Glasfaserkabel
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Der Glasfaserausbau ist eines der wichtigsten Digitalisierungs-Projekte der Bundesregierung (Symbolbild)

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Woran es bei der neuen Digitalstrategie der Bundesregierung hakt

Deutschland braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch. Doch die neue Digitalstrategie der Ampel-Koalition listet viele bekannte Projekte auf, die nicht vorwärtskommen. Sie gibt zwar viele Ziele aus, enthält aber kaum konkrete Lösungswege.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Als die Koalition von SPD, Grünen und FDP im Dezember 2021 ihre Arbeit aufnahm, verbanden sich damit auch viele Hoffnungen auf eine engagiertere Digitalpolitik. Zu tun gibt es nach wie vor viel, das zeigte jüngst der EU-Digitalisierungsindex DESI 2022, in dem Deutschland von Platz 11 auf Platz 13 zurückgefallen ist. Mittelfeld also. "Mit der Digitalstrategie wollen wir es bis zum Jahr 2025 unter die Top Ten in Europa schaffen", sagt Bundesdigitalminister Volker Wissing von der FDP.

Ziel: Umfassender digitaler Aufbruch

Auf ihrer Klausurtagung in Schloss Meseberg hat die Ampel nun ihre Digitalstrategie verabschiedet, die "einen umfassenden digitalen Aufbruch" in die Wege leiten soll. Die Digitalstrategie fasst die Schwerpunkte der Bundesregierung beim Querschnittsthema Digitalisierung "unter einem Dach zusammen". Einige Vorhaben sind der Regierung besonders wichtig, etwa:

  • mindestens der Hälfte der Haushalte und Unternehmen sollen Glasfaseranschlüsse bekommen
  • mindestens 80 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten sollen die elektronische Patientenakte nutzen, das E-Rezept soll zum Standard in der Arzneimittelversorgung werden
  • die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, damit sich Behördengeschäfte auch online erledigen lassen. Dabei sollen sich Bürger mit einer staatlichen digitalen ID identifizieren
  • ein Bildungssystem, das einen chancengleichen und barrierefreien Zugang zu digitaler Bildung ermöglicht

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von weiteren Vorhaben – insgesamt ist von 18 "Leuchtturmprojekten" die Rede. Illustriert werden die Projekte durch Szenarien darüber, welchen Nutzen sie im Alltag bringen könnten. So könnte die diabeteskranke Elif ihre Blutzuckerwerte in der elektronischen Patientenakte (ePA) speichern, an ihren Hausarzt übermitteln und sich mit ihm regelmäßig per Videosprechstunde oder Messenger über den Therapieverlauf austauschen, der dann wiederum in der ePA dokumentiert werden kann.

Regierung will sich bis 2025 an konkreten Zielen messen lassen

Für jedes Vorhaben werden mehr oder weniger konkrete Ziele genannt, die bis 2025, also dem Ende der aktuellen Legislaturperiode, erreicht sein sollen. Bei der digitalen Infrastruktur will sich die Regierung 2025 unter anderem daran messen lassen, "ob Genehmigungsverfahren für den Bau von Telekommunikationsinfrastrukturen beschleunigt und digitalisiert wurden" oder ob "Lücken in der Mobilfunkabdeckung geschlossen wurden".

Teilweise sind die Ziele aber nicht sehr ambitioniert, etwa dass die Anwendung digitaler Technologien in der Landwirtschaft zunehmen und einen wirksamen Beitrag zu mehr Effizienz, Nachhaltigkeit und Tierwohl leisten soll. Welche Technologien gemeint sind und wie der Staat dazu beiträgt, steht nicht in der Strategie.

Nicht umgesetzte Projekte werden als neues Ziel ausgegeben

Und dann gibt es Projekte, die schon seit Jahren stocken und deren Erreichung um ein paar Jahre nach hinten verschoben wird, um sie als neues Ziel auszugeben. Zum Beispiel die flächendeckende Umsetzung von 35 priorisierten Verwaltungsleistungen.

Es sollen also 35 Leistungen bis 2025 realisiert sein, dabei schreibt das Onlinezugangsgesetz schon jetzt vor, dass alle 575 Leistungsbündel bis Ende 2022 umgesetzt sein müssen. Oft – wie in diesem Beispiel – fehlen aber konkrete Maßnahmen, wie die genannten Ziele erreicht werden sollen.

Viele Einzelmaßnahmen, aber kein ganzheitlicher Ansatz

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Digitalstrategie ist eine Ansammlung von Einzelmaßnahmen aus allen Ministerien. Jedes Projekt steht für sich, eine Strategie aus einem Guss ist nicht herausgekommen. Auch das Fachblog Netzpolitik.org vermisst einen “ganzheitlichen Blick auf die Herausforderungen der Digitalisierung”.

Das war aber fast nicht anders zu erwarten, denn in der Bundesregierung gibt es weder ein reines Digitalministerium noch eine zentrale Steuerungsinstanz im Bundeskanzleramt. Für die Umsetzung der Digitalstrategie ist ein Staatssekretärsausschuss unter Vorsitz des Digital- und Verkehrsministeriums von Volker Wissing (FDP) zuständig.

Finanzierung der Digitalstrategie muss noch geklärt werden

Was sich aus den zahlreichen digitalpolitischen Zielen der Bundesregierung tatsächlich umsetzen lässt, hängt auch ganz maßgeblich davon ab, wie viel Geld dafür zur Verfügung steht. Darüber steht in der Digitalstrategie aber nichts. Nur, dass die Ministerien für Finanzen, Digitales und Verkehr, Wirtschaft und Klimaschutz mit dem Kanzleramt ein Konzept zur Finanzierung der ganzen Vorhaben erarbeiten sollen. Hier muss man also abwarten, wie groß das "zentrale Digitalbudget" im nächsten Bundeshaushalt ausfällt.

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