Ein Kind schreibt einen Wunschzettel ans Christkind.
Bildrechte: BR/Andrea Kammhuber

Ist es richtig, den Kindern zu erzählen, dass Christkind oder Weihnachtsmann die Geschenke an Heiligabend bringen?

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Sollen wir den Kindern vom Christkind erzählen?

Kinder glauben daran, dass das Christkind oder der Weihnachtsmann an Heiligabend die Geschenke bringt. Doch ist es richtig, seine Kinder anzuflunkern? Erziehungsexperten finden: Der Glaube daran könnte sogar die Persönlichkeitsentwicklung fördern.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

David Alt läuft mit seiner Mutter über einen Weihnachtsmarkt in München. Der Junge hat sich schon Gedanken gemacht, woher die Geschenke an Heiligabend kommen. "Ich hab da verschiedene Meinungen, an den Weihnachtsmann glaub ich jetzt eher nicht mehr, ich bin ja auch schon elfeinhalb." Seine Mutter Margit meint: "Bei uns war es jetzt eher das Christkindl und nicht der Weihnachtsmann."

Die kleine Freya glaubt dagegen schon an den Weihnachtsmann und weiß auch, wie er aussieht: Er hat eine rote Mütze mit einem goldenen Bommel und reist mit einem Rentierschlitten an, mitten in der Nacht, wenn alle schlafen. Die dreijährige Nika hat eine andere Theorie, wo die Geschenke herkommen. Hat sie das Christkind schon mal gesehen? "Nein, bei uns war das Christkind schonmal und dann hing da eine Lichterkette, die war an und auf dem kleinen Sofa waren dann Geschenke und die hab ich dann ausgepackt. Vom Christkind."

Glaube an Christkind fördert Persönlichkeitsentwicklung

Der Kindheitsglaube an das Christkind oder den Weihnachtsmann, die die Geschenke bringen, löst sich irgendwann auf. Wie damit umgehen? Experten sagen, der Glaube an Christkind und Weihnachtsmann könnte die Persönlichkeitsentwicklung und die soziale Kompetenz fördern. Laut einer kanadischen Umfrage kommen Kindern zwischen dem vierten und siebten Lebensjahr erste Zweifel.

Wenn sie dann die Wahrheit herausfinden, sei dieser Moment ein wichtiges Übergangsritual im kindlichen Entwicklungsprozess. Die Wertungen in Gutes und Schlechtes, etwa beim Nikolaus, unterstütze Kinder dabei, moralische Entscheidungen zu treffen. Das führe beispielsweise dazu, dass Kinder in ihre Wunschzettel auch Schwache, Kranke und Benachteiligte mit einbezögen, sodass für sie an Weihnachten nicht nur der Konsum im Mittelpunkt stehe.

Kinder leben in einer Welt aus Magie und Realität

Autor und Familienberater Jan-Uwe Rogge sagt: "Kinder leben zwischen drei und sieben Jahren in einer Mischung aus Magie und Realität, also das, was man früher mal Märchenalter genannt hat. Deshalb fahren Kinder auch auf solche Figuren wie das Christkind oder den Weihnachtsmann ab."

Kinder wollen dran glauben – und Eltern können sich ohne Sorge darauf einlassen. Das sagt zumindest Familienberater Rogge. "Ich würde nicht die Knute im Kopf haben: Ich darf mein Kind nicht anlügen. Solche hypermoralischen Momente verderben den Zauber auch vor Weihnachten." Zumal die Eltern ja auch selbst etwas davon hätten: "Das Schöne ist ja an der Vorweihnachtszeit, dass du als Mutter, als Vater auch ein Stück weit wieder dein inneres Kind spürst. Also jenes Kind, das die Vorweihnachtszeit auch erlebt hat und wunderbare Momente damit verknüpft", sagt Jan-Uwe Rogge.

Fantasie unterscheidet sich von einer "Lüge"

So denken auch viele Eltern auf den Münchner Christkindlmärkten: "Fürs Gemüt der Kinder und für ihre Seele fände ich's wichtig, dass sie solche Dinge glauben können und dürfen." Aber: "Je weniger das Christliche noch gelebt wird, umso schwieriger wird's wohl werden, die Geschenke aus dem Konsumthema rauszunehmen." Manche Eltern sagen auch, eine Fantasie sei nicht unbedingt eine "Lüge", weil sie das Leben interessant und spannend mache. Und: "Weil Traditionen und Rituale den Kindern total viel Sicherheit geben."

Besonders religiös muss man fürs Christkindl oder den Weihnachtsmann auch gar nicht sein, findet Familienberater Rogge: "Es steht für Spiritualität in dem Sinne, dass es noch etwas gibt, was jenseits von Zeit und Raum ist. Und dieses Prinzip von Hoffnung, das lebt in dieser Figur." Glaubt man einer Studie von 2002, fangen Kinder im Schnitt ab vier Jahren an, am Weihnachtsmann zu zweifeln – und verlieren den Glauben dann mit sieben Jahren.

Kinder lernen Umgang mit Enttäuschungen

"Woher kommen die Geschenke?" - wenn ein Kind das fragt, kann es auch mal Enttäuschungen geben. Doch es bietet eine gute Möglichkeit für die Kinder, den Umgang damit zu lernen. Und eine weitere kanadische Studie hat außerdem herausgefunden, dass sich nur etwa zwei bis sechs Prozent der Kinder von den Eltern betrogen fühlen, nachdem sie herausgefunden haben, dass es Christkind und Weihnachtsmann gar nicht gibt.

Dieser Artikel ist erstmals am 16. Dezember 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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