Die Abschaltung von Snake ist ein Rückschlag für Russlands Cyber-Kriegsführung.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Sebastian Gollnow

Die Abschaltung von Snake ist ein Rückschlag für Russlands Cyber-Kriegsführung.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Spionage-Programm zerschlagen: Schlag gegen Russlands Krieg?

Fast 20 Jahre lang half das Schadprogramm "Snake" Russland, andere Staaten auszuspionieren. Nun verkündeten die USA einen erfolgreichen Schlag gegen das Netzwerk. Wie sehr schadet das Russland - auch im Ukraine-Krieg?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Damit ist heute Schluss", lässt der stellvertretende US-Justizminister Matthew G. Olson sich am Dienstag zur Abschaltung eines russischen Spionage-Programms zitieren. Schluss ist demnach mit dem Schadprogramm Snake, das Russlands Geheimdienst FSB 20 Jahre genutzt habe, um Cyberspionage gegen die USA und ihre Verbündeten zu betreiben.

Wie das Justizministerium weiter erklärt, haben die USA und weitere Staaten Snake mit Hilfe eines FBI-Tool namens Perseus abgeschaltet. Das russische Programm agierte laut "New York Times" über ein weltweites Netzwerk von infizierten Computern und erhielt so unbemerkt Zugriff auf sensible Dokumente und Kommunikation, etwa von Nato-Mitgliedern.

Auch ein Cyber-Angriff auf das Auswärtige Amt in Berlin wird Snake zugeschrieben. Zudem soll dieses oder verwandte Schadprogramme unter anderem auch auf ukrainischen Regierungscomputer gefunden worden sein.

Wenig Erfolg im Ukraine-Krieg

Genau die Ukraine hat Russland bekanntlich vor etwas mehr als einem Jahr angegriffen. Der von manchen erwartete schnelle militärische Erfolg der Russen blieb aus. Eine weitere Offensive seit vergangenen Winter bewerten Experten als wenig erfolgreich. Soweit der weitgehend physische Krieg mit Truppen, Panzern, Raketen.

Im Vorfeld des Krieges war jedoch auch von einer digitalisierten Variante des Krieges die Rede, zumal Russlands Cyber-Macht durchaus als beträchtlich eingestuft wurde. Sowohl Eingriffe in die ukrainische Infrastruktur vor dem Krieg als auch digitale Einflussnahmen auf die US-Wahl wurden russischen Hackern in der Vergangenheit zugeschrieben.

Wie läuft Russlands Cyberkrieg?

Ist die Zerlegung von Snake nun ein Beweis dafür, dass Russland auch in Sachen Cyberkrieg schwächer dasteht, als von einigen Experten angenommen? Matthias Schulze, Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik, hat Russlands bisherige Cyber-Kriegsführung jüngst einer Analyse unterzogen.

Dabei zeigte sich, dass Russland digital im Krieg bisher vor allem auf das Sammeln von Informationen, die Zerstörung von Daten und Attacken auf kritische Infrastruktur gesetzt hat. Das habe ihnen laut der Analyse jedoch bisher kaum sichtbare signifikante, strategische Vorteile oder Erfolge gebracht. "Die wertvollsten Cyber-Operationen scheinen immer noch jene für Spionage und Aufklärung zu sein", heißt es in dem Text über Russlands Cyberkrieg.

Wie wichtig war Snake?

Wie schwer trifft Russland da nun der Schlag gegen das Spionage-Netzwerk Snake? Experte Schulze erklärt hierzu auf BR-Anfrage: "Der gegenwärtige Verlust der Plattform durch die FBI-Aktion ist sicher kurzfristig schmerzhaft, da jetzt vermutlich der Zugang zu einigen Hochwertzielen fehlt und neu aufgebaut werden muss." Hinter der Snake stecken demnach Jahre der Entwicklung und vermutlich enorme Kosten.

Dennoch ist die Zerschlagung des Programms in Schulzes Augen nur ein Sieg auf Zeit, zumal Russland zusätzlich noch weitere digitale Angriffsmöglichkeiten haben dürfte. Dass solche Spionage-Zugänge geschlossen werden, sei für Geheimdienst zwar unglücklich und teuer, aber auch "business as usual".

Russland werde nun eben neue Tools bauen und einsetzen. "Allerdings sendet die Ausschaltung von Snake ungefähr zeitgleich zum 'Tag des Sieges' in Russland natürlich auch eine demütigende, psychologische Botschaft an Russland", schickt Schulze hinterher. Russland feiert als "Tag des Sieges" jedes Jahr am 9. Mai den Sieg über NS-Deutschland im Zweiten Weltkrieg.

Experte: Russland weiter gefährlich

Trotz der vielleicht schwach wirkenden Cyber-Kriegsführung Russlands in der Ukraine warnt Experte Schulze allgemein davor, Russlands digitale Macht zu unterschätzen: "Russlands Dienste haben immer noch formidable Hacker, die im Laufe der Jahre immer besser wurden. Sie haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie auch industrielle Steuerungsanlagen angreifen können." Auch die nun zerschlage Snake-Plattform zeige ja, wie viel Zugang Russland zu vielen Systemen habe.

"Es ist nicht die Zeit, die 'Schilde' runter zu nehmen", so der Forscher, eine Anspielung darauf, dass viele Behörden im Vorfeld der Ukraine-Invasion anmahnten, dass die Abwehrschilde hochgefahren werden sollten.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!