Margit Saad im Jahr 2002
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Margit Saad im Jahr 2002

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Die Schauspielerin und Regisseurin Margit Saad ist tot

Sie war ein Star des deutschen Nachkriegskinos und machte sich später auch als Regisseurin einen Namen. Nun ist Margit Saad, Witwe des Opernregisseurs Jean-Pierre Ponnelle, im Alter von 94 Jahren in München verstorben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Vor knapp zwanzig Jahren war Margit Saad zu Gast bei "Eins zu Eins", dem Talkformat von Bayern 2. Aber nicht ohne sich vorher abzusichern. Erstmal wollte die Regisseurin den Mann kennenlernen, der ihr Fragen stellen würde. Also besuchte Moderator Norbert Joa sie zu Hause, in ihrer direkt am Englischen Garten gelegenen Schwabinger Wohnung. "Ich schaue gerne Menschen in die Augen, mit denen ich etwas zu tun habe", so Saad. Und weil ihr gefiel, was sie sah, saß sie zwei Tage später im Studio und plauderte über ihr Leben.

Margit Saad – ein Star des Nachkriegskinos

Margit Saad war eine Frau, die sehr genau wusste, was sie wollte. Das zeigt nicht nur diese kleine Anekdote. Ihre Mutter dürfte dabei keine geringe Rolle gespielt haben: eine "sehr emanzipierte Frau", wie Margit Saad selbst sagte. Eine Lehrerin und dann auch noch alleinerziehend – in den 30ern alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Der libanesische Vater verließ die Familie, als Margit fünf Jahre alt war.

Ihre Jugend verbrachte sie in einem katholischen Mädchenheim, weitgehend geschützt vor der ideologischen Vereinnahmung durch die Nazis. Später zog sie nach München. An der renommierten Falckenberg-Schule studierte sie Schauspiel – arbeitete nebenbei als Model und wurde in den 50er- und 60er-Jahren zu einem bekannten Gesicht des deutschen Nachkriegskinos. Und das an der Seite von Stars wie Johannes Heesters, O.W. Fischer oder Harald Juhnke.

Einziger Wermutstropfen: Sie blieb festgelegt auf die Rolle der verführerischen Schönheit, etwa in Unterhaltungsfilmen wie "Der Zigeunerbaron", "Drei Mädels vom Rhein" oder "Whisky, Wodka, Wienerin". Sie habe das damals schlimm gefunden, sagte Saad rückblickend. "Schließlich wurde ich auf etwas reduziert." Und diesem 'reduzierten' Rollenprofil entsprechend war ihre Kinozeit auch recht schnell vorbei. In den Siebzigern endete ihre Filmkarriere. Da war sie gerade mal 40 – und sattelte kurzentschlossen um.

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Margit Saad zusammen mit Peter Kraus im Film "Melodie und Rhythmus" (1959)

Später führte Saad auch Regie

Nach einem Regie-Volontariat beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart drehte sie Dokumentationen, Magazinbeiträge und Porträts, später auch Fernsehfilme. Ob sie ihrem Mann nacheifern wolle, wurde sie damals oft gefragt – von 1957 bis zu seinem Tod im Jahr 1988 war sie mit dem berühmten Opernregisseur Jean-Pierre Ponnelle verheiratet. Saad hat das entschieden verneint. Im Gegenteil: Sie habe wahnsinnig gerne mit ihrem Mann zusammengearbeitet. Von Konkurrenz sei da keine Spur gewesen. "Ich habe es geliebt, dass er so wunderbar war." Auch wenn das Leben an seiner Seite nicht immer leicht gewesen sei. "Mit bürgerlichen Maßstäben konnte man Ponnelle nicht kommen", erinnerte sich Saad. Und das habe sie akzeptiert.

Als Regisseurin war Margit Saad eher anspruchsvollen Stoffen verpflichtet. Gleich ihr erster Fernsehfilm war eine Literaturverfilmung: "Abenteuer aus dem Englischen Garten" nach Marieluise Fleißer. Später folgte etwa "Die Geschichte vom guten alten Herrn und dem schönen Mädchen" nach einer Erzählung von Italo Svevo und prominent besetzt mit Peter Pasetti, Leslie Malton und Klaus Schwarzkopf. Ein Widerspruch zu ihren Rollen im Unterhaltungsfilm der 50er sei das nicht gewesen. "Das war der Anspruch, den ich sowieso immer mit mir herumgetragen habe", erklärte Margit Saad schnoddrig. "Nur wenn Sie immer Schnulzen angeboten bekommen, dann kann das natürlich nicht zur Geltung kommen."

"So gut wie Fellini"

Margit Saad hat sich davon nicht abschrecken lassen. Sie hat selbst dafür gesorgt, dass ihr Anspruch zur Geltung kam. Kaum zu glauben, dass aus ihrem Mund auch der Satz stammte: "Es gibt nichts, was ich nicht mit Angst beginne." So sei es ihr vor allem als Regisseurin gegangen, erklärte sie im BR. Bei jedem neuen Film habe sie das Gefühl gehabt, nichts zu können, ganz von vorne anfangen zu müssen. Gerettet hätte sie erst die Lektüre von Interviews mit Federico Fellini, in denen der berühmte italienische Regisseur dieselben Gefühle beschrieben habe. "Und da dachte ich: Ich bin so gut wie Fellini!", sagte Margit Saad und lachte. Selbstbewusst und selbstironisch.

Wie der BR aus dem Familienkreis erfahren hat, ist Margit Saad am Montag im Alter von 94 Jahren in München verstorben. Sie hinterlässt ihren Sohn, den Dirigenten und Komponisten Pierre-Dominique Ponnelle.

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