Spielen sich selbst: Tom Schilling als Tom Schilling und Kida Khodr Ramadan als Kida Khodr Ramadan in weißen Bademänteln auf einer Bank in einem Hallenbad in "German Genius"
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Tom Schilling als Tom Schilling und Kida Khodr Ramadan als Kida Khodr Ramadan in "German Genius"

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Serie "German Genius": Die Macken des deutschen Filmbusiness

In dieser Serie spielen alle Darsteller sich selbst: "German Genius" ist erfrischend selbstironisch und nimmt die hiesige Film- und Fernsehlandschaft auf die Schippe – legt den Finger aber nie so richtig in die Wunde.

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Kida Khodr Ramadan kommt einfach nicht weiter. Die Hauptrolle der Serie "4 Blocks" hat ihn zwar berühmt gemacht. Beschert ihm aber vorrangig Angebote aus der Schublade "Geschichten über Migranten". Die seine Agentin ihm präsentiert: "Pass auf, das sind alle Anfragen für dich: 'Biker and Arabs' – Die Geschichte eines Aufsteigers. 'Hummus und Senf' – eine Heimatkomödie. Oder Arthouse, 'Der Geschmack von Rosenwasser'." Und es kommt noch schlimmer: "Alles Nebenrollen".

Die Serie ist die Serie

Für Kida ist klar: Er muss die Kontrolle übernehmen. Als Produzent seiner eigenen Serie. Da fällt ihm eine Idee in den Schoß: Der britische Comedy-Star Ricky Gervais lobt auf Twitter die Serie "4 Blocks". Kidas Idee: Er will die Rechte für eine deutsche Umsetzung der Gervais-Serie "Extras". Darin geht es – knapp zusammengefasst – um einen erfolglosen Komparsen, der zwischen den ganz großen Stars spielt. Der Plan von Kida Khodr Ramadan, diese Serie zu adaptieren, entwickelt sich aber bald zu einem gigantischen Chaos, denn – das lernen wir schnell – so richtig verlassen kann er sich auf niemanden im Filmgeschäft: Im Bermuda-Dreieck aus Finanzierungschwierigkeiten, Eitelkeiten und Ambitionen soll ja schon so manch gute Idee verschwunden sein. Soweit die Handlung.

In "German Genius" verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, weil viele der Bezüge echt sind: Den Tweet hatte Ricky Gervais wirklich abgesetzt – im Jahr 2018. In der Serie "German Genius" dreht Ramadan eine Serie namens: "German Genius". Und Detlev Buck spielt einen Marius Jürgens, der Detlev Buck verblüffend ähnlich sieht und Produzent und Autor der Serie ist – genau wie Detlev Buck von der echten Serie.

Selbstironie bis zur Schmerzgrenze

Dazu kommen derart viele Auftritte von Stars, die sich selbst spielen, dass es müßig wird, alle aufzählen zu wollen. Ein besonders brillanter: Tom Schilling, der als Regisseur erst das Budget verballert und dann zu einem anderen Film-Projekt hüpft. Einige Szenen triefen vor Selbstironie, etwa wenn Schilling blasiert verkündet: "Ich bin der beste Regisseur, den ich jemals hatte. Ich lass mich nicht mehr inszenieren."

Die Witze spielen mit unseren Erwartungen an erratische Künstlerpersönlichkeiten. Dass die Stars sich oft selbst darstellen und sich dabei ordentlich in die Pfanne hauen, ist das beste Marketing-Tool: Auch für Maria Furtwängler, eine der wenigen weiblichen Prominenten, die den klüngeligen Boys Club aufmischen darf. Kein Gerücht über Maria Furtwängler könnte so schlimm sein wie der Wutausbruch, den sie in dieser Serie spielt: "Keiner weiß, was es heißt, diesen Beruf auszuüben."

Viele Verweise auf das deutsche Filmbusiness

Wer sich jetzt freut – endlich ein Blick hinter die Filmkulissen! – der hat nicht ganz unrecht: Aus der Luft gegriffen wirkt kaum etwas, das geht bis hin zu dem Namen eines Autoren-Trios, das sich "Tomate" nennt – eine Zusammenstellung aus den Vornamen Thomas, Maximilian und Theodor. Eine Anlehnung an das tatsächlich sehr erfolgreiche Serien-Autoren-Trio, das sich Haribo nennt: Eine Mischung aus den Vornamen aus Hanno, Richard und Bob.

Ein Highlight auch der Auftritt von Ralf Husmann, dem Autor der Serie "Stromberg", die ebenso auf einer Serie von Ricky Gervais basiert – allerdings ohne vorherige Autorisierung. Man hatte sich dann zwar geeinigt, aber natürlich nicht ohne Seitenhieb von Ricky Gervais: "It's not like the Germans to just march in and take something that isn't theirs."

Serie bleibt auf reiner Witz-Ebene

Dass die Witze gegenüber der Handlung Vorrang haben, nimmt man hier eigentlich gern in Kauf. Allerdings kommt die "German Genius" zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Gerade Film- und Serieninteressierte verfolgen doch gerade gespannt, wer sich wie äußert zu den Bedingungen an Filmsets. In der Serie, die nichts anderes sein will, als ein Gag-Feuerwerk, wartet man vergeblich darauf, dass der Finger mal so richtig in die Wunde gelegt wird.

Dabei spielt auch Regisseur Volker Schlöndorff mit, der in einer aktuellen Umfrage des ZAPP Medien-Magazins zu Machtmissbrauch in der Filmindustrie die Aufregung als "völlig unangebracht" einschätzte. Die Serie – die da schon längst abgedreht war – hat natürlich keine Chance, darauf zu reagieren. So bleibt sie trotz aller smarter Referenzen zumindest eine kurzweilige Unterhaltung, die vor allem Film- und Serienfans gefallen dürfte. Nur der große Geniestreich ist sie nicht.

"German Genius" ist ab dem 23.05. bei Prime Video und bei Warner TV Comedy abrufbar.

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