Wolken-Attrappen werden von ausfahrbaren Hebebühnen hoch gehalten
Bildrechte: Olaf Breuning

Olaf Breunings Kunstwerk: Clouds, 2008/2023

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"Solar Breath": Eres Stiftung zeigt Wind als "Atem der Sonne"

Der Wind hat einen enormen Einfluss auf unser Leben, auf Wetter, Klima und Erderwärmung. Das zeigt jetzt die Eres Stiftung mit ihrer bewährten Kombination von Kunst und naturwissenschaftlichem Wissen.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Wind pfeift, wütet, heult: Wir kennen viele Geräusche, die der Wind macht. In der Eres Stiftung in München aber ist jetzt sogar Musik zu hören, die vom Wind komponiert wurde. Genauer gesagt: Die zustande kommt, wenn die Wind- und Wetterdaten New Yorks in einer kleinen Drehorgel abgespielt werden.

Jeder Monat hat eigenes Windspiel

Sabine Adler von der Stiftung erklärt die Arbeit der New Yorker Künstlerin Sara Bouchard: "Sie hat sich von einer New Yorker Wetterstation die jeweiligen Daten der Windstärke und Temperatur geben lassen. Und sie hat das auf diesen Loch-Streifenkarten genau nach den Daten hier mit Löchern eingestanzt. Das kann man durch die Drehorgel laufen lassen – und dann hat man sozusagen einen Klang von der Wettersituation." Jeder Monat habe so sein eigenes Windspiel.

"Solar Breath" von Michael Snow

Die vielen Klänge, die durch die Ausstellung zu wehen scheinen, sind das erste, was man wahrnimmt. Jochen Gerz schreit in seiner Videoarbeit "Bis zur Erschöpfung" gegen den Wind an. Daraus spricht einerseits eine Verzweiflung, nicht gehört oder eben gerade gehört werden zu wollen, andererseits eine allgemeine existenzielle Einsamkeit und Ausweglosigkeit.

Viel ruhiger im Klang, in der Bedeutung aber vielleicht gar nicht so sehr anders, wirkt das fast meditative Video des kanadischen Künstlers Michael Snow, der eine Stunde lang einfach die wehenden Gardinen vor dem Fenster seiner Blockhütte in Kanada abfilmte.

Nach dieser Arbeit von Snow ist - so Sabine Adler - die aktuelle Ausstellung in der Eres Stiftung benannt. "'Solar Breath' bedeuet 'Atem der Sonne' und unser ganzes Windsystem ist nicht vorstellbar ohne die Sonne. Denn die Sonne schickt uns ja Wärme und Energie auf den Boden der Erde, dort erwärmt sich die Luft und steigt auf – und wenn wir nicht den Atem der Sonne hätten, hätten wir auch keinen Wind."

Naturwissenschaftliche Bildungsarbeit via Kunst

Wind und allgemeines Wetter, sind die Anknüpfungspunkte aller Werke. Wie immer geht es der ERES Stiftung dabei auch um naturwissenschaftliche Bildungsarbeit. Die tritt besonders deutlich hervor im Werk von Katrin Agnes Klar: Sie verknüpft Fotografien einer Spraydose und der herausströmenden Farbe im stürmischen Island mit exakten Messdaten zu Windstärke und Windrichtung.

Ein Film von Bigert & Bergström unterzieht daneben das umstrittene Geo-Engineering einer kritischen Bestandaufnahme: Bei der Vorbereitung der Ausstellung sei ihnen aufgefallen, so Adler, dass auch in der ganzen Klimafolgen-Forschung der Wind als Thema noch relativ wenig beachtet werde – dass er aber natürlich sehr zentral für globale Wetterphänomene sei. In letzter höre man jedoch häufiger, "dass gesagt wird: Die Jetstreams reißen ab und dadurch haben wir so schreckliche Starkregenereignisse, wie an der Ahr."

Hurrikan Sandy

Solche Ereignisse gibt es nicht nur in Deutschland. Der bekannte Filmkünstler Romuald Karmakar zeigt in seinem vierminütigen Video die Ankunft des Hurrikans Sandy an der US-amerikanischen Ostküste 2012 - mit einem einfachen, statischen Blick aus dem Fenster, der Angst macht – und nicht zu überhören ist.

Wenn man das Wetter über viele Jahre betrachtet, dann gebe es noch keinen Grund zur Panik, dass sich unser Klima dramatisch verändere, meint Adler. "Aber was ganz klar ist, wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir riesige Probleme bekommen. Und gerade wenn man beginnt, zu begreifen, wie alles mit allem verknüpft ist, in diesen globalen Windsystemen, dann wird man nachdenklich und aufmerksam."

Der Wind und wir

Die Ausstellung bewirkt genau das. Sie fängt aber auch das Unbeschwerte des Windes ein, etwa in den mediterranen Sonnenmarkisen von Daniel Buren, die beschwingt im "Westwind" der Ventilatoren wehen und sofort Urlaubsgefühle wecken.

Dass der Wind und wir auf untrennbare Weise miteinander verbunden sind, das zeigen besonders schön zwei poetische Werke der japanischen Künstlerin Leiko Ikemura. Ihre Windwesen sind halb Mensch, halb Geist – und dienen in Japan auch zur Beschreibung der Aura einer Person. Heißt: In jedem von uns weht ein Wind.

"Solar Breath. Wissen, woher der Wind weht" Bis 27. Januar 2024 in der Eres Stiftung.

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