Archivbild: Sixto Diaz Rodriguez bei einem Auftritt in Amsterdam
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Archivbild: Sixto Diaz Rodriguez bei einem Auftritt in Amsterdam

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"Searching for Sugar Man": Musiker Sixto Rodriguez gestorben

In seiner Heimat USA produzierte der aus Detroit stammende Musiker zwei Alben ohne großen Erfolg, doch in Südafrika wurden seine Songs unbemerkt Kult. Ein Rätsel, dem eine Kino-Doku auf der Spur war. Jetzt ist Rodriguez mit 81 Jahren gestorben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Es war eine großartige Irrfahrt", so Sixto Rodriguez über sein fürwahr bemerkenswertes Leben: "Wissen Sie, ich selbst habe mich in all den Jahren immer als Musiker gesehen, aber dann ist das tatsächlich in der Realität eingetreten."

So ist das also, ein Star zu sein, ohne davon zu wissen: Der amerikanische Rockmusiker Sixto Rodriguez machte 1970/71 zwei Studioalben, "Cold Fact" und "Coming From Reality", und hatte damit in seiner Heimat wenig Erfolg. Enttäuscht kehrte der Mann dem Musikgeschäft den Rücken und arbeitete als Sozialarbeiter, an einer Tankstelle und auf dem Bau - nichts ahnend, dass er weit entfernt von den USA, in Ländern wie Botswana, Australien, Neuseeland und vor allem Südafrika zum Kultstar geworden war.

In einer Zeit vor dem Internet waren solche Distanzen geografisch wie geschäftlich noch gewaltig, zumal die Plattenfirma von Rodriguez offenbar kein Interesse hatte, ihn über seinen Ruhm im Ausland zu informieren. Eine groteske Lebensgeschichte, die Gegenstand der oscarprämierten Kino-Doku "Searching for the Sugar Man" war (2012). Der Soundtrack kletterte immerhin auf Platz 76 der US-Charts.

Für die Branche wurde er "unsichtbar"

Der französische "Le Monde" bezeichnete die Karriere von Rodriguez mal als "bittersüß", was im Nachhinein sentimentaler klingt, als er es verdient hat. Der Musiker wurde 1942 in Detroit geboren und natürlich vom "Motown"-Sound beeinflusst. Auch die Schriftsteller der "Beat"-Generation beeindruckten ihn nach eigenen Worten, darunter Jack Kerouac, Charles Bukowski und New-Age-Guru Carlos Castaneda. Als Sohn mexikanischer Einwanderer jobbte Rodriguez zunächst in Kneipen und durfte 1967 eine erste Single aufnehmen, damals noch bei Impact Records. Es folgte das erwähnte Folk-Album "Cold Fact" und die zweite Platte mit dem Song "Sugar Man", der sein Spitzname werden sollte. Sein Produzent verglich ihn anfänglich mit keinem Geringerem als Bob Dylan, doch diese Vorschusslorbeeren halfen ihm wenig. Immerhin, im australischen Radio lief das Lied oft genug, dass das dortige Label "Blue Goose" eine Best-of-Platte mit Rodriguez' Arbeiten veröffentlichte. Er selbst bekam weder Tantiemen, noch überhaupt Wind von der Sache.

Rodriguez studierte zwischendurch Philosophie und bewarb sich mehrfach auf politische Jobs, darunter das Amt des Bürgermeisters von Detroit und des Senats des Bundesstaats Michigan. 1979 und 1981 gastierte er "down under" in Australien, nur um die Bühnenkarriere abermals aufzugeben. "Es ist die typische vom Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte", so Rodriguez in einem Interview mit dem britischen Guardian. Er war für die Branche zeitweise so "unsichtbar", dass Gerüchte im Umlauf waren, er sei einer Überdosis Drogen erlegen oder habe sich irgendwo auf einer Bühne selbst in Flammen gesetzt. Im damals wegen der rassistischen Apartheid-Politik abgeschotteten Südafrika, wo er als neuer Jimi Hendrix gefeiert wurde, gingen seine Fans jedenfalls davon aus, dass er längst gestorben war.

"Es war unglaublich"

Der schwedische Doku-Filmer Malik Bendjelloul erzählte, wie Rodriguez schließlich doch noch weltweit bekannt wurde: 1998 beschlossen südafrikanische Fans - Stephen "Sugar" Segeman und Craig Bartholomew Strydom - in den USA nach ihrem Idol zu suchen. Sie wurden in Detroit tatsächlich fündig, angeblich, weil eine Tochter von Rodriguez sich auf eine Suchanzeige im Netz gemeldet hatte. "Bei uns bist du größer als Elvis", soll Segerman bei der ersten Begegnung gesagt haben. "Wie viele andere Leute hier auch habe ich Rodriguez entdeckt, als ich in der Armee war, was früher jeder 18-Jährige tun musste", zitieren die "Detroit News" Segerman: "Er war auf allen Kassetten zu hören. Es ist großartige Popmusik. Aber man merkt, dass das roh und brutal ehrlich ist – und das ist der Nerv, den es berührt hat. Ich war in der Armee, aber ich wollte kein Soldat werden. Ich unterstützte die Apartheid nicht. Rohe, brutale Ehrlichkeit hatte für uns großen Reiz."

"Es war unglaublich", so Rodriguez zu seinem "Erweckungserlebnis": "Sie waren einfach so gut zu mir. Und die Geschichten, die ich gehört habe! Ein Soldat sagte: 'Wir liebten deine Musik, wir führten Krieg mit deiner Musik.' Eine andere Person ließ sich das Cover von 'Cold Fact' tätowieren. Es war wundervoll." Sechs ausverkaufte Konzerte in Südafrika starteten den erfolgreichen Lebensabschnitt von Rodriguez. Er ging auch international auf Tour, nach Schweden, Großbritannien und Holland, stand auch auf bekannten US-Festivals auf der Bühne, etwa in Coachella und im britischen Glastonbury.

Klar, dass es zu Rechtsstreitigkeiten über die Einnahmen aus den beiden US-Alben kam. Auf der offiziellen Website von Rodriguez war zu lesen, dass der Musiker am 8. August im Alter von 81 Jahren verstarb. Eine Todesursache wurde nicht angegeben, der Songwriter soll jedoch schon länger krank gewesen sein.

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