Verschwinden Schauspieler bald hinter KI-Animationen? Szene aus: "Avatar: The Way of Water"
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Verschwinden Schauspieler bald hinter KI-Animationen? Szene aus: "Avatar: The Way of Water"

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So könnte Künstliche Intelligenz die Filmbranche verändern

Schon jetzt kann Künstliche Intelligenz Bilder und kurze Videoclips erstellen – dafür sind keine Special-Effects-Künstler mehr nötig. KI schreibt auch Dialoge und entwirft Ideen für neue Serien. Wie wird KI Hollywood verändern?

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Im neuen Indiana Jones Film ist Hauptdarsteller Harrison Ford in einigen Szenen deutlich jünger als jetzt. 35 Jahre, um genau zu sein. Wie ist es möglich, einen 80-jährigen Mann so viel jünger erscheinen zu lassen? "Sie haben Künstliche Intelligenz und die hat jeden Meter Film durchsucht, den Lucasfilm von mir hat", Harrison Ford erklärt im Interview mit Stephen Colbert. "Das ist also mein echtes Gesicht als Vorlage. Dann haben sie mir Punkte aufgemalt, ich habe meinen Text gesagt, das ist fantastisch!"

De-aging nennt man das Verändern des Alters in Hollywood. Es ist ein Beispiel, wie Künstliche Intelligenz schon jetzt eingesetzt wird. Der Vorteil: Die Programme, die auf maschinellem Lernen basieren, können einem Visual-Effects-Künstler viele Arbeitsschritte ersparen und der Filmproduktion viele Kosten. Firmen wie Metaphysik haben sich auf solche hyperrealistischen Nachbildungen von Prominenten und Schauspielern spezialisiert. Die KI-Werkzeuge der Firma Runway halfen bei den aufwändigen visuellen Effekten des Oscar-Gewinners "Everything, Everywhere All at Once".

Künstliche Bilder und neue Mitmach-Möglichkeiten

Doch nicht nur für bewegte Bilder wird KI eingesetzt. Sie kann auch beim Erstellen von Storyboards helfen, wenn festgelegt wird, wie eine Geschichte Einstellung für Einstellung umgesetzt werden soll. Oder als Brainstorming, um herauszufinden, wie visuelle Effekte aussehen könnten. Dies geschieht zum Beispiel gerade mit einem Filmprojekt namens "Calculated", einer Verfilmung einer Sci-Fi-Romanreihe. Die Filmemacher und die Buchautorin Nova McBee fragten dabei User des KI-Programms MidJourney an, bestimmte Szenen bildlich umzusetzen.

"Die Hauptperson des Films kann Zahlen und Formen vor ihrem Auge sehen, um dann zum Beispiel aus einer gefährlichen Situation herauszukommen", erklärt Marketingchef Daniel Cobb. "Wir haben Fans um Vorschläge gebeten, wie das aussehen kann. Ein User hat ChatGPT genutzt um Kalkulationen eines Kung Fu Kampfes zu erstellen, hat sie über eine Szene gelegt. Genauso hatte sich die Autorin das vorgestellt, es war unglaublich." Dutzende Fans würden gerade an Bildern für den Film arbeiten, erstellen, wie die Figuren aussehen, und würden dafür auch bezahlt werden, so Cobb.

Sorge um Jobs

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz sorgt in Hollywood aber auch für gemischte Gefühle. Einerseits kann KI Filme realistischer, aufregender, visuell ansprechender machen. Doch auf wessen Kosten? Visual-Effects-Künstler fragen sich, wie viele Jobs durch den Einsatz von KI wegfallen könnten. Und die Drehbuchautoren sind unter anderem wegen dieser Frage in den Streik getreten: "Wir haben die Befürchtung, dass KI eine Art Transkript produzieren wird und wir das dann einfach überarbeiten sollen. Das ist nicht akzeptabel", sagt zum Beispiel Drehbuchautorin Jonterri Gadson.

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Ein Teilnehmer der Writers Guild-Kundgebung am 17.05.2023 mit einem Mickey-Maus-Schild vor dem Studio der Walt Disney Company.

Die Angst der Autoren: KI könnte Drehbücher im Stil bestimmter Autoren produzieren, wenn sie mit alten Skripten gefüttert wird. Völlig unklar ist, wie dann die Rechtelage wäre, wer steht im Abspann des Filmes? ChatGPT oder ein Drehbuchautor, der die Vorlage geliefert hat? Die Studios haben dafür bislang keine Antworten geliefert, die die Writers Guild of America, die Gewerkschaft der Autoren in der Film- und Fernsehindustrie der Vereinigten Staaten, zufriedenstellt.

Noch ist die KI kein Ersatz für menschliche Kreativität

Daniel Cobb hat für seinen Film "Calculated" eine menschliche Autorin eingekauft: Anne Peacock, sie hat unter anderem am Drehbuch für “Die Chroniken von Narnia" mitgeschrieben. Er glaubt, dass bekannte Autoren nichts zu befürchten hätten: "Ihr Name ist wie eine Marketingmaschine, man kennt ihren Stil und vertraut dem und das mögen Investoren. Aber es wird sicher irgendwann beides geben, im Abspann wird auch ChatGPT stehen oder MidJourney, die wir alle gerade in der Entwicklung nutzen."

Wann der Film in die Kinos kommen wird, ist allerdings eine spannende Frage – denn durch den aktuellen Streik ist auch die Produktion von "Calculated" erst einmal lahmgelegt, das Skript ist noch nicht fertig.

Und Hollywood könnte noch mehr Streik drohen – auch die Schauspielergewerkschaft SAG AFTRA könnte ihre Mitglieder zum Streik aufrufen, wenn die anstehenden Verhandlungen schlecht laufen. Denn auch Schauspieler, die als Statisten oder für kleine Rollen gebucht werden, haben zunehmend die Sorge, langfristig von KI-generierten Versionen ersetzt zu werden.

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