Trauerfeier für Wolfgang Schäuble in Offenburg
Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa/Pool | Philipp von Ditfurth

Soldaten begleiten nach dem Gottesdienst bei der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble den Sarg auf dem Weg zum Friedhof.

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"Was für eine Lebensleistung": Trauerfeier für Wolfgang Schäuble

Mit einer Trauerfeier haben die Familie, politische Weggefährten und Bürger in seiner Heimatstadt Offenburg Abschied vom früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble genommen. Er war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren gestorben.

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Respekt, Bewunderung und viele Emotionen - bei einer Trauerfeier haben Spitzenpolitiker und Angehörige bewegt Abschied vom verstorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble genommen. "Was für eine Lebensleistung. Was für ein politisches Leben", sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz am Freitag vor mehreren Hundert Gästen in der evangelischen Stadtkirche in Schäubles Heimatstadt Offenburg.

Langjährigstes Mitglied des Bundestags

Schäuble war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren nach langer, schwerer Krankheit gestorben. Der Badener hatte wichtige politische Ämter inne: Er war Minister, CDU-Chef, Fraktionsvorsitzender und Präsident des Deutschen Bundestages. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er.

In Nachrufen stellten Politiker und Schäubles Tochter Christine Strobl das jahrzehntelange Wirken des Verstorbenen heraus, würdigten seine Verdienste unter anderem um die deutsche Wiedervereinigung.

Landesbischöfin: "bodenständiger Schwarzwälder" und "weitsichtiger Europäer"

Die Ansprache in der Trauerfeier hielt die badische Landesbischöfin Heike Springhart. Sie nannte Schäuble einen "bodenständigen Schwarzwälder" und "weitsichtigen Europäer". Mit Blick auf das Attentat auf ihn im Jahr 1990, nach dem Schäuble auf den Rollstuhl angewiesen war, sagte sie, "er hat sich selbst und uns allen gezeigt, was möglich ist und welche Kraft im verletzlichen Leben liegt". Schäuble habe aus einer Kraft gelebt, "die größer war als er selbst", sagte sie mit Blick auf seinen Glauben.

Winfried Kretschmann: "Er dachte die Dinge durch und dachte sie vom Ende her."

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) würdigte den Verstorbenen als Gestalter Europas, leidenschaftlichen Demokraten und großen Sohn des Landes. "Mit Wolfgang Schäuble verliert unser Land eine ganz große politische Persönlichkeit", sagte Kretschmann. "Er dachte die Dinge durch und dachte sie vom Ende her." Schäuble habe auch hart sein können, gleichzeitig aber Kompromisse gemacht, die er als eine wichtige Tugend der Demokratie und nicht als Schwäche angesehen habe, sagte Kretschmann.

Christine Strobl: "Papa, du warst ein Gesamtkunstwerk."

Schäubles Tochter Christine Strobl gab persönliche Einblicke in das Leben des bekannten Politikers. Ihr Vater habe viele gesundheitliche Probleme gehabt, die nie in der Öffentlichkeit bekannt geworden seien. Er habe alle mit unglaublicher Kraftanstrengung gemeistert. "Papa, Du warst ein Gesamtkunstwerk", sagte die ARD-Programmdirektorin. Sie erinnerte an den starken Durchhaltewillen ihres Vaters und an das Attentat 1990, infolgedessen Schäuble auf einen Rollstuhl angewiesen war.

Er sei mit sich im Reinen gewesen, sagte Strobl und schilderte, dass der Gesundheitszustand Schäubles sich vor Weihnachten stark verschlechtert habe. Ihr Vater war nach ihren Worten bis Heiligabend im Krankenhaus und rechnete selbst mit dem Tod. Nachdem seine Frau Ingeborg ihm gesagt habe, sie wolle ohne ihn nicht leben, habe Schäuble "das Sterben wie so viele Male davor wieder abgeblasen", sagte Strobl und ergänzte: "Er wollte uns noch einmal ein letztes Weihnachten schenken."

Friedrich Merz: Schäuble hat Generationen von Abgeordneten geprägt

Merz sagte, Schäuble habe "Generationen von Abgeordneten unserer Fraktion eine Prägung mitgegeben, auch mir ganz persönlich. Ohne ihn stände ich heute nicht hier". Weiter sagte der CDU-Chef: "Wir sind über die letzten drei Jahrzehnte immer engere Freunde geworden." 16 der bisher 24 Regierungen des Landes habe sein ehemaliger Parteikollege erlebt, fast jeder dritten davon habe er selbst angehört. "Zwei hohe Staatsämter sind ihm versagt geblieben. Er hätte sie ohne Zweifel beide ausgefüllt."

Viel Politprominenz unter Trauernden

Unter den Trauergästen waren Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, Kretschmanns Vorgänger Günther Oettinger und Erwin Teufel (beide CDU), Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU), zahlreiche CDU-Abgeordnete und der frühere luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker.

Vor der Kirche in der Offenburger Innenstadt versammelten sich Hunderte Menschen. Soldaten des Bundeswehr-Wachbataillons nahmen nach dem Gottesdienst in einer Ehrenformation Aufstellung. Das Heeresmusikkorps Koblenz spielte mehrere Musikstücke, darunter die deutsche Nationalhymne und den Trauermarsch aus dem Oratorium "Saul" von Georg Friedrich Händel. 

Zahlreiche weitere Menschen wohnten der Zeremonie bei, wobei die nähere Umgebung des Grabs zunächst ausgewählten Gästen vorbehalten war. Schäubles Sarg war zuvor mit einem feierlichen Trauerzug durch die Offenburger Innenstadt bis zum Friedhof gebracht worden.

Trauerstaatsakt am 22. Januar

Das politische Berlin wird sich am 22. Januar von Schäuble verabschieden. An diesem Tag wird der Bundestag den von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angeordneten Trauerstaatsakt im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes ausrichten. Es werden die Spitzen des deutschen Staates - voran Steinmeier - und Hunderte Gäste aus dem In- und Ausland erwartet. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will dem Trauerstaatsakt ebenfalls beiwohnen, wie der Élyséepalast in Paris bestätigte. Der Tag ist symbolträchtig: Am 22. Januar wird stets die deutsch-französische Freundschaft gefeiert.

Mit Material von dpa und KNA

Letztes Geleit für Wolfgang Schäuble: Hunderte Menschen haben in der evangelischen Stadtkirche von Offenburg Abschied genommen.
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Trauergottesdienst in Offenburg für Wolfgang Schäuble

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