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Soziale Medien

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Nach Münchner Messerattacke: Hetze im Netz

Über 7.000 Reaktionen auf Twitter hat die Münchner Polizei nach der Messerattacke seit Samstag erhalten. Nicht nur positive. Die Beamten wurden mit einer Flut von ausländerfeindlichen Tweets konfrontiert und setzten sich zur Wehr. Von Julia Kammler

#rosenheimerplatz ging am Samstag bei Twitter durch die Decke. Die Polizei München setzte ihren ersten Tweet um 9.47 Uhr ab: "Polizeieinsatz am Rosenheimerplatz. Täter verletzt mit Messer mehrere Person. Weitere Informationen folgen." Die Reaktionen darauf teils erschreckend und eindeutig tendenziös. 

"Wissen wir schon was, wo der Aasgeier herkommt? Oder wird das wieder verschwiegen?" Tweet von Alex Vassiliadis

Meinung ungefiltert in Echtzeit

"Twitter ist eben ein Echtzeit-Medium. Das sehen wir, wenn Fußballspiele sind oder Wahlen, aber natürlich auch dann, wenn solche Messerattacken stattfinden oder Terroranschläge. Twitter ist ein Netzwerk, wo jeder weitgehend ungefiltert seine Meinung kundtun kann und das wollen die meisten Menschen natürlich auch tun. Deswegen setzen sie Twitter ein." Christian Schiffer, BR-Netzexperte

Um 10.15 folgte die erste Täterbeschreibung durch die Polizei München: Mann, ca. 40 Jahre, unterwegs mit schwarzem Rad, graue Hose, grüne Trainingsjacke, Rucksack mit Isomatte. Viele Leser forderten daraufhin vehement die Nennung der Haut- und Haarfarbe.

"In so einer Situation kippt das subjektive Sicherheitsgefühl natürlich zunächst nach unten. Die Leute sind unsicher: Was passiert denn? Und im Rahmen dessen nutzen das leider viele Accounts dazu weiter Verunsicherungen zu bringen, indem sie eben teilweise Unwahrheiten schreiben, indem sie Tatsachen verdrehen und da sind wir dafür da, deutliche Grenzen zu setzen." Oliver Timper, Social-Media-Team der Polizei München

Für die Polizei hat die Warnung der Bevölkerung oberste Priorität. Die Meldungen, die unter @PolizeiMuenchen rausgehen, sind, so Timper, verifiziert.

Polizei hält dagegen

Am Abend setzte die Polizei dann den inzwischen berühmten Tweet ab:

"Nachdem viele Hetzer Ihre Frage wieder löschen, weil die Antwort offenbar nicht in ihre Schublade passt: Geburtsland des Tatverdächtigen -> Deutschland." Polizei München

Das Social-Media-Team erklärt sein Vorgehen so:

"Man beobachtet die sozialen Medien, wie ein Fieberthermometer. Schaut, welche Fragen tauchen auf, in welche Richtung geht das Ganze – der Kommentar zum Beispiel bezüglich Hetze haben wir gegen 17 Uhr gesteuert. Zu diesem Zeitpunkt haben wir einfach festgestellt, die Kommentarzahl geht schlagartig nach oben und es sind sehr, sehr viele tendenziöse dabei. Wir haben dann einfach gesagt, das können wir in der Form nicht stehen lassen, und haben uns entschlossen diesen Post zu machen." Oliver Timper, Social-Media-Team der Polizei München

Hetzerische Tweets strafbar?

Die Polizei ist verpflichtet, jeden einzelnen Post zu lesen und zu prüfen, ob ein Straftatbestand vorliegt.

"Wenn es um Hetze zum Beispiel gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen geht, dann gehen wir selbstverständlich dem Ganzen nach. Wir leiten das intern an das zuständige Fachkommissariat weiter und von dort geht es an die Staatsanwaltschaft." Oliver Timper, Social-Media-Team der Polizei München

Auf ein bis zwei Anzeigen pro Woche bringt es die Münchner Polizei im Durchschnitt, hauptsächlich geht es um den Tatbestand der Volksverhetzung, der mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird.