Ein älterer Mann mit Augenklappe und eine dunkelhäutige Frau umarmen sich
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Schriftsteller Salman Rushdie erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche.

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Salman Rushdie: Meinungsfreiheit bedingungslos verteidigen

Schriftsteller Salman Rushdie erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In seiner Laudatio fordert er, konsequent schlechte Rede mit besserer Rede zu kontern – und auf Hass mit Liebe zu antworten.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie hat dazu aufgerufen, die Meinungsfreiheit bedingungslos zu verteidigen. "Wir leben in einer Zeit, von der ich nicht geglaubt habe, sie erleben zu müssen", sagte der 76-Jährige am Sonntag in seiner Dankesrede für die Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche: "eine Zeit, in der die Freiheit – insbesondere die Meinungsfreiheit, ohne die es die Welt der Bücher nicht gäbe – auf allen Seiten von reaktionären, autoritären, populistischen, demagogischen, halbgebildeten, narzisstischen und achtlosen Stimmen angegriffen wird".

Was tun, um die Meinungsfreiheit zu verteidigen?

Was aber könne man tun, um die Meinungsfreiheit zu verteidigen, fragte Rushdie rhetorisch: "Wir sollten weiterhin und mit frischem Elan machen, was wir schon immer tun mussten: schlechte Rede mit besserer Rede kontern, falschen Narrativen bessere entgegensetzen, auf Hass mit Liebe antworten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich die Wahrheit selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen kann." Die Meinungsfreiheit müsse übrigens auch verteidigt werden, "wenn sie uns beleidigt, da wir die Meinungsfreiheit sonst überhaupt nicht verteidigen würden".

Laudatio von Daniel Kehlmann

Für Schriftsteller Daniel Kehlmann ist Salman Rushdie "der vielleicht wichtigste Verteidiger der Freiheit von Kunst und Rede in unserer Zeit". Kehlmann hielt am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche die Laudatio auf den britisch-indischen Schriftsteller, der mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde.

Rushdie sei nicht nur unbestritten ein großer Erzähler, sagte Kehlmann, sondern auch "ein weiser, neugieriger, heiterer und gütiger Mensch und somit der würdigste Träger, den es für diese Auszeichnung überhaupt hätte geben können." Die 1989 gegen ihn verhängte Fatwa habe ihn nicht zerstören können. "Wie souverän Salman Rushdie mit einer Lage umging, die andere Menschen seelisch erdrückt hätte, das verschlägt einem schon den Atem."

"Leidenschaftlicher Verfechter der Freiheit"

Rushdie bekommt den Preis in der Frankfurter Paulskirche. Mit ihm erhalte einer der "leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels", so die Jury in ihrer Erklärung. Seit einer Messerattacke im August 2022 bei einer Veranstaltung in den USA ist der Autor auf dem rechten Auge blind. Aktuell arbeitet er an einem Buch über die Geschehnisse. In dem Interview kündigte er an, dass er das Buch in der ersten Person geschrieben habe, angesichts dessen, was ihm passiert sei. "Es wird kurz und sehr intensiv sein."

"Die Welt der Bücher ist keine sterbende Branche"

Auf die Frage, ob er Angst habe, sagte der 76-Jährige: "Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Es ist alles in Ordnung. Ich bin mir sicher, dass jeder sehr vorsichtig sein wird. Ich habe im Vorfeld der Veranstaltung viele Gespräche mit den Verantwortlichen darüber geführt. Es wird alles gut organisiert sein." Es werde sein dritter Besuch auf der Frankfurter Buchmesse sein. "Ich war immer gern dort; es stimmte mich jedes Mal optimistisch, die Welt der Bücher in einem so guten Zustand zu sehen. Das ist keine sterbende Branche, sie floriert."

Leben unter Polizeischutz in Verstecken

Rushdie, 1947 als Sohn muslimischer Eltern geboren, ist ein unbeugsamer Verfechter der Meinungsfreiheit. 1989 verurteilte ihn der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini mit einem islamischen Richtspruch (Fatwa) zum Tode. Jahrzehntelang lebte Rushdie unter Polizeischutz in Verstecken.

Traditionsreiche Veranstaltung

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels würdigt seit 1950 Persönlichkeiten, die mit ihrer literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Arbeit als Friedensstifter wirken. Er ist eine der bedeutendsten Auszeichnungen in Deutschland und ist mit 25.000 Euro dotiert. Die Verleihung findet traditionsgemäß im Rahmen der Frankfurter Buchmesse statt, und zwar in der Paulskirche, wo 1848 die erste deutsche Nationalversammlung tagte.

"Shalimar der Narr" im Hörbuch-Podcast des Bayerischen Rundfunk

Zu Ehren Salman Rushdies, diesjähriger Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, liest Gert Heidenreich im Hörbuch-Podcast von Bayern 2 Auszüge aus "Shalimar der Narr", einem schillernden Epos zwischen Kaschmir und Kalifornien. Den Podcast finden Sie hier.

(Mit Material von dpa und KNA)

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