In vier russisch besetzten Gebieten der Ukraine haben heute Scheinreferenden begonnen. Die Bewohner der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sollen über einen Anschluss an die russische Föderation abstimmen.
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In vier russisch besetzten Gebieten der Ukraine haben heute Scheinreferenden begonnen.

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Ukraine: Einschüchterung und Gewalt bei Scheinreferenden

Seit Freitag laufen in der Ostukraine Scheinreferenden - mit diesen will Russlands Präsident Putin weite Teile der Ukraine annektieren. Moskau erwartet eine "Zustimmung" von 90 Prozent - und nutzt dafür Druck und Einschüchterung.

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Die von Russland angewiesenen Scheinreferenden in besetzten Gebieten der Ukraine werden nach Angaben ukrainischer Beamter von Einschüchterung und Druck begleitet. Am Freitag begann die Stimmabgabe in den Regionen Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk. 

  • Zum Artikel: "Russische Scheinreferenden: 'Zwang, Propaganda, Theater'"

Bürgermeister: "Illusion einer Abstimmung wird kreiert"

Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, sagte in Online-Posts, Wahlbeamte hätten die Namen von den Menschen entfernt, die gegen den Anschluss gestimmt hätten. Zudem sei gedroht worden, die Türen jener einzuschlagen, die sich weigerten, abzustimmen.

Der Bürgermeister von Melitopol in der Region Saporischschja, Iwan Fedorow, sagte der Nachrichtenagentur AP, in seine Stadt seien von den Russen Einwohner von der Krim gebracht worden, um Bürgerinnen und Bürger zur Stimmabgabe zu drängen. "Die Russen sehen einen überwältigenden Widerstand und Angst, am Referendum teilzunehmen", erklärte er. "Sie sind gezwungen, Menschen hereinzubringen, um ein Bild und eine Illusion der Abstimmung zu kreieren". Zudem gingen "Gruppen von Kollaborateuren und Russen zusammen mit bewaffneten Soldaten von Tür zu Tür, aber wenige Leute öffnen ihnen die Tür".

Abstimmung ausschließlich auf Papier

Die Scheinreferenden finden wegen der kurzen Vorbereitungszeit nicht per elektronischem Votum, sondern mit Wahlzetteln auf Papier statt. Die von Russland unterstützte Verwaltung teilte unter Verweis auf Sicherheitsgründe mit, an den ersten vier Tagen würden die Stimmzettel zu den Menschen nach Hause gebracht. Zudem würden in der Nähe von Wohngebäuden Wahllokale errichtet. Nur am Dienstag werde es reguläre Wahllokale geben.

Es wird davon ausgegangen, dass das Scheinreferendum so ausfällt, wie vom Kreml erwünscht. Laut Umfragen der von Moskau kontrollierten Meinungsforschungsinstitute wird erwartet, dass bis Dienstag zwischen 80 und 90 Prozent für einen Beitritt zu Russland stimmen. Ähnlich war der russische Präsident Wladimir Putin bei der Annexion der Krim 2014 vorgegangen, die von Kiew und dem Westen nicht anerkannt wird.

Präsidentenberater: "Propagandashow des Kreml"

Der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, bezeichnete die Scheinreferenden am Freitag als "Propagandashow" des Kreml. "Heute gibt es in den besetzten Gebieten keinen juristischen Vorgang, der "Referendum" genannt werden kann", schrieb er auf Twitter. Die "Show" diene lediglich als Hintergrund für die Teilmobilmachung in Russland.

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Internationale Gemeinschaft erkennt Abstimmungen nicht an

Weder die Ukraine noch die internationale Gemeinschaft erkennen die Abstimmungen unter der Besatzungsmacht Russland und bewaffneten Truppen an. Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten verurteilten die Scheinreferenden. Sie dienten als "falscher Vorwand", um den Status von souveränem ukrainischem Territorium zu verändern, das russischer Aggression zum Opfer gefallen sei, erklärten sie am Freitag.

Es handelt sich um Scheinreferenden, weil sie ohne Zustimmung der Ukraine, unter Kriegsrecht und nicht nach demokratischen Prinzipien ablaufen. Auch eine freie Arbeit internationaler unabhängiger Beobachter ist nicht möglich.

Mit Material der dpa und AFP.

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