Das Zählwerk an einem Gastzähler zeigt den Verbrauch von Gas in einem Privathaushalt an.
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Die Mehrwertsteuersenkung auf Gas stößt bei Wirtschafts- und Sozialverbänden auf Skepsis.

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Verbände und Industrie kritisieren Mehrwertsteuersenkung auf Gas

Die Mehrwertsteuer auf Gas soll abgesenkt werden auf sieben Prozent. Das sei nicht zielgerichtet und nicht ausreichend, klagen Wirtschafts- und Sozialverbände und die Gewerkschaft Verdi. Der Branchenverband Zukunft Gas findet die Maßnahme richtig.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die geplante Absenkung der Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf sieben Prozent stößt auf ein geteiltes Echo. Vom Paritätischen Gesamtverband beispielsweise heißt es, die Maßnahme entlaste auch diejenigen, die es nicht nötig haben – und damit also auch Topverdienende. Diese könnten aber eigentlich die Sozialsysteme entlasten, indem sie die Mehrwertsteuer zahlen, so der Verband in der "Rheinischen Post". Stattdessen plädiert er für Finanzhilfen, die zielgerichtet wirken.

Verdi hält die Entlastung für nicht ausreichend

Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, hält die Senkung der Mehrwertsteuer zwar für einen "Schritt in die richtige Richtung". Allerdings, so seine Einschränkung, reiche das nicht aus. Er fordert, dass zusätzlich ein Gaspreisdeckel eingeführt wird – konkret bedeutet das seiner Vorstellung nach, dass für den Normalverbrauch eines Haushalts nur so viel gezahlt werden muss, wie das Preisniveau im vergangenen Jahr war. Die Kosten, die den Energieversorgen dadurch entstehen, müssten dann ausgeglichen werden.

Beim Sozialverband VdK besteht die Befürchtung, dass die Maßnahme am Ende nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt. Verbandspräsidentin Verena Bentele verwies auf den Tankrabatt, bei dem ihrer Ansicht nach die Entlastungen nicht ausreichend weitergegeben worden sind. Es brauche eine rechtlich wirksame Vorschrift, damit die Steuersenkung auch ankomme, forderte Bentele. Denn: "Gasanbieter zu wechseln ist komplizierter, als zur nächsten Tankstelle zu fahren." Bentele forderte außerdem zusätzliche Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger.

Wirtschaftsverbände beklagen fehlende Unterstützung

Auch bei Wirtschaftsverbänden stößt die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Skepsis. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch, sieht Unternehmen benachteiligt. Er verweist darauf, dass Unternehmen gar keine Mehrwertsteuer zahlen und deswegen mit den Energiekosten alleine gelassen werden. Als Gegenmaßnahme schlägt er vor, die Umlage billiger zu machen, stattdessen soll sie aber länger gezahlt werden. Zusätzlich fordert der BDI unter anderem, die Stromsteuer auf das europäische Minimum zu senken.

Der Verband der Familienunternehmer äußerte sich ähnlich. Der Wirtschaft sei nicht geholfen mit der Steuersenkung, heißt es. Stattdessen fordert der Verband weitere Hilfen und dass besonders betroffene Unternehmen die Gasumlage gar nicht erst zahlen müssen.

Der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, findet, dass die Mehrwertsteuersenkung ein falsches Signal setzt. Derzeit müsse Gas eingespart werden – warum in dieser Situation der Preis gesenkt werde, erschließe sich aus ökonomischer Sicht nicht, so Hüther. Die Bundesregierung regt damit seiner Ansicht nach nicht zum Sparen an. Außerdem, so Hüther weiter, brauche es keine Bazooka, sondern gezielte Unterstützung, etwa für Geringverdiener.

Branchenverband "Zukunft Gas" begrüßt Mehrwertsteuerabsenkung

Positive Stimmen kommen dagegen vom Branchenverband "Zukunft Gas". Geschäftsführer Timm Kehler sagte im Interview mit dem BR, die Mehrwertsteuersenkung könne schnell und effektiv wirken. Er gehe davon aus, dass die Unternehmen die Entlastungen in schneller und klarer Form weitergeben.

Auch der Energiekonzern Eon gab bekannt, man halte die Entscheidung für einen richtigen und überfälligen Schritt, weil er zu einer spürbaren Entlastung der Kunden führe. Allerdings fordert auch Eon, dass die Stromsteuer ebenfalls abgesenkt werden sollte.

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Kommunen: Mehrwertsteuersenkung "ein wichtiges Signal"

Lob gab es auch von den Kommunen: "Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas von 19 auf sieben Prozent ist ein wichtiges Signal", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Mehrwertsteuersenkung stelle eine spürbare Entlastung für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und für die Kommunen dar. Die Kommunen seien mit ihren Rathäusern, Schulen, Kitas, Verwaltungsgebäuden und Sportstätten einer der größten Immobilienbesitzer in Deutschland und damit von den hohen Energiepreisen besonders betroffen.

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