Symbolbild: Geräte auf einem Bau
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Symbolbild: Geräte auf einem Bau

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Bauflaute bereitet Handwerkern in Bayern Sorgen

Die Stimmung im Handwerk ist angespannt. Angesichts der hohen Inflation überlegen sich die Verbraucher zweimal, ob sie sich einen Handwerker leisten oder nicht. Im Baugewerbe sind die Aufträge im ersten Halbjahr um zwölf Prozent eingebrochen.

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Ob Einbauschränke, Küchen, Wände oder Böden, Innenausbau ist das Geschäft der Schreinerei Daxenberger in Seeon in der Nähe des Chiemsees. Die Maschinen laufen, die Auftragsbücher sind gefüllt. Aber nur, weil man viele Kunden im hochpreisigen Segment habe, meint Geschäftsführer Bernhard Daxenberger. Aus der Mittelschicht würden die Aufträge hingegen ausbleiben. Die würde extrem sparen und die Leute nicht mehr zum Schreiner gehen, so Daxenberger, der auch Präsident des Bayerischen Schreinerhandwerks ist. Viele Kollegen hätten noch Aufträge zum Abarbeiten, aber wenige neue Anfragen. In Zeiten hoher Inflation sind die Kunden besonders sparsam und das spürt das gesamte Handwerk.

Baubranche bereit Handwerk große Sorgen

Zwar berichten rund 85 Prozent der Betriebe im Freistaat von guten oder befriedigenden Geschäften, doch die saisonale Belebung im Frühjahr ist ausgefallen, fast jeder dritte Betrieb hatte weniger Aufträge als im Vorjahr. Große Sorge bereitet das Baugewerbe. Die Betriebe verzeichnen im ersten Halbjahr ein Minus von zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die steigenden Kosten und die hohen Bauzinsen führen dazu, dass sich immer weniger Verbraucher die eigenen vier Wände leisten können.

Bauflaute trifft viele Handwerksbereiche

Und wenn weniger gebaut wird, treffe das viele Handwerksbereiche, sagt der Präsident des Bayerischen Handwerkstages, Franz Xaver Peteranderl. Etwa Bodenleger, Parkettleger oder Steinmetze, die Natursteinböden verlegen. Oder zum Beispiel das Raumausstatter-Handwerk, wo neue Wohnungen ausgebaut werden oder das Malerhandwerk - überall dort breche ein Segment weg, das vielleicht der Hauptumsatzbringer für das Unternehmen war, so Peteranderl.

Dabei muss man sagen, dass die Baubranche in den vergangenen Jahren geboomt hatte. Die Aufträge sind zwar extrem zurückgegangen, allerdings sind die Betriebe immer noch für gut zwölf Wochen ausgelastet, vorher waren es 16, im Ausbauhandwerk sind die Auftragsbücher auch sogar noch für 12,7 Wochen gefüllt.

Handwerk baut wohl drittes Jahr in Folge Stellen ab

Dennoch sieht Franz Xaver Peteranderl den heftigen Einbruch im Wohnungsbau mit großer Sorge. Noch sei nicht klar, wie stark der Rücksetzer ausfallen werde und ob weiteres Personal abgebaut werden müsse. Aktuell sind gut 940.000 Menschen im Bayerischen Handwerk beschäftigt, dieses Jahr werde die Zahl der Beschäftigten wohl das dritte Jahr in Folge sinken, schätzt der Bayerische Handwerkstag. Um den Wohnungsbau anzukurbeln, solle der Bund energetische Neubauten besser fördern. Außerdem brauche es steuerpolitische Anreize, wie das Senken oder Aussetzen der Grunderwerbssteuer oder eine geringere Mehrwertsteuer auf Bauleistungen, so die Forderung.

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Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Schreinerei Daxenberger in Seeon.

