Situation am Hamburger Hauptbahnhof nach dem mehrtägigen Streik der Lokführergewerkschaft GDL
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Markus Scholz

Nach dem mehrtägigen Streik der Lokführergewerkschaft GDL: Wie geht es jetzt weiter?

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Schlichtung im Bahn-Tarifkonflikt? GDL-Chef Weselsky lehnt ab

Abwarten, aber nicht zu lange: Die Lokführergewerkschaft GDL gibt sich weiter hart. Ihr Chef lehnt eine Vermittlung im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn über "grundgesetzliche Angelegenheiten" ab - etwa zum Tarifvertrag für Fahrdienstleiter.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Länger und härter werde der nächste Bahnstreik sein, wenn die Deutsche Bahn, so GDL-Chef Claus Weselsky, nicht bald "zur Besinnung" komme. Soweit seine Worte unmittelbar zum Ende der zurückliegenden, dreitägigen Streikmaßnahme.

Nun sagte er der "Stuttgarter Zeitung" (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) und den "Stuttgarter Nachrichten": Eine Vermittlung im Tarifkonflikt lehne der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft ab. Über "grundgesetzliche Angelegenheiten" lasse sich nicht schlichten. "Die Frage, ob ich einen Tarifvertrag für Fahrdienstleiter kriege, gebe ich in keine Schlichterhand."

GDL erwartet neues DB-Angebot

Der Tarifvertrag für Fahrdienstleiter ist neben der Absenkung der Wochenarbeitszeit eine der zentralen Forderungen der GDL in diesem Arbeitskampf. Die Gewerkschaft hatte mit einem Streik von Dienstagabend bis Freitagabend den Druck auf die Bahn erneut erhöht und erwartet jetzt ein neues Angebot des Unternehmens.

Zum vierten Mal seit 2007/2008 entziehe das Bahn-Management den Menschen die Eisenbahn mit derselben Übung, sagte Weselsky den Zeitungen weiter. "Zunächst wollen sie uns keinen Tarifvertrag geben - dann kriegen wir ihn doch." Er zeigte sich überzeugt, dass die GDL auch für Fahrdienstleiter, die den Zugbetrieb koordinieren, einen Tarifvertrag bekommen werde.

Weselsky: "Glaube nicht, dass ich mir viel Zeit lasse"

Für den weiteren Verlauf des Tarifkonflikts wiederholte Weselsky seine Ankündigung: "Vom Prinzip her wird es länger und härter - das ist die Botschaft", sagte er. "Ich glaube nicht, dass ich mir viel Zeit lasse."

In einen unbefristeten Streik wolle die Gewerkschaft zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht eintreten, "weil wir Verantwortung für das Gesamtsystem sehen und weil wir meinen, dass die Auswirkungen zu groß wären". Eine Verlängerung der Arbeitsniederlegungen sei aber möglich: "Ob ich jetzt drei oder fünf Tage Streik mache, das hängt davon ab, was passiert." Die Bahn müsse ein substanzielles Angebot vorlegen - "und ich sehe gerade kein inhaltliches Angebot kommen".

Bahn und GDL kommen nicht zueinander

Bezüglich der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter will die Gewerkschaft eine Absenkung von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn lehnt das bislang ab und hat dafür die Erweiterung bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle angeboten. Wer in diesem Rahmen seine Arbeitszeit reduziert, muss aber finanzielle Einbußen in Kauf nehmen.

DB-Konzernsprecherin Anja Bröker erklärte am Freitagabend, die Bahn halte den zurückliegenden Streik für "unnötig", es könne nur über Verhandlungen weitergehen. Es sei an der GDL, nun wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Bahn werde die Situation "jetzt bewerten".

Wie viel Macht hat die GDL überhaupt?

Sie heißt zwar "Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer", doch sie organisiert inzwischen alle, die an Bord eines Zuges sind. Und für die verhandelt sie auch. Da sie sich aber in Konkurrenz zur anderen Bahn-Gewerkschaft EVG sieht, will die GDL mittlerweile den Organisationsbereich weiter ausbauen. Sie legt ihre Forderungen auch für Beschäftigte der Infrastruktur vor, also zum Beispiel für die Fahrdienstleiter in den Stellwerken.

Legen die die Arbeit nieder, rollt auf der Schiene kein überhaupt Zug mehr. Die Bahn weigert sich aber, die GDL als Verhandlungspartner bei der Infrastruktur anzuerkennen. Dort hätte die Gewerkschaft einfach zu wenig Mitglieder, so das Argument. Der Personalvorstand verweist auf das Tarifeinheitsgesetz. Das bedeutet: Wo zwei Gewerkschaften miteinander konkurrieren, gilt der Vertrag der jeweils größeren Gewerkschaft.

Kein Streik-Ende in Sicht

Bei der Bahn ist das über das Unternehmen hinweg betrachtet die EVG, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft. Mit der hat die Bahn auch nach Warnstreiks im Frühsommer 2023 einen Tarifvertrag geschlossen. Zur Zeit streiten die Bahn und die GDL vor Gerichten darüber, welche Gewerkschaft in einzelnen Betrieben der Bahn die Mehrheit hat.

Solange der Streik läuft, dürfte der Gesprächsfaden zwischen GDL und der Bahn unterbrochen sein. Aber beide Seiten wissen, dass sie sich irgendwann ja wieder am Verhandlungstisch treffen müssen. Der Bahn gehen mit jeder Aktion der Gewerkschaft Einnahmen verloren. Die GDL wiederum zahlt Streikgeld. Das belastet die Kasse der Gewerkschaft. Wie gut die gefüllt ist, verraten Gewerkschaften nur ungern. Und die Mitglieder bekommen den Lohn, den der Arbeitgeber Streikenden streicht, nicht eins zu eins ersetzt. Bei unbefristeten Streiks könnte der Gewerkschaft also ein Mitgliederschwund drohen.

Mit Informationen von AFP

Dieser Artikel ist erstmals am 14. Januar auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!