Die Zapfpistole für Super-Kraftstoff steckt in einer Tankstelle im Tank eines Autos (Archivbild)
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Die Zapfpistole für Super-Kraftstoff steckt in einer Tankstelle im Tank eines Autos (Archivbild)

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CO₂-Preis steigt: Wann kommt das Klimageld als Ausgleich?

Das Klimageld soll den steigenden CO₂-Preis ausgleichen. Das Ziel: einerseits mehr Klimaschutz, andererseits niemanden überfordern. Die Ampel ringt um die Finanzierung, Wissenschaftler machen Druck. Wann könnte das Klimageld ausgezahlt werden?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Schon seit drei Jahren wird eine Abgabe auf fossile Brennstoffe wie Gas, Benzin und Öl fällig. Der sogenannte CO₂-Preis wird erhoben, um den Verbrauch dieser Brennstoffe und damit klimaschädliches Verhalten zu belasten. Dieser Preis wird in den nächsten Jahren steigen, das ist schon lange so entschieden und auf europäischer Ebene vereinbart. Dadurch soll der Anreiz steigen, auf klimafreundliche Produkte und Produktionen umzusteigen.

Einnahmen aus CO₂-Preis sollen an Bürger zurückfließen

Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Koalition beschlossen, einen "sozialen Kompensationsmechanismus" zu schaffen, um den Anstieg des CO₂-Preises finanziell auszugleichen. Gemeint ist, die Einnahmen aus dem CO₂-Preis sollen in Form eines Klimageldes an die Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden. Doch bisher gibt es kein Klimageld.

Die Rufe danach werden aber immer lauter. Der Grund ist die kürzlich getroffene Entscheidung der Bundesregierung, den CO₂-Preis ab Januar stärker zu erhöhen als zuletzt wegen der Energiekrise geplant. So steigt der CO₂-Preis von derzeit 30 auf 45 Euro je Tonne. Benzin, Diesel und andere fossile Brennstoffe werden dadurch teurer.

Expertin: "Zahlung pro Kopf ist der transparenteste Mechanismus"

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm erinnert an den Kerngedanken des Klimagelds: Wird der CO₂-Preis erhöht, bekommen die Menschen die steigenden Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung als Ausgleich zurückgezahlt. Das wäre spätestens jetzt der Fall.

"Die Zahlung des Klimagelds pro Kopf ist der transparenteste Mechanismus", sagt Grimm von der Universität Erlangen-Nürnberg im BR24-Interview. Das sei auch sozial ausgewogen, erklärt sie. Denn: Leute mit kleinen Einkommen haben meist einen geringeren CO₂-Fußabdruck, weil sie sich zum Beispiel nicht so viele Flugreisen leisten und damit das Klima weniger schädigen als wohlhabende Menschen.

CO₂-Preis soll keine neue Einnahmequelle für den Staat sein

Grimm, die als Wirtschaftsweise die Bundesregierung berät, betont die Wichtigkeit der CO₂-Bepreisung: Ohne dieses Instrument sei nicht absehbar, wie man die klimaschädlichen Emissionen reduziert bekommt, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Allerdings: "Es ist wichtig, dass die Menschen verstehen, dass das keine zusätzliche Einnahme für den Staat ist, sondern der Staat zahlt uns das zurück. Die Anreizwirkung bleibt erhalten." Clever sei demnach, wer CO₂ einspare, dadurch weniger finanziell belastet werde, aber von den steigenden Einnahmen des CO₂-Preises profitiere.

Bürger sollen möglichst viele Einnahmen zurückbekommen

Unterstützung bekommt Grimm von Matthias Kalkuhl, Professor für Klimawandel, Entwicklung und Wirtschaftswachstum an der Universität Potsdam. Wie gerecht das Klimageld sei, hänge von der Ausgestaltung ab. "Grundsätzlich sollten möglichst viele Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung zurückerstattet werden", fordert der Wissenschaftler gegenüber BR24. Von einer Pro-Kopf-Zahlung würden vor allem ärmere Haushalte profitieren, erklärt er ähnlich wie Grimm. Möglich wäre aber auch, die Auszahlung je nach Region, in der man lebt, oder je nach Klimazustand des Gebäudes, in dem man wohnt, unterschiedlich zu gestalten.

In jedem Fall sollte das Klimageld schnellstmöglich kommen, betont Kalkuhl: "Wenn die CO₂-Bepreisung nur als Instrument wahrgenommen wird, die Bürgerinnen und Bürger zu schröpfen und um Geld in die Staatskasse zu spülen", leide die Akzeptanz für den Klimaschutz. Mithilfe des Klimagelds soll Klimaschutz kostengünstig werden.

