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Immer weniger Arbeitnehmer müssen immer mehr Rentner finanzieren.

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Generationenkonflikt: Wie gerecht ist die Rente?

Alte Menschen kommen mit ihrer Rente kaum über die Runden. Junge Menschen müssen immer mehr in die Rentenkasse einzahlen. Das Generationenkapital soll das System richten - doch das wird nicht reichen.

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Nur gut drei Prozent der Frauen in Deutschland bekommen eine Rente von mehr als 1.800 Euro. Bei den Männern sieht es etwas besser aus: Immerhin 22 Prozent haben eine höhere Rente. Brigitte Bürk ist seit sechs Jahren im Ruhestand. Zuvor hat die 68-Jährige in Vollzeit als medizinisch-technische Assistentin gearbeitet und 42 Jahre lang in die Rentenkasse einbezahlt. Ihr letzter Bruttolohn betrug rund 5.000 Euro.

Jetzt erhält sie eine Rente vor Steuern in Höhe von 1.800 Euro. Damit ist sie als Frau vergleichsweise gut versorgt. Mit ihren Einkünften kommt Brigitte Bürk im teuren München aber trotzdem kaum über die Runden. Sie sei keine arme Rentnerin, aber sie müsse sparen, wo es geht: "Ich kann vieles einfach nicht mehr machen. Also Klamotten habe ich jetzt seit zwei Jahren fast gar nichts mehr gekauft. Ich stricke meine Sachen selber oder nähe sie selber. Wenn ich ausgehe, dann schaue ich, dass ich ein ganz billiges Essen nehme."

Rentenerhöhung kostet Milliarden, kommt aber nicht an

Was sie entlastet: sie hat jetzt eine Wohnung, für die sie knapp 600 Euro Miete monatlich zahlt, statt wie zuvor gut 900 Euro. Nur dank des Sozialprojekts für "Frauen im Alter" kann sie es sich leisten, weiter in München zu leben. Bleibt die Frage, wie lange noch? Zwar werden die Renten ab Juli deutlich steigen, weil die Entwicklung der Renten an die der Löhne gekoppelt ist. Doch bei Brigitte Bürk und ihren Mitbewohnerinnen im Wohnprojekt kommt vom Rentenplus von 4,57 Prozent nicht viel an: "Wir hatten ja auch letztes Jahr schon eine Rentenerhöhung, auch eine relativ gute. Und dann kommt sofort Krankenkasse mit erhöhten Beiträgen." Von der Erhöhung bleibe ihr weniger als die Hälfte übrig.

Dabei kostet die Rentenerhöhung rund 18 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr. Und die Kosten werden weiter steigen: Brigitte Bürk gehört zur sogenannten Baby-Boomer-Generation. Von ihr gehen in den nächsten Jahren noch Millionen Menschen in Rente. Wer soll das bezahlen?

Weniger Arbeitnehmer müssen mehr Rentner finanzieren

Für den 32-jährigen Felix Schulz ist die eigene Rente noch in weiter Ferne. Doch das Thema betrifft den Küchenplaner schon jetzt. Denn immer weniger Arbeitnehmer müssen immer mehr Rentner finanzieren. Kamen in den 60er Jahren noch sechs Arbeitnehmer auf einen Rentner, sind es inzwischen nur noch knapp zwei. Künftig könnten Felix und seine Altersgenossen sogar jeweils allein für die Finanzierung eines Rentners zuständig sein.

Als Küchenplaner hat Felix Schulz in den letzten fünf Jahren im Schnitt rund 4.500 Euro brutto im Monat verdient. Er und sein Arbeitgeber zahlen jeweils zur Hälfte etwa 840 Euro monatlich in die Rentenversicherung ein. Wenn er künftig im Durchschnitt genauso hohe Beiträge leisten wird wie bisher, dann kann er mit einer Rente von knapp 1900 Euro rechnen.

Junge Generation wird stärker belastet

Mit dem Rentenpaket 2 will die Bundesregierung das Rentenniveau bis 2040 wie bisher bei 48 Prozent des Durchschnittslohns halten. Das wird zusätzliche Kosten von knapp 300 Milliarden Euro verursachen. Bis 2035 sollen die Rentenbeiträge bei 22,3 Prozent liegen, fast 4 Prozentpunkte höher als jetzt.

Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung kritisiert das als ungerecht. Es werde vor allem eine Umverteilung von jung zu alt stattfinden. Denn die Beiträge werden stark steigen müssen, was die junge Generation in der Zukunft deutlich stärker belasten werde.

Fratzscher: Generationenkapital wirft kaum Rendite ab

Abgefedert werden soll die Beitragserhöhung durch das sogenannte Generationenkapital. Die Idee dahinter: Der Staat leiht sich günstig Geld und investiert es in Aktien. Die Erträge sollen der Rentenkasse zugutekommen.

Der Ökonom Marcel Fratzscher hält das Generationenkapital der Rentenreform allerdings für überflüssig und kontraproduktiv. 200 Milliarden Euro sollen über die kommenden Jahre in einen Topf eingezahlt und in Aktien investiert werden, um Mitte der 30er Jahre einen kleinen Beitrag zur gesetzlichen Rente leisten zu können: "Aber das, was dort als Rendite dabei rumkommt, ist so gering, dass das keinen nennenswerten Unterschied machen wird für die gesetzliche Rente."

Mehr Beitragszahler und private Vorsorge unverzichtbar

Stattdessen müssten Experten zufolge viel mehr Menschen in gut bezahlte Vollzeitstellen gebracht werden, um die Zahl der Beitragszahler zu erhöhen. Und die Lebensarbeitszeit sollte je nach beruflich bedingter körperlicher Belastung flexibler gestaltet werden. Aber auch dann wird eine private Vorsorge unverzichtbar sein.

Felix will von nun an einen gewissen Betrag zur Seite legen, um sich in einigen Jahren eine Eigentumswohnung leisten zu können. Brigitte Bürk hat inzwischen einen Putzjob angenommen und bessert so ihre Rente um 200 Euro monatlich auf. Sie wünscht sich, dass ihre Gesundheit das noch lange mitmacht, damit sie sich auch künftig nicht zu sehr einschränken muss.

Im Video: TV-Magazin "mehr/wert" zum Thema Rente

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