Szene aus "Robot Dreams" von Pablo Berger
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Außergewöhnliches Buddy Movie: "Robot Dreams" von Pablo Berger

100 Filmminuten ohne Dialoge: "Robot Dreams", Oscar-nominiert und ausgezeichnet mit dem Europäischen Filmpreis, ist ein Animationsfilm mit Seltenheitswert. Eine Reflexion über Freundschaft und Verlust, die so zauberhaft wie tiefschürfend ist.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Träumen Roboter von elektrischen Schafen? Oder doch eher von freundlich lächelnden und Chips-abhängigen Hunden? Im Oscar-nominierten Animationsfilm "Robot Dreams" ist Letzteres der Fall. Bevor der titelgebende Roboter dieses außergewöhnlichen Buddy Movies jedoch zu träumen beginnt, muss er sein Unterbewusstsein mit Erinnerungen füllen. Dass diese ausschließlich positiv sind, dafür sorgt sein bester und einziger Freund: ein schlappohriger Hund, mit dem er sich Anfang der 1980er-Jahre ein kleines Apartment im New Yorker East Village teilt.

Eine Tierwelt à la Disney? Ja und nein

Robo und Hund – so die Namen der beiden Hauptfiguren – sind kein ungewöhnliches Paar. Denn in der Welt von "Robot Dreams" gibt es keine Menschen. Die Straßen von Manhattan sind bevölkert von seltsamen Vögeln und bunten Hunden, die wie alle Vierbeiner aufrecht gehen. Partylöwen mit Bee-Gees-Mähne und Miami-Vice-Anzug tigern durch die Stadt, an der Wall Street arbeiten Wölfe und ziemlich sicher auch Börsenhaie. So weit, so Disney.

Keine Dialoge, dafür umso mehr Emotionen

Was die spanisch-französische Independent-Produktion von den animierten US-Blockbustern unterscheidet: Statt auf dreidimensionale Computeranimation setzt "Robot Dreams" auf simple 2D-Animation, die an klassischen Zeichentrick erinnert. Und: Es gibt keine Dialoge. 100 Minuten lang wird die zunehmend emotionaler werdende Handlung durch Mimik, Geräusche und einen laufend variierten Klassiker von "Earth, Wind and Fire" vorangetrieben.

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Eine von zahlreichen Filmreferenzen: Robo und Hund blicken wie einst Woody Allen und Diane Keaton in "Manhattan" auf die Queensboro Bridge

"September" ist der Song, der wie kein anderer für die Freundschaft von Hund und Robo steht. Zu ihm tanzen sie im sich langsam herbstlich färbenden Central Park auf Rollschuhen, essen Hot Dogs am Bethesda Fountain, gehen zum Tauchen an der Atlantikküste von Coney Island.

Tragische Zäsur am Strand von Coney Island

Der Besuch des Vergnügungsparks von Coney Island markiert nach nur 20 Minuten die tragische Zäsur der Geschichte: Das Salzwasser legt Robos Betriebssystem lahm, er kann sich nicht mehr bewegen. Hund muss ihn zurücklassen, will ihn tags darauf reparieren. Als er auf die Promenade zurückkehrt, ist der Zugang zum Strand verriegelt und das Betreten bis zum Beginn der nächsten Sommersaison verboten. Beamte und Behörden verhindern seine Rettungsversuche, und Hund ist gezwungen, seinen bereits Rost ansetzenden Freund monatelang allein zu lassen. Dem bleibt nichts anderes übrig, als von ihrer Wiedervereinigung zu träumen.

Im Video: Offizieller Trailer zu "Robot Dreams"

Hommage an New York

Was macht die Einsamkeit des Großstadt-Dschungels mit seinen Bewohnern? Was unterscheidet echte Verbundenheit von oberflächlichen Bekanntschaften? Und wie reagieren wir, wenn enge Beziehungen auseinander gehen? Der spanische Regisseur Pablo Berger hat selbst zehn Jahre in New York gewohnt und dort in den 1990er-Jahren Film studiert. "Robot Dreams" ist eine Hommage an diese Metropole, die so schön wie unbarmherzig sein kann, die so viel geben wie nehmen kann.

Adaptiert von einer Graphic Novel gleichen Namens und in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Autorin Sara Varon um viele Details und Popkultur-Referenzen bereichert, ist "Robot Dreams" aber vor allem eins: eine melancholische und niemals kitschige Geschichte über das Verarbeiten und Akzeptieren von Verlusten, deren Ende ebenso herzzerreißend wie perfekt ist.

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