Thomas Müller
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Thomas Müller: Kein Raum für den Raumdeuter?

Die Aufregung über Thomas Müllers sinkende Einsatzzeiten unter Thomas Tuchel ist groß. Doch schon vor dem Trainerwechsel erlebte Müller eine der schwierigsten Saisons seiner Karriere - und das liegt auch an der Kaderplanung.

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Thomas Müller ist derzeit auffallend ruhig. Während sich Fans und Medien über die wenigen Einsatzzeiten des Mannes wundern, der eigentlich immer spielt, und sein neuer Trainer Thomas Tuchel vor und nach jedem Spiel zu diesem Thema Stellung beziehen muss, hört man von Müller fast nichts. "Radio Müller", wie er von seinen Teamkollegen genannt wird, schweigt. Zumindest nach außen.

Tuchel: "Ich liebe Thomas Müller"

Man muss nicht groß orakeln, um zu dem Schluss zu kommen, dass das seine Reaktion darauf ist, dass seine Einsatzzeiten derzeit so gering sind, wie selten zuvor in seiner langen Profikarriere. Dabei hätte die Beziehung zwischen Thomas Tuchel und Thomas Müller nicht besser starten können. Bei Tuchels Debüt gegen Borussia Dortmund schoss der 33_jährige zwei Tore binnen fünf Minuten, stellte in seiner typischen Müller-Manier mit zwei genialen Momenten den Spielstand gegen den BVB auf 3:0.

Doch seither ist die gegenseitige Liebe ein wenig abgekühlt - auch wenn Tuchel dies zuletzt bestritt: "Ich liebe Thomas Müller", sagte er nach dem 2:1-Sieg seines FC Bayern über Werder Bremen am Sky-Mikrofon. Und doch saß Müller gegen Bremen über weite Strecken des Spiels auf der Bank. So wie zuvor gegen Hertha BSC, so wie in den beiden Duellen gegen Manchester City die laut Tuchel "keine Thomas-Müller-Spiele" waren.

Kaum Vorlagen: Historischer Tiefstwert für Müller

"Es geht nur noch darum, dass wir es über die Ziellinie bringen. Das Ego muss draußen bleiben", sagte Tuchel ebenfalls auf eine Müller-Frage und lobte gleichzeitig die Haltung seines Spielers. Doch es ist nicht gerade verwunderlich, dass Tuchel in dieser besonderen Situation derzeit nicht unbedingt auf Müller in der Startformation setzt.

Denn nicht nur unter Tuchel läuft es in dieser Saison für Müller nicht so richtig rund. Sechs Tore und sieben Assists sind für einen der besten aktiven Vorlagengeber im europäischen Fußball (nur Lionel Messi hat mehr) eine auffällig maue Ausbeute. Das einzige Mal in seiner Karriere, dass Müller in der Bundesliga nicht Tore im zweistelligen Bereich auflegte, war in der Saison 2015/16. Damals traf er allerdings selbst 20 Mal.

Ohne Lewandowski fehlt Müller der Raum

Der Grund für den historisch schlechten Wert dürfte in der Sommertransferperiode zu finden sein. Mit dem Abschied von Robert Lewandowski verlor der FC Bayern den vielleicht besten Torjäger der Vereinsgeschichte - und Müller gleichzeitig seinen liebsten Vorlagenabnehmer. Nein, Müller verlor mit Lewandowski einen Mitspieler mit enormer Gravitation, der die Aufmerksamkeit und die Laufwege der Abwehrspieler massiv beeinflusst. Durch einen solchen Spieler öffnen sich für Müller die Räume, die er wie kein anderer lesen und ausnutzen kann.

Seit durch die Verletzung von Eric Maxim Choupo-Moting auch der einzige Stoßstürmer aus der Startelf verschwand und die Verteidiger gegen die vielen schnellen, kleinen Spieler im Bayernangriff oftmals den Raum vor dem eigenen Sechzehner einfach weiträumig verbarrikadieren, bleibt für Müller kaum noch Raum zum Deuten. Der Ur-Bayer wirkt blasser als sonst und taucht auch nur selten so überraschend im gegnerischen Strafraum auf, wie er es eigentlich so gerne macht.

Müller zwischen Bankdrücker, Starspieler und Co-Trainer

Das ist auch Tuchel nicht entgangen und so häufen sich die Spiele, die eben keine Müller-Spiele sind. Durchschnittlich steht der Offensiv-Spieler, der 2008 sein Profi-Debüt beim FC Bayern gab, unter seinem neuen Trainer nur 53,8 Minuten pro Spiel auf dem Platz. Für Müller-Verhältnisse ein schlechter Wert, der selbst unter Niko Kovac deutlich besser war (66,26) - und schon damals dachte er über einen Vereinswechsel nach.

Ob diese Gedanken derzeit wieder in Müller gären, weiß wohl nur er selbst. "So, wie Thomas die im Moment wahrnimmt, ist es sensationell. Das Thema ist nicht ganz so groß, wie es hier gemacht wird", hofft Tuchel und verweist darauf, dass er seine Wertschätzung anders als durch Spielminuten ausdrücke - so wie gegen Manchester City, als Müller quasi als Co-Trainer fungierte.

Karriereende in München oder Vereinswechsel?

Ob Müller im mittlerweile fortgeschrittenen Fußballalter von 33 Jahren eine solche Rolle für sich akzeptieren wird? Ob er den Verein, bei dem er seine gesamte fußballerische Karriere verbracht hat, so kurz vor deren Ende noch verlassen will? Ob sich die Einsatzzeiten unter Tuchel erhöhen, wenn der Trainer in der kommenden Saison auch wieder einen Mittelstürmer im Kader hat, der die nötigen Räume freispielen kann? Das alles wird die Zukunft zeigen. Es gibt für Müller derzeit Wichtigeres.

Nach dem schwierigen Sieg über Hertha BSC gab es einen der derzeit so raren öffentlichen Müller-Äußerungen. Der 33-Jährige rauschte an den Mikrofonen vorbei und gab zu verlauten: "Da simma wieder, jetzt holen wir uns das Ding." Wer Müller derzeit beobachtet, wie er sich auf dem Platz und der Bank verhält, wie er mit seinen Mitspielern umgeht und spricht, wie er mit den Fans jubelt, der sieht einen Starspieler, der derzeit tatsächlich sein Ego draußen lässt und dem es nur noch darum geht, diesen einen Titel zu holen. Es könnte schließlich der letzte werden, den Thomas Müller mit dem FC Bayern holt.

Video: Das sagt Thomas Tuchel über Thomas Müller

Thomas Müller bekommt letzte Anweisungen von Thomas Tuchel vor seiner Einwechslung.
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Thomas Tuchel und Thomas Müller

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