Bundeskanzler Olaf Scholz
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Warnung vor "Kriegsbeteiligung": Scholz begründet Nein zu Taurus

Lange hatte der Kanzler geschwiegen - jetzt hat Olaf Scholz sein Nein zur Taurus-Lieferung an die Ukraine begründet. Demnach birgt ein Einsatz der Marschflugkörper die Gefahr einer "Kriegsbeteiligung". Aus der Ampel-Koalition kommt Widerspruch.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich entschieden gegen eine Lieferung von weitreichenden Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ausgesprochen. Er begründet seine Haltung mit dem Risiko einer Verwicklung Deutschlands in den Krieg zwischen der Ukraine und Russland. "Wir werden nicht zur Kriegspartei - weder direkt noch indirekt. Diese beiden Prinzipien leiten alle meine Entscheidungen", schrieb Scholz am Montag auf der Plattform X.

Der Kanzler warnt vor einer "Kriegsbeteiligung"

Scholz betonte zudem bei der Chefredaktionskonferenz der Nachrichtenagentur dpa mit Blick auf Taurus: "Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein." Deshalb stehe eine Lieferung nicht als Handlungsoption auf der Tagesordnung. "Diese Klarheit ist auch erforderlich. Ich wundere mich, dass es einige gar nicht bewegt, dass sie nicht einmal darüber nachdenken, ob es gewissermaßen zu einer Kriegsbeteiligung kommen kann durch das, was wir tun", sagte der Kanzler.

Scholz erklärte zu einer Taurus-Lieferung weiter: "Es ist eine sehr weitreichende Waffe. Und das, was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden. Das weiß auch jeder, der sich mit diesem System auseinandergesetzt hat." Er sei verwundert darüber, dass diese Frage immer wieder gestellt werde. 

Einsatz der Bundeswehr nötig? Widerspruch aus der Ampel

Nach Angaben des Executive Editor von "Politico Germany", Gordon Repinski, der an der Chefredakteurskonferenz teilnahm, stellt Scholz eine direkte Verbindung zwischen einer Taurus-Lieferung und einer Stationierung deutscher Soldaten in der Ukraine her. Es dürfe "keine Bundeswehr-Soldaten auf ukrainischem Boden geben, diese würde eine Taurus-Lieferung aber notwendig machen", habe Scholz gesagt.

Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, widersprach den Einwendungen des Bundeskanzlers gegen eine Taurus-Lieferung umgehend. Der Einwand des Kanzlers sei ein "längst widerlegtes Argument", schrieb die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag auf X: "Deutsche Soldaten werden für Taurus NICHT auf ukrainischem Boden benötigt. Die Behauptung des Bundeskanzlers ist falsch."

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Robin Wagener pflichtete Strack-Zimmermann bei: "Ich fürchte, der Bundeskanzler wurde falsch beraten", schrieb er auf X. "Es braucht KEIN Bundestagsmandat. Der Taurus kann - wie andere Systeme - unabhängig der Bundeswehr eingesetzt werden."

Das Bundesverteidigungsministerium wollte zu dem Sachverhalt keine Stellung nehmen. Alle Argumente zu dem Thema seien ausgetauscht, sagte ein Ministeriumssprecher, zu "technischen Details" gebe man keine Auskunft.

Scholz: Ukraine braucht andere Waffen dringender

Scholz selbst betonte auf der dpa-Konferenz, er sei "sehr irritiert" über die "fehlende Balance" zwischen dem, was jetzt wirklich erforderlich sei, und der Debatte über dieses eine Waffensystem. "Was der Ukraine fehlt, ist Munition in allen möglichen Längen und Distanzen, aber nicht entscheidend diese Sache aus Deutschland", sagte er auf Nachfragen zum Thema Taurus.

Der Taurus ist einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe. Die Waffen finden auch aus großen Höhen und Entfernungen ihr Ziel und können etwa Bunkeranlagen zerstören. Kanzler Scholz hatte bereits Anfang Oktober entschieden, vorerst keine Taurus-Marschflugkörper an die von Russland angegriffene Ukraine zu liefern. Dahinter stand die Befürchtung, dass auch russisches Territorium von den Präzisionswaffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern getroffen werden könnte.

Macron fordert Unterstützung für Ukraine

Es wurde erwartet, dass eine Lieferung des Waffensystems auch bei der Ukraine-Hilfskonferenz in Paris eine Rolle spielt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlangte dabei am Montagabend mehr Waffen und Mittel für das von Russland angegriffene Land.

"Die allgemeine Feststellung heute ist, dass unser aller Sicherheit auf dem Spiel steht", sagte Macron im Élysée-Palast vor 20 Staats- und Regierungschefs, darunter Kanzler Scholz. Das Auftreten Russlands verhärte sich sowohl auf politischer Ebene als auch an der Front in der Ukraine, wo neue russische Angriffe drohten, sagte Macron. "Russland darf den Krieg nicht gewinnen."

Deshalb müssten sich die Unterstützer der Ukraine einen Ruck geben. Die Lage erfordere eine klare Entscheidung. Auf nationaler Ebene und gemeinsam müsse eine verstärkte Hilfe für die Ukraine mit Geld und Waffen mobilisiert werden. "Wir sind dabei, unsere Sicherheit heute und morgen zu gewährleisten", sagte Macron. "Wir wollen nicht mit dem russischen Volk in einen Krieg treten", meinte der Präsident aber auch. Zu dem kurzfristig organisierten Treffen in Paris wurde der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zugeschaltet.

Mit Informationen von DPA, AFP und Reuters

Im Audio: Bundestag stimmt für weitreichende Waffen - aber nicht für Taurus

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) wirft bei der Abstimmung nach der Debatte zu Zehn Jahre russischer Krieg in der Ukraine im Bundestag ihre "JA"-Karten in die Urne
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Der Bundestag hat die Bundesregierung mit großer Mehrheit aufgefordert, Kiew mit weitreichenden Waffensystemen zu unterstützen.

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