Ein Schwarzweißfoto zeigt die 1b-Mannschaft des EV Füssen auf der Eisfläche des Mittersees in Bad Faulenbach in den 1920er-Jahren.
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Die 1b-Mannschaft des EV Füssen auf der Eisfläche des Mittersees in Bad Faulenbach in den 1920er-Jahren.

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Eine Eishockey-Legende feiert Geburtstag: 100 Jahre EV Füssen

Mit 16 deutschen Meistertiteln ist der EV Füssen der erfolgreichste Eishockeyclub der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die glorreichen Zeiten sind zwar längst vorbei. Trotzdem ist der EVF eine Legende - mit einer Geschichte voller Höhen und Tiefen.

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Es war der 11. Dezember 1922, als 13 Männer und fünf Frauen im Hotel Sonne den Eissportverein Füssen aus der Taufe hoben – zur "Heranziehung der Jugend zu tüchtigen Eisläufern unter der Hintanhaltung des planlosen Umherfahrens auf dem Eise", wie es im Protokoll der Gründungsversammlung heißt. Was folgt, ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte: 1929 der erste bayerische Titel, 1949 zum ersten Mal deutscher Meister.

16 Mal deutscher Eishockey-Meister

Bis in die 1970er Jahre hinein dominiert der EV Füssen das deutsche Eishockey wie kein anderer Club. Insgesamt 16 Mal wird der EVF deutscher Meister – darunter sieben Mal in Folge zwischen 1953 und 1959. Das ist bis heute Rekord.

Autokonvoi und Maßanzug zur Meisterfeier

Siegfried Schubert alias "Silla" war einer der legendären Spieler und später auch Trainer aus dieser Zeit. Er erinnert sich noch gut an seine erste Meisterschaft 1957: "Da hat man uns mit Autokonvois durch Füssen gefahren", erzählt der 83-Jährige. "Und dann haben die Banken, der Landkreis und die Stadt zusammengelegt und wir bekamen einen Maßanzug."

Eishockey damals und heute – kaum vergleichbar

Auch Gustav Hanig gehört zu den Spielern aus den Hochzeiten des EV Füssen. Das Eishockey in den 60ern und 70ern sei mit dem heutigen kaum vergleichbar, sagt er: "Im offenen Stadion mit unseren Wollpullovern – wenn es da ein bisschen geregnet hat, waren die schwer", erinnert sich der 78-Jährige. "Außerdem die Ausrüstung, der Leder-Schulterschutz und die Schläger – da hast du ja gemeint, du hebst dir einen Bruch."

Die erste Meister-Mannschaft des EV Füssen im Jahr 1949
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1949 holt die Mannschaft des EV Füssen zum ersten Mal den deutschen Meistertitel.

Jahrzehntelang war der EV Füssen in der Bundesliga tonangebend. Aus dem Verein gingen etliche Nationalspieler hervor – darunter Paul Ambros, Markus Egen und Xaver Unsinn, der spätere Bundestrainer. 58 Olympiateilnehmer kamen aus den Reihen des EVF, davon fünf Bronzemedaillengewinner. Die Spieler vertraten Deutschland bei Weltmeisterschaften, olympischen Spielen und anderen internationalen Wettbewerben. Mit dem Spenglercup gewann der EV Füssen 1952 und 1964 zwei Mal die traditionsreichste Eishockeytrophäe Europas. Die höchste Anerkennung erhielten der Verein und die Spieler im Jahre 1963 mit der Verleihung des "Silbernen Lorbeerblatts", der höchsten Auszeichnung im Sport in Deutschland.

Bayerische Brotzeit gegen Heimweh in Kanada

Für Siegfried Schubert war eines der Highlights die Kanada-Tournee des EV Füssen 1965. In zwölf Spielen maßen sich die Füssener mit den Teams der großen Eishockeynation - von Neufundland bis Edmonton. In Ottawa packte sie aber das Heimweh. "Da sind der Gmeiner, der Nagel und ich in so einen europäischen Feinkostladen gegangen, haben uns eine Salami gekauft, einen Ring Lyoner, ein paar Dosen Bier und haben auf dem Hotel so eine richtige bayerische Brotzeit gemacht", erzählt Schubert. "Dann ist das Heimweh wieder besser geworden."

Vom Krankenhaus aufs Eis – und zurück

Aber sie waren nicht nur heimatverbunden, sondern auch zäh, die Spieler des EV Füssen. Einmal traf Paul Ambros aus Versehen seinen Mitspieler Max Pfefferle mit einem Schlagschuss und schoss ihm das Jochbein ein. Für 14 Tage kam Pfefferle daraufhin ins Krankenhaus. "Da haben wir gesagt: 'Du, am Samstag brauchen wir dich!'", erzählt Siegfried Schubert. "Dann ist er aus dem Krankenbett am Samstagabend raus gekommen, hat hier zwei Drittel gespielt, sich umgezogen und ist wieder ins Krankenhaus gegangen zur weiteren Behandlung."

Schicksalsjahr 1983: Abstieg und Pleite

Doch Ende der 70er und Anfang der 80er wendet sich das Blatt für den bis dahin erfolgsverwöhnten EV Füssen. Immer mehr gute Spieler wandern in die Großstädte ab. Die kleinen Vereine geraten in finanzielle Schwierigkeiten. Der Versuch, den Erfolg zurückzukaufen, endet für den EVF nach dem Abstieg 1983 im Konkurs. Von da ab spielt der neugegründete Nachfolge-Verein nur noch in den unteren Ligen.

2015: Insolvenz und Neustart in der Bezirksliga

2015 kommt der nächste Tiefschlag: Eine zweite Insolvenz erfordert erneut die Neugründung und damit den Neuanfang in der untersten Liga, der Bezirksliga. Aber auch da heißt es für den Verein: Aufstehen, Mund abputzen, weitermachen! Der EV Füssen legt einen Durchmarsch hin und kämpft sich in nur vier Jahren zurück in die Oberliga. "Das ist die Liga, wo wir uns wohlfühlen und wo wir heimisch sind", sagt der derzeitige Vorstand Thomas Zellhuber und hofft auf eine lange Zukunft für seinen Verein. "Klar müssen wir, wenn man sich die Geschichte anschaut, heute kleinere Brote backen. Aber die Tradition fortzusetzen – das ist uns ganz wichtig."

"Altmeisterduell" zum Jubiläum

Das 100-Jährige feiert der EV Füssen mit einer großen Gala im Festspielhaus und mit dem "Altmeisterduell": Am 11. Dezember – seinem Gründungstag – empfängt der EV Füssen seinen Erzrivalen SC Riessersee in der großen Arena am Kobelhang.

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