E-Bikes in einem Fahrradgeschäft.
Bildrechte: BR/Meike Föckersperger

Die Läger vieler Fahrradhändler sind noch gut gefüllt mit Modellen aus dem vergangenen Jahr. Für Käufer bedeutet das: Hohe Rabatte locken.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Gedämpfte Erwartungen: Fahrrad-Rabatte außerhalb der Saison

2024 könnte für die Fahrrad-Branche erneut schwierig werden. Viele Händler haben 2023 weniger Räder verkauft und bieten zurzeit teils hohe Rabatte an. Denn die Saison beginnt für die meisten Radfahrer erst im Februar und endet dann wieder im Oktober.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wo heute Autos fahren, könnte morgen ein Radweg sein. Sogenannte Pop-up-Radwege, die quasi über Nacht auf innerstädtischen Fahrstreifen geschaffen werden, sind zum Symbol der grünen Verkehrswende geworden, zum Beispiel in Berlin. Doch die Haushaltskrise hat auch hier Spuren hinterlassen, Fördermittel wurden gekürzt.

Verkehrswende beim Fahrrad ins Stocken geraten

Nicht nur verkehrspolitisch sieht es fürs Fahrrad nicht mehr so rosig aus. So fehlt wegen staatlicher Sparhaushalte unter anderem die staatliche BAFA-Kaufprämie des Bundes für gewerblich genutzte E-Lastenräder. Viele Kommunen geben sich aus Spargründen mit dem bisherigen Ausbau ihres Radwege-Netzes erstmal zufrieden. Und die privaten Fahrrad-Kunden sind seit Beginn des Ukraine-Kriegs vor mehr als anderthalb Jahren nicht mehr richtig in Kaufstimmung. Zuvor gab es eine Lieferkrise mit langen Wartezeiten wegen Corona. Dann verdarb die hohe Inflation den Konsumenten die Lust am Radl-Kauf.

Unverkaufte Fahrräder bringen Hersteller und Händler in Schwierigkeiten

Jetzt sind die Lager so voll, dass der Branchenverband ZIV das Modelljahr 2024 zum Teil schon infrage stellt. Solange ältere Modelle nicht verkauft würden, mache eine Neuauflage wenig Sinn, so der Verband. Die Preise könnten sonst in Bodenlose fallen. Wer auf Neuigkeiten von den Herstellern wartet, wird sich diesmal länger gedulden müssen, von der zweiten Jahreshälfte ist häufig schon die Rede.

Bis zu 30 Prozent Rabatt waren im letzten Jahr bereits möglich, zum Teil sogar auf die damals noch aktuellen Modelle von 2023. Viele Fahrrad-Freunde hoffen auf weitere Schnäppchen - und das nicht nur im Internet. Jetzt könnte es für Händler eng werden, heißt es in Branchenkreisen, wenn ihre Altbestände zu hoch sind und sie zu viel Kapital damit gebunden haben: Mit Fahrrädern, die sich nur noch mit hohen Preisnachlässen verkaufen lassen.

Noch günstiger kann der Einstieg bei Gebrauchträdern sein

Auf der anderen Seite macht es das auch für private Verkäufer schwierig, wenn die Neupreise so weiter herunterkommen, dass sich ein gebrauchtes Fahrrad häufig nicht mehr lohnt. Die Kosten für Ersatzteile und Reparaturen sind oft so hoch, dass ein gebrauchtes, das bald in die Werkstatt muss, am Ende sogar teurer sein könnte als ein neues Rad. Und Selbermachen ist zum Beispiel bei den weit verbreiteten hydraulischen Scheibenbremsen nicht mehr so einfach.

Auf der anderen Seite können gebrauchte E-Bikes, die kaum gefahren wurden, nach einigen Jahren immer noch so gut wie neuwertig sein. So ein Akku verträgt in der Regel einige Ladezyklen, die sich mithilfe von elektronischen Diagnose-Geräten anhand gespeicherter Motordaten leicht ermitteln lassen. Dort führt der Bordcomputer auch Buch über geleistete Kilometer und die Intensität der Nutzung.

Gravel Bikes und leichte Lastenfahrräder – was fällt der Branche als nächstes ein?

Einige Trends scheinen im Fahrradhandel aber immer noch intakt zu sein: So schreitet die Elektrifizierung immer weiter voran. Etwa die Hälfte aller neuen Verkäufe sind inzwischen E-Bikes, von denen es hochwertige ab etwa 2.000 Euro zu kaufen gibt. Bei den noch teureren Lastenrädern gibt es eine neue Nachfrage nach leichteren und kompakteren Modellen, bei denen die Ladefläche zum Beispiel platzsparend aufgeklappt wird.

Bei den sogenannten Gravel Bikes hat sich die Nachfrage inzwischen etwas gelegt. Bei ihnen handelt es sich um eine Mischung von Mountainbike und Rennrad, das auch eine Fahrt auf einem Feldweg oder Forstweg aushalten soll, wo sich Kies und Schotter (Englisch "Gravel") befinden. So sind viele Besitzer eines Trekking Rads inzwischen auf ein Gravel Bike umgestiegen, das auch in seiner sportlicheren Variante immer noch bequemer ist als ein klassisches Rennrad mit seiner extremeren Sitzposition.

Schwierige Prognosen für das Fahrrad-Jahr 2024

Im Corona-Jahr 2020 wurden zum ersten und letzten Mal fünf Millionen neue Fahrräder in Deutschland verkauft. Der Umsatz schnellte aufgrund der Pandemie um fast ein Drittel nach oben, weil viele aus Angst vor Ansteckung von öffentlichen Verkehrsmitteln in der Stadt aufs Fahrrad umstiegen.

Immerhin konnte dieses hohe Umsatz-Niveau auch in 2021 und 2023 annähernd gehalten werden, aber das steile Wachstum ist vorbei. Seit dem Corona-Boom stagniert insgesamt der Absatz, was die Stückzahlen angeht, mit mehr hochwertigen E-Bikes, aber auch mit höheren Preisabschlägen. Ob es angesichts des aktuellen Preiskampfes in der Branche zu einer Konzentration auf weniger und größere Händler kommt, ist offen.

Vielfalt an Fahrrad-Läden und Marken bedroht?

Bis auf wenige Internetversender und bundesweite Händler ist die Szene sehr kleinteilig und vielfältig, mit unterschiedlichsten Angeboten. Der Markt ist fast schon atomisiert und besteht im Wesentlichen aus Tausenden von kleinen bis kleinsten Einzelkämpfern, wobei ein Händler samt Werkstatt oft nur ein bis zwei Mitarbeitende hat.

Ob sich daran und an der Vielfalt von Marken und Herstellern etwas ändern wird, erscheint fraglich. Viele Fahrradkunden legen Wert auf eine individuelle Auswahl und wollen ihr ganz persönliches Radl haben, das dann vom Händler ihres Vertrauens auch richtig auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten wird.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!