Singapur: Der chinesische Verteidigungsminister General Li Shangfu spricht beim asiatischen Sicherheitsforum "Shangri La Dialogue"
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Singapur: Der chinesische Verteidigungsminister General Li Shangfu spricht beim asiatischen Sicherheitsforum "Shangri La Dialogue"

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Sicherheitsforum: China warnt die USA vor Einmischung in Taiwan

Beim Sicherheitsforum in Singapur machen die USA und China wegen des Taiwan-Konflikts gegenseitig Front. Chinas neuer Verteidigungsminister drohte bei Einmischung mit militärischem Vorgehen. Boris Pistorius mahnte internationale Regeln an.

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Die angespannten Beziehungen zwischen den USA und China überschatten auch das jährliche Sicherheitsforum "Shangri-La-Dialog" in Singapur. Der neue chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu nutzte die große Bühne, um die USA erneut vor einer Einmischung im Streit um Taiwan zu warnen. Sein deutscher Amtskollege Boris Pistorius mahnte zur Einhaltung internationaler Regeln.

Li Shangfu bekräftigt Chinas Machtanspruch auf Taiwan

Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu drohte in seiner Rede mit einem militärischen Vorgehen gegen die demokratische Inselrepublik: "Wenn es jemand wagen sollte, Taiwan von China abzuspalten, wird das chinesische Militär nicht eine Sekunde zögern", sagte der General in seiner Rede. "Wir werden keinen Gegner fürchten und ungeachtet der Kosten entschieden unsere nationale Souveränität und territoriale Integrität schützen."

Li kritisierte die amerikanischen Waffenlieferungen und das militärische Training für Taiwan sowie die Aufwertung der Beziehungen zu Taipeh. Taiwan sei eine innere Angelegenheit Chinas, in die sich niemand einmischen dürfe. Es sei "gefährlich", das Ein-China-Prinzip Pekings zu unterhöhlen. Danach beansprucht China Taiwan als Teil Volksrepublik. Die "Wiedervereinigung" sei unaufhaltsam, so der Verteidigungsminister.

Pistorius warnt vor politischem Faustrecht

Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach auf dem Sicherheitsforum, er warnte in seiner Rede vor politischem Faustrecht. Die asiatischen Staaten sollten sich klar gegen Angriffe auf die internationale Sicherheitsarchitektur stellen. Dabei forderte Pistorius zudem eine Positionierung gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine. "Das ist unglaublich gefährlich für die ganze Welt: Wenn Russland gewinnt, wird die Botschaft an revisionistische Mächte in der Welt sein, dass Aggression und grundlose Anwendung militärischer Gewalt akzeptabel sind und erfolgreich sein können. Auch hier im Indopazifik."

Pistorius rief dazu auf, die auf Regeln basierende, internationale Ordnung zu schützen, wo immer sie gefährdet sei. Dazu gehöre auch das Recht auf freie Schifffahrt. Deutschland stehe bereit, alle bilateralen oder multilateralen Maßnahmen zur Vertrauensbildung zu unterstützen, sagte der Verteidigungsminister. Er nannte dabei den Informationsaustausch und die Beobachtung von Militärübungen, Inspektionen von Militäreinrichtungen und Abkommen zur Rüstungskontrolle. "Wir brauchen die Herrschaft des Gesetzes anstelle einer Herrschaft mit Faustrecht.

Beziehungen zwischen China und den USA auf "Rekordtief"

Wie anfällig die Sicherheitslage in der asiatischen Region ist, bekamen die Teilnehmer der Konferenz in dem Schlagabtausch zwischen den Verteidigungschefs Chinas und der USA zu spüren. Während der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin China "Schikane und Nötigung" vorwarf, unterstellte sein chinesischer Amtskollege Li Shangfu den Amerikanern eine "Mentalität des Kalten Krieges."

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Der US-Verteidigungsminister warnte China vor einem militärischen Vorgehen gegen Taiwan, dem die USA bei seiner Verteidigung helfen. "Ein Konflikt in der Taiwanstraße wäre verheerend." Eine derartige Eskalation hätte Auswirkungen auf die Weltwirtschaft "in einer Weise, die wir uns nicht vorstellen können". Austin zeigte sich auch sehr besorgt über den Mangel an Kommunikation mit Peking: "Der richtige Zeitpunkt für Gespräche ist jetzt."

Li lehnte aber ein Treffen mit Austin in Singapur ab. In seiner Rede beschrieb er die Beziehungen zwischen beiden Ländern als auf einem "Rekordtief".

Chinas Territorialansprüche im Südchinesischen Meer

Neben Chinas Drohungen gegen das demokratische Taiwan ging es auch um seine umstrittenen Territorialansprüche im Südchinesischen Meer. Die USA und Chinas Nachbarn werfen Peking eine zunehmende Militarisierung der Region vor. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies die Gebietsansprüche 2016 zurück. China ignoriert das Urteil aber.

Der chinesische Verteidigungsminister warnte in Singapur vor der Schaffung "Nato-ähnlicher" Bündnisse im Indopazifik. Der Versuch, dort derartige Allianzen voranzutreiben, sei "eine Form der Entführung regionaler Länder und des Aufbauschens von Konflikten und Konfrontationen", sagte Li. Solche Bündnisse würden die Region "in einen Strudel von Auseinandersetzungen und Konflikten stürzen".

China kritisiert seit langem Bemühungen der USA, Bündnisse in der Region zu festigen und dem Aufstieg Chinas entgegenzuwirken. Vor eineinhalb Jahren hatten die USA gemeinsam mit Australien und Großbritannien das indopazifische Sicherheitsbündnis Aukus gegründet - eine Antwort auf den zunehmenden Einfluss Chinas in der Region. Zudem ist Washington zusammen mit Indien, Japan und Australien Mitglied der sogenannten Quad-Gruppe. Die Allianz soll ebenfalls ein Gegengewicht zum militärischen und wirtschaftlichen Machtanspruch Chinas bilden.

Zwischenfall in der Straße von Taiwan

Auf zunehmende Zwischenfälle zwischen Flugzeugen und Schiffen beider Streitkräfte in der Meerenge der Taiwanstraße und im Südchinesischen Meer ging der chinesische Verteidigungsminister nicht konkret ein. Er sagte aber, der beste Weg, solche Vorfälle zu vermeiden, sei, chinesischem Territorium nicht zu nahe zu kommen.

Erst am Samstag hatte sich in der Meerenge zwischen der Insel Taiwan und dem chinesischen Festland erneut eine unfreundliche Begegnung zwischen der chinesischen und der US-Armee ereignet. Ein chinesisches Marineschiff hatte sich nach Angaben der US-Armee auf "unsichere Weise" dem US-Zerstörer "USS Chung-Hoon" genähert. Das chinesische Schiff soll die "Chung-Hoon" in der Taiwan-Straße im Abstand von nur rund 140 Metern überholt haben.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bezeichnete den Vorfall als "extrem gefährlich" und rief Peking auf, "wirklich die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Art von Verhalten einzudämmen". Andernfalls passierten womöglich "Unfälle, die dazu führen könnten, dass die Dinge außer Kontrolle geraten", so Austin vor Journalisten in Singapur.

Mit Informationen von dpa und AFP

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