Nagelneu und bezugsfertig - so müssten laut einer Studie viel mehr Wohnungen in Bayern bereitstehen. Hier im Prinz-Eugen-Park in München.
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Nagelneu und bezugsfertig - so müssten laut einer Studie viel mehr Wohnungen in Bayern bereitstehen. Hier im Prinz-Eugen-Park in München.

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Fast 200.000 Sozialwohnungen fehlen laut Studie in Bayern

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Deutschland wird immer dramatischer. Mittlerweile muss der Staat immer mehr Geld für die Unterbringung sozial Bedürftiger zuschießen. Besonders deutlich wirkt sich das in der Landeshauptstadt München aus.

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft am .

Bundesweit hat sich die Zahl der verfügbaren Sozialwohnungen in den vergangenen 15 Jahren von rund zwei Millionen auf eine Million halbiert. Somit fehlen 910.000 Sozialwohnungen. Allein in Bayern mangelt es an 195.000 Wohnungen für sozial Bedürftige. Das geht aus einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts hervor.

Bundesweit und auch in Bayern dramatischer Rückgang

Deshalb schlägt das "Bündnis Soziales Wohnen" nun Alarm. Die Vereinigung des Deutschen Mieterbunds, der "Industriegewerkschaft Bauen- Agrar-Umwelt" (IG Bau), der Caritas und einiger anderer Bündnispartner wirft Bund und Ländern Missmanagement vor. Der Staat, so die Kritik, habe die Förderung von Sozialwohnungen massiv vernachlässigt.

Weil die Mieten stetig steigen, sind die Staatskassen mit immer höheren Zuschusskosten konfrontiert. Besonders deutlich zeige sich das in München, so die Studie. In der Landeshauptstadt lag die von den Job-Centern gezahlte Miete für sozial Bedürftige bei 19,20 Euro pro Quadratmeter und damit um 50 Prozent über der Münchner Durchschnittsmiete.

Davon profitieren wiederum die Vermieter. Denn vor allem in angespannten Wohnungsmärkten, wo es an bezahlbaren Alternativen mangelt, würde zumindest ein Teil der Vermieter die Spielräume ausnutzen. Dadurch wiederum dreht sich die Preisspirale immer weiter nach oben. Das müsse durch ein besseres Mietrecht effektiv begrenzt werden, so das "Bündnis Soziales Wohnen".

Sozialausgaben steigen stark

Aber nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland sind die Kosten für Wohngeld und Zuschüsse für die Unterkunft geradezu explodiert. Dem Staat entstehen so Mehrkosten von 700 Millionen Euro. Insgesamt hat der Staat nach Angaben von Pestel-Studienleiter Matthias Günther mehr als 20 Milliarden Euro an Sozialausgaben für die Unterbringung sozial bedürftiger Menschen ausgegeben.

Dagegen lagen die Ausgaben von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau in letzter Zeit bei unter 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Ein eklatantes Missverhältnis. "Den Sozialwohnungsbau auf ein Minimum reduzieren bedeutet: Sozialausgaben provozieren", so Matthias Günther.

Bündnis fordert sofortige Förderung sozialer Wohnungen

Das "Bündnis soziales Wohnen" fordert die Bundesregierung auf, den Mehrwertsteuer-Satz für den Neubau von Sozialwohnungen von 19 auf sieben Prozent zu reduzieren. Und: Sofort 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau in einem Sonderfonds zur Verfügung zu stellen, im Grundgesetz abgesichert und unabhängig von der Schuldenbremse.

Denn es gehe um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, abgekoppelt von Legislaturperioden. Ähnlich wie im Verteidigungshaushalt und bei der nationalen Sicherheit gehe es hier um den "sozialen Wohnfrieden", der wieder hergestellt werden müsse. Die Mittel, die eigentlich bis 2027 eingeplant sind, sollten sofort eingesetzt werden, denn jetzt liege der Wohnungsbau am Boden und brauche dringend Anschub-Finanzierungen.

Staat erhöht finanzielle Mittel

Die Bauminister von Bund und Ländern haben in der vergangenen Woche die Mittel für den sozialen Wohnungsbau und "Junges Wohnen" von 2,5 Milliarden auf 3,15 Milliarden Euro für das Jahr 2024 erhöht. Bundesbauministerin Klara Geywitz sprach von einem deutlichen Signal für die Bauwirtschaft. Aber um wirklich etwas zu erreichen, müsse der Staat viel mehr investieren, mahnt das "Bündnis soziales Wohnen". Das Ziel müssten 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr sein, viermal so viel wie zum Beispiel im Vorjahr.

Außerdem müssten, so die Experten, Subventionen dort eingesetzt werden, wo der Mangel besonders hoch ist. Am dringendsten sei der Bedarf in Baden-Württemberg, wo 206.000 Sozialwohnungen fehlen, in Bayern (195.000 Wohnungen) oder Berlin (131.000 Wohnungen). "Treffsicherheit statt Gießkanne" laute das helfende Prinzip.

Quote für Senioren und Menschen mit Behinderung

Darüber hinaus wird eine feste Quote bei der Vergabe von Sozialwohnungen gefordert. In den Kommunen sollte es Härtefall-Kommissionen geben, die insbesondere Menschen mit Behinderung eine Chance geben. Auch für Senioren würden zunehmend bezahlbare Wohnungen benötigt. Der Anteil an behindertengerechten und barrierefreien Wohnungen müsse dringend ausgebaut werden.

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