Ein alleinerziehender Paketzusteller, der es trotz aller Schwierigkeiten schafft, sich selbst treu zu bleiben. Diese Geschichte des niemals müden Zulieferers Volker aus Regensburg, mit Bjarne Mädel in der Hauptrolle, hat offensichtlich auch die Jury des diesjährigen Grimme-Preises bewegt. Der Film „Geliefert“, eine Co-Produktion von BR und arte, bekommt den begehrten Preis in der Kategorie Fiktion.
Regisseur und Drehbuchautor Jan Fehse sei "ein realistischer Blick auf das moderne Prekariat gelungen, in dem auch die Pandemie anklinge“, begründete die Jury ihre Entscheidung: "Mit dem alleinerziehenden Vater, der an sich zweifelt, der schuftet und dem es doch nicht gelingt, sich und seinem Sohn ein finanziell abgesichertes Leben zu ermöglichen, zeigt der Film uns immer auf Augenhöhe mit seinem Protagonisten, wie die Arbeits- und Lebenswelt vieler Menschen in Deutschland aussieht." Fehse erzähle dabei realistisch und glaubwürdig von Figurenkonstellationen und Familienkonflikten, die nicht alltäglich im Fernsehen zu sehen sind. Daran habe auch der Hauptdarsteller Bjarne Mädel durch sein facettenreiches Schauspiel einen großen Anteil. Die Zuschauer würden dabei unmittelbar ins Geschehen hineingezogen: „Wir sind diejenigen, die bestellen, die die Arbeitsbedingungen der Paketzustellenden hinnehmen und nicht hinterfragen.“
"Berührende, aber keine rührseligen Bilder"
Der Film wurde vergangenes Jahr erstmals im Rahmen des FilmMittwoch im Ersten gezeigt. Die nächste Ausstrahlung von "Geliefert" ist für Herbst 2022 im BR Fernsehen geplant: "‘Geliefert‘ erzählt von den Mechanismen der Paketzusteller-Branche in unserer Gesellschaft. Der Film findet dafür berührende, aber keine rührseligen Bilder, er zeichnet eine komplexe Lage, ohne zu moralisieren und überzeugt mit einem Gespür für leise Töne und feinem Optimismus", sagt Bettina Ricklefs, BR-Programmbereichsleiterin Spiel-Film-Serie. "Wir freuen uns über die Auszeichnung des Grimme-Instituts und gratulieren Regisseur und Autor Jan Fehse, Hauptdarsteller Bjarne Mädel und allen weiteren Beteiligten auf das Herzlichste!"
BR war fünf Mal nominiert
Neben "Geliefert" waren vier weitere BR-Produktionen nominiert: Dominik Grafs Polizeiruf 110 "Bis Mitternacht", für den Schnitt der Filmeditorin Claudia Wolscht. In der Kategorie Information und Kultur die vierteilige Doku-Serie "Die Sache mit den Juden", über Ressentiments gegen Juden in Deutschland. Sowie der Dokumentarfilm "Wirecard – Die Milliarden-Lüge" über einen der größten Finanzskandale aller Zeiten. Und in der Kategorie Kinder und Jugend/Spezial die Produktion "Die Frage".
Insgesamt wurden am Dienstag die Preisträger für 16 Produktionen und Medienschaffende des bekannt gegeben. Den Preis für die Besondere Journalistische Leistung erhält Katrin Eigendorf (ZDF) für ihre "exzellenten Reportagen über die Lage der Frauen und Mädchen in Afghanistan". Auch die Produktion des Hessischen Rundfunks "Hanau- Eine Nacht und ihre Folgen" wurde ausgezeichnet, sie beleuchtet den rassistisch motivierten Anschlag vom 19. Februar 2020. "Angesichts tiefgreifender gesellschaftlicher wie globaler Veränderungsprozesse, erschütternder Krisen und einer zunehmend digitalisierten Öffentlichkeit steigen die Anforderungen an ein qualitativ hochwertiges Fernsehprogramm", sagte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach. Darüber hinaus gelte es, heterogene Zielgruppen zu erreichen.
Besondere Ehrung für Anke Engelke
Besonders geehrt wird diesmal die Entertainerin Anke Engelke: Mit ihrer innovativen Kreativität und geistreichen Wandlungsfähigkeit habe sich die Komikerin und Moderatorin in vorbildlicher Weise um das Medium Fernsehen verdient gemacht, ohne auf spezifische Genres oder Zielgruppen begrenzt zu sein, teilte das Grimme-Institut mit.
Der 1964 erstmals verliehene Grimme-Preis gilt als einer der wichtigsten deutschen Fernsehpreise. Zu den Preisträgern der vergangenen Jahre gehören unter anderen Moderator Jan Böhmermann, Regisseur Dominik Graf und Schauspielerin Hannelore Elsner. Die Auszeichnung soll Produktionen ehren, "welche die spezifischen Möglichkeiten des Mediums Fernsehen auf hervorragende Weise nutzen, weiterentwickeln und nach Form und Inhalt Vorbild für die Fernsehpraxis in der digitalen Welt sein können".
Die Verleihung der Grimme-Preise ist für Freitag, 26. August, im Theater der Stadt Marl geplant.
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