Kosten sparen dank eigener Photovoltaik-Anlage

In turbulenten Zeiten ist es wichtig, Kosten zu sparen, vor allem bei der Energie, die sich seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres stark verteuert hat. Eine Entwicklung, die Bernhard Daxenberger einigermaßen entspannt verfolgen kann. Denn den Großteil des Stromes für seine Schreinerei liefert die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Unternehmens. Diese helfe, Geld zu sparen und gebe Sicherheit, so Daxenberger. Außerdem denke man dabei natürlich auch an die Umwelt. Mit dem selbst erzeugten Strom versorgt er auch die firmeneigene E-Auto-Flotte mit Strom. Mittlerweile betreibt man auch eine öffentliche Ladetankstelle. Was zudem dabei hilft, Energie zu sparen, ist die Hackschnitzelheizung, in der Holzreste aus der Produktion verfeuert werden.

Handwerker werden teurer – aber nicht mehr so stark

Wer spart, kann oftmals die eigenen Preise stabil halten. Für die Verbraucher zeichnet sich hier langsam eine Entspannung ab. Hatten vor einem Jahr noch knapp 60 Prozent der bayerischen Handwerksbetriebe ihre Preise erhöht, waren es im letzten Quartal nur noch 30 Prozent. Wegen der höheren Preise konnte das bayerische Handwerk im ersten Halbjahr seinen Umsatz zwar um gut zehn Prozent steigern, unter dem Strich, also nach Abzug der Preissteigerungen, blieb allerdings ein leichtes Minus von 0,7 Prozent. Für das Gesamtjahr rechnet das Handwerk mit einem Umsatzplus von sieben Prozent, da sich die Inflation jedoch nur langsam abschwächt, bleibt unter dem Strich wohl ein Minus von einem Prozent.

Handwerk fordert Unterstützung von der Politik

Dramatisch ist die Lage zwar nicht, aber alles andere als rosig. Mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst fordert der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl deshalb von der Politik Unterstützung. So solle die Berufsorientierung an den Schulen weiter ausgebaut und die Bildungszentren sachgerecht gefördert werden. Digitalisierung im Handwerk müsse unterstützt und Bürokratie abgebaut werden. Und Schreiner Bernhard Daxenberger will, dass sich das Arbeiten wieder rentiert. Wer arbeite, solle Geld verdienen, wer mehr arbeite, solle mehr verdienen und es müsse netto mehr im Geldbeutel der Mitarbeiter bleiben.

Positive Entwicklung bei Zahl der Ausbildungsverträge

Zumindest beim Thema Ausbildung zeichnet sich eine positive Entwicklung ab. So konnten die bayerischen Handwerker bis Ende Juli 15.200 neue Lehrverträge abschließen, das ist ein Plus von 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Lobende Wort findet der Geschäftsführer des Bayerischen Handwerkstages, Frank Hüpers, für den Tag des Handwerks, den die bayerischen Schulen seit dem vergangenen Schuljahr zur Berufsorientierung einführen mussten. Hier seien viele neue Kontakte zu Gymnasien entstanden. Auch im kommenden Schuljahr werde man vom Tag des Handwerks profitieren.

Die Suche nach den Fachkräften von morgen

Wichtig sei es aber auch, seine Firma herzuzeigen und den Leuten zu sagen, was man mache, sagt Schreiner Bernhard Daxenberger. Er öffnet seine Schreinerei im November an zwei Tagen zum Tag der offenen Tür. Weil man kontinuierlich werbe, könne man seine Ausbildungsplätze besetzen, derzeit wird jede fünfte Stelle in dem Betrieb mit 100 Mitarbeitern von Azubis besetzt. Denn das Kapital der Firma seien die jungen Leute, so Daxenberger.

Im Video: Das Handwerk unter Kosten-Druck

Die Zeiten sind nicht leicht für das Handwerk:  Wenn die Kundschaft spart, müssen die Betriebe Kosten reduzieren
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Die Zeiten sind nicht leicht für das Handwerk: Wenn die Kundschaft spart, müssen die Betriebe Kosten reduzieren

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