Uli Hoeneß in einer Medienrunde
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Der FC Bayern und die Medien: Es ist kompliziert

Beim FC Bayern ist immer etwas los. Der gemeine Fußball-Fan erfreut sich am Entertainment, währenddessen schwelt im Hintergrund ein komplizierter Konflikt. Der Rekordmeister kämpft mit den Medien um die Deutungshoheit im deutschen Fußball.

Über dieses Thema berichtet: Blickpunkt Sport am .

Die Beziehung des FC Bayern mit der Presse ist eine lange und konfliktreiche. Vom FC Hollywood in den 90ern über die kontroverse Menschenwürde-Pressekonferenz im Oktober 2018 bis zum jüngsten Exklusiv-Interview von Uli Hoeneß bei BR24Sport. Dort hatte der Ehrenpräsident die These aufgestellt, dass nicht der FC Bayern angesichts der hohen Trainer-Fluktuation "untrainierbar" sei, sondern "die Medien".

Hoeneß: FCB zu abhängig von "untrainierbaren" Medien

"Die haben überhaupt keine Geduld mehr", bemängelt Hoeneß: "Wenn wir zwei, drei Spiele verlieren, wird die Trainerfrage gestellt und deswegen ist es besonders schwierig, beim FC Bayern zu trainieren." Generell habe sich der Rekordmeister "zu sehr von diesen Dingen abhängig gemacht", findet Hoeneß. Ganz so einfach scheint die Sache aus Sicht von Thomas Helmer jedoch nicht zu sein. Der Europameister von 1996, heute TV-Moderator, kennt beide Seiten der Medaille.

"Wenn über dich schlecht berichtet wurde, hat das natürlich hohe Wellen geschlagen. Ich wollte nach einem halben Jahr in München hinschmeißen. Ich kam einfach mit der Medienlandschaft nicht klar. Das war sehr extrem. Als ich auf der anderen Seite war, habe ich verstanden, dass da das eine oder andere von den Spielern oder dem Verein auch nicht so prickelnd ist." - Thomas Helmer in Blickpunkt Sport

Experten-Zoff mit Tuchel: "Da ist eine Grenze"

Für den Rekordmeister bleibt die Kritik der Journaille derweil ein ständiges Ärgernis, insbesondere die kritischen Äußerungen prominenter Experten. Trainer Thomas Tuchel befand sich in der laufenden Saison in einer Dauerfehde mit den beiden Ex-Bayern-Profis Lothar Matthäus und Didi Hamann und ließ sich nach dem 4:0-Erfolg bei Borussia Dortmund im vergangenen November sogar zu einem vergifteten Gruß an "Lothar und Didi" hinreißen.

Im Video: Thomas Helmer spricht über die Krise des FC Bayern

Thomas Helmer
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Thomas Helmer

"Man darf natürlich nicht beleidigend werden, den Eindruck hatte ich bei Didi und Lothar auch nicht", kommentiert Helmer in Blickpunkt Sport den Zwist: "Natürlich kann man nicht immer alles kritisieren. Sie sind beide nicht beim Training dabei, es gibt ein paar Sachen, da ist eine Grenze und da muss man auch nicht jedes Mal etwas dazu sagen." Gleichwohl stellte Helmer klar, dass "sich im Nachhinein viele Sachen, die die beiden damals behauptet haben, als richtig herausgestellt haben."

Medien-Zirkus beim FC Bayern hat sich verändert

Zum Ist-Zustand der Fußball-Berichterstattung, der Hoeneß, Tuchel und Co. sauer aufstößt, hat der FCB selbst einen nicht unerheblichen Teil beigetragen. Wie die allermeisten Profiklubs hat der deutsche Fußball-Primus schon vor Jahren eigene Medienkanäle an den Start gebracht - und gleichzeitig haben sich die Möglichkeiten für Journalisten, kritisch von der Säbener Straße zu berichten, nach und nach verschlechtert. Öffentliche Trainings sind die Ausnahme, exklusive Interviews mit Spielern oder Verantwortlichen gibt es, wenn überhaupt, nur noch für Medien, die TV-Rechte besitzen.

