Bereits fünfzig Besucher sollen sich bereit erklärt haben, mit Hakenkreuz-Binde zur Premiere von George Taboris Farce "Mein Kampf" am Freitag am Theater Konstanz zu erscheinen. Die Theaterleitung hatte für diesen Fall Freikarten in Aussicht gestellt, war über die rege Nachfrage nach eigener Aussage aber "überrascht". Angeblich sollte es bei der Marketing-Aktion darum gehen, die Manipulierbarkeit von Menschen zu zeigen. Daraufhin gingen Anzeigen empörter Bürger ein. Doch die zuständige Staatsanwaltschaft teilte nach kurzer Prüfung mit, das "Konzept sei von der Kunstfreiheit gedeckt". Daher werde kein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen des Stadttheaters eingeleitet. Auf der Internetseite des Theaters ist zu lesen:
Die Aufführung von Mein Kampf beginnt schon mit dem Kartenkauf. Sie können sich entscheiden: Mit dem regulären Erwerb einer Eintrittskarte in der Kategorie ihrer Wahl bieten wir Ihnen an, im Theatersaal einen Davidstern als Zeichen der Solidarität mit den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu tragen. Sie haben auch die Möglichkeit kostenlos ins Theater zu gehen: Für eine Freikarte erklären Sie sich bereit, im Theatersaal ein Hakenkreuz-Symbol zu tragen. Die Symbole erhalten Sie vor der Vorstellung am Einlass zum Zuschauerraum. Mit Verlassen des Zuschauerraums sind die Symbole abzugeben. - Erklärung des Theaters Konstanz
Auf Zwischenfälle vorbereitet
Für Wirbel sorgte auch das Datum der Premiere: Der 20. April wurde in der NS-Zeit als Hitlers Geburtstag gefeiert. Das Theater Konstanz möchte ungeachtet dessen auf keinen Fall "ein Treffpunkt für Nazis" werden. Man werde darauf achten, dass es bei den insgesamt 14 geplanten Vorstellungen jeweils nur eine Handvoll Menschen mit Freikarten eingelassen würden. Am Eingang werde streng kontrolliert und auch intensiv darauf geachtet, dass die Symbole nach der Veranstaltung wieder eingesammelt würden. Zudem seien Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, falls es zu Zwischenfällen kommen sollte. Zum Inhalt von George Taboris Farce schreibt das Theater:
Ein charakterloses talentfreies Muttersöhnchen, das an Verstopfung leidet, taucht in einem Wiener Männerasyl auf und hofft an der Kunstakademie angenommen zu werden. Sein Name ist Adolf Hitler. Gleichzeitig mitleidig und genervt nimmt sich Mitbewohner Schlomo Herzl seiner an, belehrt und schützt ihn. Dabei unbeabsichtigt nimmt Hitler, lernresistent und dennoch formbar, mehr und mehr tyrannische Gestalt an. Schräg, knallbunt und überhöht zeigt diese bitterkomische Theater-Karikatur, dass wir nicht von Ideologien befreit sind, die sich in einer Persönlichkeit konzentriert auch heute noch zu historischem Horror entwickeln können.
"Offensiv auf die Straße"
Regisseur Serdar Somuncu ist es wichtig, "die demokratische Verfassung in Schutz zu nehmen". Wörtlich sagte er auf einer Pressekonferenz:
Aber nicht dadurch, dass wir uns zum Opfer machen oder uns zurückziehen in Räume und kleine abgezirkelte Bereiche, in denen wir mit Gleichgesinnten Gleichgesinntes austauschen - sondern offensiv raus auf die Straße und zwar direkt ins Gesicht unserer politischen Gegner. - Serdar Somuncu, Regisseur