Seit die sozialen Medien ihn sperrten, wurden Lügen über Wahlbetrug deutlich seltener.
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Seit die sozialen Medien ihn sperrten, wurden Lügen über Wahlbetrug dort deutlich seltener, sagt eine Studie.

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Nach Trump-Sperre: Deutlich weniger Wahl-Lügen in Social Media

Seit 8. Januar 2021 wurden Donald Trumps Account und zahlreiche rechte Verschwörungskanäle bei Twitter gesperrt. Mit Wirkung: Um 73 Prozent soll die Zahl der Falschinformationen über Wahlbetrug gesunken sein. Das zeigt ein interessantes Muster.

Als Donald Trump 2016 das Amt des US-Präsidenten antrat, waren Politiker auf Twitter eigentlich kein neues Phänomen mehr. Schon Vorgänger nutzte Barack Obama nutze die Plattform 2008 für seinen Wahlkampf. Lange bevor Twitter cool war.

Als der Twitter-Präsident wird jedoch trotzdem Donald Trump in Erinnerung bleiben. Anders als der eher staatstragende Twitterer Obama, an dessen Stil sich offenbar auch der neue Präsident Biden orientiert, verbreitete Trump am laufenden Band Lügen, Hetze und Beleidigungen. So manche innen- und außenpolitische Krise seiner Amtszeit startete mit einem Tweet. Zuletzt auch der Angriff auf das Kapitol der vorläufige Höhepunkt von Trumps viel getwitterten Lüge, er habe die US-Wahl gewonnen und Bidens Sieg sei Betrug.

Wenige Tage nach dem Gewaltausbruch sperrte Twitter Trump und entfernte zudem 70.000 Accounts, die die rechte Verschwörungstheorie um Qanon verbreiten. Auch andere soziale Medien wie Facebook, Youtube und Snapchat verbannten Trump von ihrer Plattform.

Falschinformationen werden deutlich weniger

Dieses für soziale Medien rabiate Vorgehen, nach Jahren der Akzeptanz extremer Inhalte, zeigt laut einer aktuellen Studie offenbar Wirkung. So sind laut einer Untersuchung des US-amerikanischen Datenauswertungs-Unternehmens Zignal Labs in sozialen Medien die Erwähnungen von Wahlbetrug seit den Sperren deutlich zurückgegangen. Innerhalb des Untersuchungszeitraums (9. bis 15. Januar 2021) von 2,5 Millionen auf 688.000. Um 73 Prozent ist die Zahl der Wahlbetrugs-Erwähnungen demnach gesunken, so die Studie, über die die "Washington Post" berichtet.

Auch Hashtags und Begriffe, die im Zusammenhang mit dem Kapitol-Sturm verwendet wurden, gingen deutlich zurück. Die Inhalte mit Hashtag #FightForTrump ging um 95 Prozent zurück, gleiches gilt für Ausdrücke wie "March for Trump". Die Erwähnungen des Verschwörungskultes Q stiegen dagegen um 15 Prozent an, wobei dies laut „Post“ auch damit zusammenhängen dürfte, dass über diese Theorien und Gruppen aktuell wegen des Kapitol-Sturms schlicht häufiger berichtet wird.

Hoffnung im Kampf gegen Lüge und Hass?

Auch für die Lügen über Wahlbetrug in den USA zeigte eine Studie bereits, dass nur 20 Accounts von Trump und seinen Anhängern die Quelle für ein Fünftel der Retweets zum Thema waren. Twittert Trump etwas, retweeten tausende fast unabhängig vom Thema des Tweets, wie Studien laut "Washington Post" zeigen.

Es zeigt sich: Eine offenbar relativ überschaubare Zahl an Meinungsführern ist die Quelle für einen hohen Anteil von Falschinformationen in sozialen Medien. Allen voran Donald Trump, dessen Tweet-Lügen über Retweets, Gegenkommentare und klassische Medienberichte große Verbreitung bringen. Auch, weil tausende die Tweets des Präsidenten fast unabhängig vom Inhalt retweeten, wie Studien laut "Washington Post" zeigen, und weil Medien zahlreiche Tweets aufgreifen und so ebenfalls für weitere Verbreitung sorgen. Schon im Herbst 2020 fand eine Studie heraus, dass Trump der Hauptverursacher von Corona-Falschinformationen in Medienberichten war.

Dass heißt jedoch auch, dass schon die Einschränkung einzelner Meinungsführer-Accounts große Wirkung zeigen kann, wenn man eben verhindern will, dass sich Falschinformationen und Lügen in sozialen Medien verbreiten. Aussichtslos erscheint der Kampf gegen Hass und Fake News im Web 2.0 angesichts der Ergebnisse von Zignal Labs jedenfalls nicht - auch wenn eine Sperre von Accounts in einer liberalen Demokratie sicher keine perfekte Lösung ist.

Wer Superspreader identifiziert und sanktioniert, scheint eine Chance gegen Fake News und Hate Speech zu haben. Das bietet Plattformen wie Twitter und Facebook theoretisch eine Perspektive, eine Strategie, wie sie Hass und Lügen im Netz stärker entgegentreten könnten - wenn sie das denn wollen.

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