Verschwommenes Porträt einer jungen Frau:  Enkhjargal Erkhembayar
Bildrechte: Hanne Kaunicnik

Die Jazzmusikerin und Wahlmünchnerin Enji, mit bürgerlichem Namen Enkhjargal Erkhembayar.

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Jazzalbum des Monats: "Ulaan" von Enji

Mit ihrer schmiegsamen Stimme vermittelt sie eine Art musikalische Unschuld: Enji. "Ulaan" ist das dritte Studioalbum der mongolischen Wahlmünchnerin, ein wahres Wunderwerk an erlesenen Harmonien und luftigen Klangschichtungen.

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Für ihren dritten Longplayer hat Enji, die mongolische Vokalistin und Wahlmünchnerin, ein exzellentes Team um sich geschart: Ihr Landsmann Tsolmonbayar Munguntovch, genannt Tovchoo hat wie Enji am Staatlichen Konservatorium in Ulan Bator die vom Münchner Bassisten Martin Zenker aufgebaute Ausbildung für Jazz absolviert. Er sorgt mit tiefen Tönen für das klangliche Fundament. An der Gitarre ist Paul Brändle zu hören, der sich durch extrem reduziertes, durchdachtes Spiel in der Münchner Jazzband Fazer einen Namen gemacht hat. Mit dabei sind auch zwei Brasilianerinnen: Maria Portugal am Schlagzeug, die seit Jahren in Berlin lebt, sowie die Klarinettistin Joana Queiroz. Eine in mehrfacher Hinsicht bunte Mannschaft tritt hier also an, um Enjis spoken word performances und federleichten Gesänge zu begleiten.

Berückender Gesang und Straßenlärm

Schon die vorhergehenden Alben von Enji zeichneten sich durch einen eigenwilligen Sound aus, eine individuelle Klang- und Produktionsästhetik, die kaum Wert legt auf Althergebrachtes. So sang Enji auf ihrem letzten Album, das ebenfalls beim Münchner Label squama recordings erschien, ein Stück a capella ein, das Fenster war offen, Verkehrslärm mischte sich mit dem berückenden Gesang. Das hatte etwas unaufgeregt Radikales, da war jemandem die Unverwechselbarkeit des Moments wichtig, tontechnische Ideale waren zweitrangig. Tatsächlich gelang es der Künstlerin, eine bestimmte Art musikalischer Unschuld zu vermitteln. Auf diesen Weg begibt sich Enji auch wieder auf ihrem dritten Album.

Innehalten, Nachdenken, Schneeflocken sinken sehen

Es sind kostbare Momente, die in dieser beschwingten, freundlichen Musik eingefangen und ausgestellt werden, leise beschwört Enji Szenen in einer Sprache, die man nicht versteht. Und doch ahnt man, worum es dieser Künstlerin geht: Innehalten, Nachdenken, Schneeflocken sinken sehen, einen Schmetterling verfolgen, wie er gaukelnd durch die Luft segelt und sich darüber freuen.

Kein Wunder, dass Enjis Klangkunst und ihre Improvisationen bereits im Ausland wahrgenommen wurden und hochgeschätzt sind. Der britische Guardian feiert die Vokalistin, auch weil sie auf Obertongesang verzichtet, der in der Region, aus der sie stammt, weitverbreitet ist. Stattdessen stelle sie die Schmiegsamkeit ihrer Stimme unter Beweis, schreibt der Kollege des Blattes aus Manchester. Recht hat er. Enjis Musik ist ein Wunderwerk, das durch erlesene Harmonien und luftige Klangschichtungen fasziniert. Man möchte sich am liebsten einrichten in dem verführerischen Sounddesign.

Glücksfall von einem Jazzartefakt - "Ulaan" heißt das dritte, wohlkomponierte Studioalbum der mongolischen Wahlmünchnerin Enji. Ulaan, sagt die Künstlerin, sei ihr Spitzname in der Familie gewesen, so hätten sie ihre Eltern gerufen.

"Ulaan" von Enji ist beim kleinen, feinen Label Squamarecordings in München erschienen.

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