Whistleblowerin Haugen gründet Unternehmen
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Frances Haugen bei einer Rede vor EU-Parlamentariern im November 2021 (Archivbild)

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BR24 Drangeblieben: Whistleblowerin Haugen gründet Unternehmen

Vor etwas mehr als einem Jahr sorgte die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen weltweit für Schlagzeilen. Ihr zentraler Vorwurf: Facebook schade unserer Gesellschaft. Was macht Frances Haugen heute?

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Die Bilder vom Auftritt der heute 38-Jährigen vor US-Politikern gehen um die Welt. Erstmals berichtet eine ehemalige Facebook-Mitarbeiterin über interne Vorgänge beim kalifornischen Social Media Konzern.

Ich heiße Frances Haugen. Ich habe bei Facebook gearbeitet, weil ich anfangs dachte, das Unternehmen bringt das Beste in uns hervor. Heute sitze ich vor ihnen, weil ich überzeugt bin, dass Facebook gefährlich ist für unsere Kinder. Es sät Zwietracht und schwächt unsere Demokratie.

Ernüchterndes Fazit über Facebook

Als Frances Haugen am 5. Oktober vor dem US-Kongress aussagt, ist das zugleich auch der vorläufige Höhepunkt ihrer Enthüllungen über das soziale Netzwerk. Zwei Jahre lang arbeitet sie als Produktmanagerin in der Firmenzentrale in Menlo Park südlich von San Francisco. Ihre Abteilung soll sich um die Bekämpfung von Falschinformationen kümmern. Ihr Fazit über den Social Media Konzern fällt ernüchternd aus: "Das Top-Management weiß, wie es Facebook und Instagram sicherer machen kann." Es stelle aber seine astronomischen Gewinne über die Interessen der Menschen, so Haugen. Das Unternehmen verheimliche gezielt Informationen vor der Öffentlichkeit, der US-Regierung und Regierungen rund um die Welt, sagt sie.

Haugens Auftritt kommt an

Haugen und ihr Auftritt vor den US-Parlamentariern kommt an. Die 38-Jährige ist authentisch und überzeugend. Ihre Behauptungen untermauert sie mit tausenden Original-Dokumenten von Facebook. Was folgt, sind dutzende Einladungen aus aller Welt. Sie spricht vor EU-Politikern, trifft sich mit Abgeordneten in Berlin, Paris und London.

  • Artikel: Druck auf Tech-Konzerne: Wie geht es mit Facebook weiter?

Bekannte US-Journalistin zollt Haugen Respekt

Die bekannte US-Journalistin Cecilia Kang hat ein Buch über Facebook unter dem Titel “The Ugly Truth - Die schmutzige Wahrheit” geschrieben. Sie zollt Haugen großen Respekt: "Sie hat einen ungeschminkten Einblick in Arbeitsweise von Facebook gegeben." So etwas hätten Kongress und Öffentlichkeit in dieser Klarheit noch nie zuvor gehört, meint Kang. Außerdem habe sie ihre Aussage mit zehntausenden internen Unterlagen untermauern können.

Haugen gründet eigenes Unternehmen

Vor zwei Monaten hat Haugen eine gemeinnützige Organisation gegründet, die helfen soll, soziale Medien wie Facebook, Instagram, TikTok, Twitter und YouTube sicherer zu machen. Wichtigster Fokus: Der Schutz von Kindern und Jugendlichen. Ihr Unternehmen "Beyond the screen" auf deutsch "Jenseits des Bildschirms" plant eine Open Source Datenbank zu erstellen. In der soll dokumentiert werden, wie die Tech-Konzerne im Silicon Valley ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.

Was hat Facebook verbessert?

Trotz weltweiter Anerkennung für ihre Enthüllungen, getan habe sich bei Meta, wie der Facebook-Konzern heute heißt, offenbar wenig, sagt Haugen vor ein paar Wochen in Los Angeles:

Einige Dinge seien wirklich traurig, wie die Auflösung verschiedener Teile Teams, das die Integrität von Wahlen sichern soll. Es wird auch immer weniger Geld investiert, wie man Künstliche Intelligenz verantwortungsbewusst gestalten kann.

Mein Eindruck: sie haben nichts dazu gelernt.

Was sich in ihrem Leben verändert hat, seit sie mit ihren Enthüllungen an die Öffentlichkeit gegangen ist, wird sie kürzlich im TV-Sender Bloomberg gefragt. Ihre Antwort: "Ich kann jetzt nachts wieder schlafen."

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