Heute nehmen Vertreter von EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Parlament ihre Verhandlungen über eine EU-weite Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) wieder auf. Vor allem zwei Punkte sind kritisch.
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KI-Regulierung – Verhandlungen in Brüssel auf der Kippe?

Heute nehmen Vertreter von EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und EU-Parlament ihre Verhandlungen über eine EU-weite Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) wieder auf. Vor allem zwei Punkte sind kritisch.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Eigentlich hätten die Verhandlungen zum sogenannten "AI Act" bereits Mittwochnacht enden sollen. Nach einer 22-stündigen Marathonsitzung verließen die Vertreterinnen und Vertreter von Kommission, Rat (Mitgliedsstaaten) und EU-Parlament aber erst Donnerstagnachmittag sichtlich übermüdet das Ratsgebäude in Brüssel. Anders als geplant ohne Ergebnis.

"Wir haben uns bei vielen Punkten angenähert", so Sergey Lagodinsky, EU-Parlamentarier von Bündnis90/Die Grünen, im BR-Interview direkt nach der gestrigen Verhandlung. Andere Punkte seien aber weiterhin strittig. Auch EU-Industriekommissar Thierry Breton schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter), es habe bereits eine Menge Fortschritte gegeben – und: Man solle gespannt bleiben. Ein Sprecher des Europäischen Rates betonte auf BR-Anfrage, dass die Gespräche ab Freitagfrüh fortgeführt würden. Zum Stand der Verhandlungen gebe der Rat "keinen Kommentar" ab.

ChatGPT & Co: Regulierung versus verbindliche Selbstverpflichtung

Wie stark sogenannte Grundlagenmodelle reguliert werden sollen, ist offenbar immer noch strittig. Hierbei handelt es sich um Programme, auf denen andere Anwendungen basieren. Ein Beispiel ist die Sprach-KI ChatGPT. Solche KI-Modelle können überall dort genutzt werden, wo geschriebene Texte erzeugt werden sollen, etwa im Kundendienst. Vor allem Frankreich, Italien und Deutschland setzen sich dafür ein, dass eine Regulierung dieser Modelle vom Gesetz ausgenommen werden sollen, um Innovationen auf dem europäischen Markt nicht zu verhindern.

Der Vorschlag der Mitgliedsländer sieht statt einer Regulierung eine verbindliche Selbstverpflichtung der Entwicklerfirmen vor. Sandra Wachter, Professorin für Technologie und Regulierung am Oxford Internet Institute der Universität von Oxford, bezeichnete den Ansatz der Selbstregulierung bei einem Expertengespräch des Science Media Center am Donnerstag als "fast schon empörend". Laut Wachter reiche es nicht aus, "sich auf das ethische Gefühl eines Unternehmens zu verlassen".

Das EU-Parlament sieht in diesen Modellen potenzielle Gefahren und will sie stark regulieren.

Streitpunkt: Biometrische Überwachung

Beim zweiten großen Streitpunkt in den Verhandlungen, der biometrischen Überwachung, beharren die EU-Staaten auf Ausnahmen, unter anderem bei der Verfolgung schwerer Straftaten und zum Schutz der nationalen Sicherheit. Vor allem Frankreich, das im kommenden Jahr die Olympischen Sommerspiele austrägt, drängte im Vorfeld der Verhandlungen in diesem Bereich auf Zugeständnisse.

Der Europaabgeordnete Sergey Lagodinksy (Bündnis90/Die Grünen) sagte im BR-Interview: "Die Position des Parlaments ist klar. Wir wollen keine biometrische Massenüberwachung in Echtzeit an öffentlichen Plätzen."

Aus Diplomatenkreisen heißt es, dass beim Thema biometrische Überwachung im öffentlichen Raum ein Kompromiss möglich sei. So sei ein grundsätzliches Verbot von Echtzeit-Gesichtserkennung mit bestimmten Ausnahmen denkbar.

Verhandlungen unter Zeitdruck

Geplant war, dass mit der Sitzung am 6. Dezember die Verhandlungen über den AI Act abgeschlossen werden sollten. Die KI-Verordnung gilt weltweit als erster Versuch, die noch junge Technologie der Künstlichen Intelligenz gesetzlich zu regulieren. Sollten die Verhandlungen noch länger andauern, könnte eine Verabschiedung in dieser Legislaturperiode des Europaparlaments in Gefahr sein. Insider rechnen damit, dass bis spätestens Ende Januar eine Einigung erzielt werden müsse, damit das Gesetz noch vor der Wahl im Juni 2024 verabschiedet werden kann.

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