Thomas Müller und Daniel Baier
Bildrechte: picture-alliance/dpa

Thomas Müller und Daniel Baier

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Vereinstreue im Profi-Fußball: Ein rares Gut

Das Fußballgeschäft wird immer schnelllebiger. Spieler wie Thomas Müller oder Daniel Baier, die einen Großteil ihrer Karriere bei einem Verein verbringen, sind absolute Ausnahmen. Dabei zahlt sich Loyalität aus - für Vereine wie auch für Spieler.

Über dieses Thema berichtet: Blickpunkt Sport am .

Am Samstag wird Daniel Baier ein letztes Mal über den Rasen der Augsburger Arena laufen. Der 39-Jährige bekommt sein Abschiedsspiel. Der Dank für die zwölf Saisons, die Baier das Trikot des FC Augsburg trug. Drei Jahre liegt sein Karriereende nun zurück. Er erlebte die erfolgreichsten Zeiten des Vereins und war maßgeblich an ihnen beteiligt. Wegen der Corona-Pandemie findet das Abschiedsspiel erst jetzt statt.

Transferphase der bayerischen Vereine: 248 Zu- und Abgänge

Zwölf Jahre bei einem Verein, solche Karrieren werden im Profifußball immer seltener. Das Fußballgeschäft ist schnelllebiger geworden. Das zeigt auch ein Blick auf die aktuelle Transferperiode der bayerischen Vereine. Mit 17 Zu- und Abgängen ist die SpVgg Unterhaching einsames Schlusslicht in der "Bayerischen Transfertabelle".

Greuther Fürth (24), der FC Ingolstadt und der FC Bayern (beide 28) liegen noch unterhalb der 30er-Marke. Der 1. FC Nürnberg (31), TSV 1860 München (36) und FC Augsburg (39) liegen darüber, doch sie kommen nicht ansatzweise an den SSV Jahn Regensburg heran, der fast die gesamte Mannschaft ausgetauscht hat: 21 Zugänge, 24 Abgänge. Der dienstälteste Spieler heißt Benedikt Saller, kickt nun seine siebte Saison in Regensburg und ist damit unumstrittener Führungsspieler.

Baier: "Spieler zu schnell unzufrieden"

Das zeigt, wie wichtig es ist, Spieler auch langfristig an den Verein zu binden. Nicht umsonst ist es in Spaniens Profifußball ein verbreiteter Brauch, dass der Kapitän nicht gewählt wird, sondern die Kapitänsbinde um dem Arm des Spielers hängt, der am längsten im Team ist. Deshalb heißt der Kapitän von Real Madrid Nacho Fernandez und der der spanischen Nationalmannschaft Alvaro Morata. Denn je länger man im Verein ist, desto besser versteht man die Werte und Gepflogenheiten im Klub - neben der sportlichen Qualität ein nicht zu unterschätzender Faktor.

So ist es kein Wunder, dass Baier stets eine wichtige Rolle beim FC Augsburg einnahm. "Einer meiner wichtigsten Spieler", nannte ihn Markus Weinzierl, seinen "verlängerten Arm", Manuel Baum, "eine tolle Persönlichkeit", Stefan Reuter.

Warum Spieler heutzutage immer häufiger den Verein wechseln, das fragt sich auch der 39-Jährige. "Viele Spieler sind wahrscheinlich mit ihrer Situation zu schnell unzufrieden und haben nicht die Geduld, sich durchzusetzen, wenn es nicht läuft. Ich hatte in der zweiten Liga auch beim FC Augsburg Zeiten, in denen ich hinten dran war und weniger gespielt habe. Ich habe mich trotzdem durchgebissen und den Erfolg mit der Mannschaft gefeiert", erklärte Baier in "Blickpunkt Sport".

Thomas Müller - die personifizierte Vereinstreue

Doch nicht nur die Spieler haben sich verändert. Auch das Geschäft an sich macht es Fußballern schwieriger, sich für immer an einen Klub zu binden. Zum einen zeigen Vereine Saison für Saison eine immer kürzere Zündschnur, trennen sich in Schwächephasen von verdienten Akteuren: Die Diskussionen um Leon Goretzka, der nicht verlängerte Vertrag von Rafal Gikiewicz - Beispiele dafür findet man fast überall. Das Erstarken von externen Einflüssen tut sein Übriges: "Spieler bekommen von ihren Beratern immer neue, lukrativere Angebote. So werden die Jungs verrückt gemacht", erklärt Baier.

Doch: "Es gibt auch Ausnahmen, gerade wenn ich nach München schaue." Dort ist Thomas Müller so etwas wie der Prototyp des vereinstreuen Spielers. Vor mehr als 23 Jahren kam er zum FC Bayern München. Er durchlief alle Jugendabteilungen und trug seit seinem Profidebüt 2009 nur das rot-weiße Trikot.

Generell schaffen es die Münchner, ihre wichtigsten Spieler lange zu binden. Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm in der Vergangenheit oder Manuel Neuer (Saison Nummer 13), Joshua Kimmich (9) aktuell. Bei keiner Mannschaft in der Bundesliga gibt es eine längere Verweildauer.

Quote für einheimische Spieler? Baier sieht das kritisch

Und auch hier zeigt sich: Die Spieler, die am längsten bleiben, sind absolute Führungsspieler. Das bestätigt auch ein Blick auf die anderen bayerischen Vereine: Jeffrey Gouweleeuw heißt beim FC Augsburg der dienstälteste Profi (8. Saison) und gleichzeitig auch der Kapitän. Gleiches gilt für Josef Welzmüller in Unterhaching und Enrico Valentini beim 1. FC Nürnberg. Doch die Zeiten von Max Morlock sind lange vorbei, der 24 Jahre lange für den FCN seine Schuhe schnürte. Valentini geht in sein sechstes Jahr beim Club.

Doch kann man den Trend des immer schneller werdenden Fußballgeschäft dennoch umkehren? Spieler länger binden und Fans mehr Identifikation mit Mannschaft und Verein ermöglichen? Eine häufig diskutierte Möglichkeit wäre, Quoten für einheimische und selbst ausgebildete Spieler einzuführen.

Für Baier nicht der richtige Weg: "Vielleicht ist es national gesehen eine gute Idee, um die Spieler in die Liga zu bekommen. Aber letzten Endes gilt: Qualität setzt sich durch. Egal ob jung, alt, aus welchem Land er kommt: Wenn jemand die Qualität nicht hat, hat er es auch nicht verdient zu spielen. Gerade international wäre eine deutsche Quote ein Nachteil gegenüber anderen Ländern."

Video: Daniel Baier war vor seinem Abschiedsspiel zu Besuch in "Blickpunkt Sport"

Daniel Baier
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Daniel Baier

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!