ihre wirtschaftliche Zukunft.

Bei drohenden Entlassungen sei der Coburger Arbeitsmarkt zumindest aufnahmefähig und biete Chancen auf eine neue Stelle. Zudem hatte das Unternehmen in der vergangenen Woche bereits eine Jobbörse veranstaltet und einige Mitarbeiter an regionale Unternehmen vermitteln können.

Nachrichten "ein Schock" für Bad Rodach

Die schlechten Neuigkeiten aus dem Unternehmen seien für die Stadt und viele Menschen natürlich ein Schock gewesen und seitdem Gesprächsthema, erzählt Rainer Möbus (Freie Wähler), der zweite Bürgermeister Bad Rodachs. Die Stadt sei seit mehr als 85 Jahren eng mit dem Unternehmen und der Eigentümerfamilie Habermaass verbunden, so Möbus. Aus der Erfahrung heraus hoffe er, dass mögliche Entlassungen so sozialverträglich wie möglich gestaltet würden.

Bislang sei Bad Rodach von solch "harten Schlägen" verschont geblieben, man werde von Seiten der Stadt und der Politik alles versuchen, das so weit wie möglich abzufedern. Allerdings seien der Stadt teilweise die Hände gebunden, die Probleme müssten zunächst innerhalb des Unternehmens gelöst werden, sagt der zweite Bürgermeister.

Wirtschaftsförderung des Landkreises überrascht

Auch die Wirtschaftsförderung des Landkreises Coburg wurde Mitte Juli von der Nachricht des angekündigten Stellenabbaus überrascht, berichtet deren Leiter Martin Schmitz. Eigentlich hätte Haba Großes vorgehabt – die Pläne für eine neue Produktionsstätte seien demnach bereits sehr weit fortgeschritten.

Wenn es dem größten Arbeitgeber mit rund 2.000 Angestellten nicht gut gehe, gehe es der gesamten Region nicht gut. Man sei nach wie vor Partner des Unternehmens und wolle nach allen Möglichkeiten auch unterstützen. Die Zeit der Wirtschaftsförderung werde dann kommen, wenn wieder Investitionen im Unternehmen auf der Tagesordnung stünden, so Schmitz weiter. Er hoffe, dass die angekündigte Umstrukturierung erfolgreich verlaufe, besonders für das Personal in Bad Rodach.

Eingang mit Unternehmensfahnen und Glasfassade
Bildrechte: BR/Richard Padberg
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Eingang der Haba Familygroup Firmenzentrale

Bekannte Marke Jako-o wird aufgegeben

Die erste schlechte Nachricht kam Anfang August: Da hatte die Haba Familygroup bekannt gegeben, dass man die Marke Jako-o für Baby- und Kindermode aufgebe. Der Grund: langwierige wirtschaftliche Probleme. Zugleich wolle man sich wieder verstärkt dem Kerngeschäft mit Haba und Haba Pro widmen. Generell befinde man sich in der größten Umstrukturierung der Unternehmensgeschichte. Diese Entscheidung führe dann unweigerlich dazu, dass man Stellen abbaue, so Nicole Ehrsam von der IG Metall. Sie befürchtet mit der Aufgabe von Jako-o auch einen Imageverlust, da viele Kunden die Produkte der Marke mit dem Namen Habermaass in Verbindung brächten.

IG Metall: Fehler auf Führungsebene

In einer Mitteilung des Unternehmens waren einige Entscheidungen in der Vergangenheit als "falsch" bezeichnet worden. Es folgten Neubesetzungen in der Führungsebene. Für Nicole Ehrsam von der IG Metall in Coburg ist die momentane Krise auf strategische Fehler in der ehemaligen Führungsebene zurückzuführen. Neben dem Management müsse man vielleicht auch der Gesellschafterversammlung ein Stück weit einen Vorwurf machen. Diese solle und müsse das eingesetzte Management kontrollieren, man habe jedoch zu lange zugeschaut. Man habe bereits im vergangenen Jahr immer mal wieder Hinweise bekommen, dass es nicht ganz rund laufe und etwas nicht ganz stimme, so Ehrsam. Sie komme deshalb zu dem Schluss, dass man von Seiten der Gesellschafterversammlung zu lange zugeschaut habe oder mögliche Missstände nicht wahrhaben wollte.

Hoffnung für die Haba Familygroup

Trotz der momentanen Krise hat Nicole Ehrsam von der IG Metall weiter Hoffnung für das Bad Rodacher Unternehmen. Inzwischen sei eine Unternehmensberatung mit an Bord. Sie hoffe, dass die angekündigte Umstrukturierung mit einem Zukunftskonzept Früchte trage und sich das Unternehmen mit dem Betriebsrat und den Angestellten "an den eigenen Haaren aus dem Sumpf herausziehen kann."

Die Haba Familygroup hat seit Mitte Juli Interviewanfragen von BR24 abgelehnt. Stattdessen hatte das Unternehmen in regelmäßigen Abständen Informationen per Pressemitteilungen verschickt. Für September hat eine Sprecherin weitere Informationen angekündigt - womöglich auch solche zum tatsächlichen Umfang des angekündigten Stellenabbaus.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!