Helmer will mehr als Thomas Müller beim FC Bayern

Das sieht auch Helmer so. Der Ex-Bayern-Profi bemängelt, dass der FC Bayern "nach jedem Spiel immer nur einen Thomas Müller zum Interview schickt. Ein Upamecano, wenn er eine Rote Karte bekommen hat, muss sich stellen, finde ich. Er soll dann auch seine Version erzählen. Da spreche ich explizit die Mediensprecher der Vereine an, das müssen sie machen."

Anstelle einer direkten Berichterstattung vom Spiel vergrößern die Medienvertreter ihren Anteil an Kommentaren und meinungsstarken Beiträgen, bestätigt auch Michael Schaffrath. Der Professor für Medien und Kommunikation an der TU München bestätigt Im Gespräch mit Blickpunkt Sport: "Da man die erste und wichtigste Funktion des Journalismus nicht mehr so bedienen kann, weil das nun andere machen, werden andere Funktionen wichtiger und die werden vehementer ausgeführt." Diese "normative Funktion des Journalismus" sei laut Schaffrath normal, "Kritik und Kontrolle gehören auch dazu".

Harte Medienkritik: "Wahr oder falsch spielt keine Rolle"

Über seine Social-Media-Kanäle erreicht der deutsche Fußball-Primus viele Millionen Fans mit einem einzigen Post - mit dieser Reichweite können Verlage und TV-Sender nicht mithalten. Dementsprechend umkämpft ist der restliche Aufmerksamkeitsmarkt, allen voran rund um die Transferfenster im Sommer und Winter. "Früher ging es um die Frage: ‘Ist diese Information wahr oder falsch?’ Jetzt geht es darum, wer der Erste ist. Wahr oder falsch spielt keine Rolle mehr", befindet Hoeneß im BR24Sport-Interview.

Im Zuge dessen erhob der einstige Bayern-Chef außerdem den Vorwurf, dass Spielerberater "Informationen durchsickern lassen, um im Gegenzug eine gute Bewertung für ihre Kunden (beim entsprechenden Medium, Anm. d. Red.) zu erhalten." Wegen dieser Deals habe sich auch das Klima in der Kabine verändert, sagt Hoeneß: "Die Macht der Spieler ist jetzt wichtiger, weil mehr Dinge aus der Umkleidekabine durchsickern. Früher hat jeder Spieler für sich selbst gekämpft. Jetzt hat jeder Spieler einen Agenten, und Agenten kämpfen für ihre Spieler."

Damals wie heute: "Jeder hat seinen Journalisten"

Für Ex-Profi Thomas Helmer sieht die Sache nicht ganz so einseitig aus: "Es wird auch viel von den Verantwortlichen und dem Verein heraus an die Presse herausgegeben. Da hat jeder seinen Journalisten, das war auch schon damals so. Uli hatte auch die eine Zeitung, mit der er besser konnte als mit der anderen. Das ist auch ganz menschlich." Er selbst habe "nach einem halben Jahr in München hinschmeißen" wollen, erzählte Helmer: "Ich kam einfach mit der Medienlandschaft nicht klar. Das war sehr extrem."

Insgesamt schaut der FC Bayern sehr kritisch auf das Gebaren der Münchener Sportjournalisten. "Wenn ich so manchen ihrer Kollegen beobachte", erklärte Hoeneß im Gespräch mit BR24Sport-Reporter Thomas Klinger, "dann habe ich das Gefühl, dass sie nicht glücklich sind und dass sie schon morgens aufstehen und darüber nachdenken, wie sie dem FC Bayern eine reinwürgen können." Die Beziehung zwischen dem FC Bayern und der Presse wird somit wohl auch in Zukunft eine schwierige bleiben.

Im Video: Uli Hoeneß im exklusiven BR24Sport-Interview

FC-Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß
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FC-Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß

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