Debatte um Klimageld in der Ampel-Koalition

Doch genau dieser Eindruck entsteht bei vielen Menschen in diesen Tagen. Denn die Entscheidung, die CO₂-Preise zu erhöhen, begründen viele Koalitionspolitiker nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts damit, Milliardenlöcher im Haushalt stopfen zu müssen.

In der Ampel-Koalition ist über das geplante Klimageld auch schon eine Debatte entbrannt. Vor allem Grünen- und SPD-Politiker fordern dessen schnelle Einführung. SPD-Parteichef Lars Klingbeil sagt: "Der Mechanismus, um das auszuzahlen, ist wahnsinnig komplex, das weiß ich. Aber ich erwarte trotzdem, dass das Finanzministerium jetzt intensiv an der Umsetzung arbeitet."

Grüne: Klimageld muss 2024 kommen

Die Grünen-Politikerin und Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt fordert: "Die Koalition hat das Klimageld fest vereinbart. Das muss 2024 kommen."

Der grüne Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck scheint es dagegen nicht so eilig zu haben. Die Menschen würden schon finanziell entlastet werden, so Habeck im Handelsblatt: "Wir übernehmen als Staat die EEG-Umlage und entlasten die Bürger mit mehr als zehn Milliarden Euro beim Strompreis. Fast alle Einnahmen aus dem CO₂-Preis fließen also an die Menschen zurück. Das ist faktisch ein Klimageld über den Strompreis."

Wissenschaftler teilen Habecks Argumentation nicht

Doch dieser Argumentation folgen viele Wissenschaftler nicht. Auch wenn es gut und richtig sei, dass die Stromsteuer sinke und die EEG-Umlage vom Staat übernommen werde, müssten die Einnahmen aus dem CO₂-Preis fair und direkt an die Menschen zurückfließen, sagt Wirtschaftsexpertin Grimm.

Kalkuhl ergänzt: Insbesondere der bisherige Ansatz, "wir nehmen die CO₂-Preis-Einnahmen und finanzieren daraus vor allem Förderprogramme, ist nicht zukunftsfähig, weil die CO₂-Preise weiter steigen werden und wir Entlastung brauchen". Notwendige Förderprogramme zum Beispiel für mehr Klimaschutz sollten separat aus dem Haushalt finanziert werden.

FDP: Klimageld kommt, aber erst 2025

Das Bundesfinanzministerium verweist darauf, an einem Auszahlmechanismus für das Klimageld zu arbeiten. Noch fehlten aber alle Daten der Bürgerinnen und Bürger, um Aus- und Rückzahlungen tätigen zu können.

Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage könnte man jedoch den Eindruck gewinnen, dass es für Finanzminister Christian Lindner von der FDP gar nicht so schnell mit dem Klimageld gehen muss. Dem widerspricht Karsten Klein, FDP-Parteikollege und Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestags. Im BR24-Interview sagt er: "Ich persönlich bin der Meinung, das Klimageld muss noch in dieser Legislaturperiode, also 2025, eingeführt werden."

Ringen um Finanzierung in der Ampel-Koalition

Völlig unklar bleibt bisher, wie die Bundesregierung das Klimageld finanzieren will. Eigentlich wäre es ganz einfach: Die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung werden an die Bürger ausgezahlt. Nur sind diese Einnahmen schon anders verplant, eben um Milliardenlöcher im Haushalt zu stopfen.

Der Aschaffenburger FDP-Politiker Klein schlägt vor, bei internationalen Klimaschutzprojekten zu sparen. Das wäre eine Position, die zur Gegenfinanzierung sehr gut geeignet sei, meint Klein. Die Grünen sehen das anders. Jamila Schäfer, Bundestagsabgeordnete aus München, denkt zum Beispiel daran, die Schuldenbremse so zu ändern, dass Investitionen in den Klimaschutz nicht unter die Schuldenregel fallen. Ihre Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt macht sich dafür stark, Vermögen der "Extremreichen" zur Finanzierung heranzuziehen. Die verschiedenen Vorschläge zeigen, dass in dieser Frage eine Einigung in der Koalition noch lange dauern dürfte.

Ob die Bürgerinnen und Bürger noch so viel Geduld haben, ist fraglich. Die Opposition wird mit Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen im Jahr 2024 versuchen, die Regierung beim Thema Klimageld vor sich herzutreiben.

Dieser Artikel ist erstmals am 31.12.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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