Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis
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Mitsotakis ließ durchblicken, dass die Neuwahl bereits im nächsten Monat stattfinden könnte.

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Trotz 40,8 Prozent für Mitsotakis: Griechenland vor Neuwahlen

Die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Mitsotakis hat bei der Parlamentswahl in Griechenland 40,8 Prozent der Stimmen geholt. Aber weil Mitsotakis ein Bündnis mit einer anderen Partei ablehnt, könnte es schon Ende Juni zu Neuwahlen kommen.

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In Griechenland hat die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia die Parlamentswahl am Sonntag klar gewonnen. Die Partei von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis legte im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren sogar deutlich zu – und erreichte nach Auszählung fast aller Stimmen 40,8 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl vor vier Jahren lagen die Konservativen bei 39,9 Prozent.

Für eine Regierungsmehrheit bräuchte Wahlsieger Mitsotakis jedoch einen Koalitionspartner – den will er aber nicht. "Dass wir allein regieren, ist der einzige Weg, die Reformen umzusetzen, die wir planen und die das Land auch braucht", sagte der konservative Regierungschef. Eine handlungsfähige Regierung könne es nicht mit unsicheren parlamentarischen Kombinationen und politischem Feilschen geben. Beides führe in die Sackgasse.

Griechenland: Schon Ende Juni Neuwahlen?

Schon Ende Juni könnte es daher Neuwahlen geben, bei denen sich Mitsotakis eine absolute Mehrheit ausrechnet. Chancen auf die alleinige Macht nach einer weiteren Wahl haben die Konservativen wegen einer Besonderheit im Wahlrecht des EU- und Nato-Landes mit seinen etwa 10,5 Millionen Einwohnern.

Bei der aktuellen Wahl galt das einfache Verhältniswahlrecht: Rechnerisch müssen eine oder mehrere Parteien 48 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, um regieren zu können. Bei den nächsten Wahlen hingegen erhält die stärkste Partei automatisch mindestens 20 Sitze im Parlament zusätzlich – damit käme die ND voraussichtlich wieder allein an die Regierung.

Linkspartei mit Stimmverlusten

Die Linkspartei Syriza des ehemaligen Regierungschefs Alexis Tsipras musste bei der Parlamentswahl schwere Verluste hinnehmen: Sie blieb mit etwa 20 Prozent zwar stärkste Oppositionspartei, büßte aber mehr als zehn Prozentpunkte ein. Drittstärkste Kraft wurde die sozialdemokratische Pasok mit rund 12 Prozent (2019: 8,1 Prozent). Den Sprung über die Drei-Prozent-Hürde schafften auch die Kommunisten mit 6,8 Prozent und die rechtspopulistische Elliniki Lysi mit 4,5 Prozent. Zittern mussten die Linkspartei Mera25 von Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis mit 2,4 Prozent und die ultrakonservative Niki mit 2,9 Prozent.

Viel Auswahl hätte Mitsotakis bei den Koalitionspartnern sowieso nicht gehabt. Eine Allianz mit Syriza stand außer Frage – nicht zuletzt, weil Tsipras seinen Wahlkampf als Gegenprogramm zur Nea Dimokratia gestaltete und gegen den Regierungschef wetterte. Ebenso unwahrscheinlich waren Allianzen mit Links- und Rechtspopulisten, auch rechnerisch hätte es dazu vermutlich nicht gereicht. Lediglich die Sozialdemokraten wären eventuell als Partner in Frage gekommen. Allerdings hat deren Chef Nikos Androulakis eine Koalition mit den Konservativen bisher ausgeschlossen.

Unterlegener Tsipras will Ergebnisse analysieren

Bei Syriza war die Stimmung nach Bekanntwerden der ersten Zahlen gedrückt. "Politische Kämpfe haben Siege, aber auch Niederlagen", sagte Wahlverlierer Tsipras am späten Abend. "Unsere Parteigremien werden sofort tagen, um die Ergebnisse zu analysieren." Die Linke hatte mit einer massiven Aufstockung des Sozialstaates um Stimmen geworben, wollten Renten und Mindestlohn erhöhen und die Wirtschaft stärker besteuern.

Mitsotakis hingegen warb dafür, das Land nach der schweren Finanzkrise des vergangenen Jahrzehnts weiter zu stabilisieren. Die Wahlbeteiligung war gering: Nur etwa 58 Prozent der Berechtigten gingen auch wählen.

Wirtschaftswissenschaftler: Mitsotakis mit einigen Reformen

Der Wirtschaftswissenschaftler Alexander Kritikos vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) räumt Amtsinhaber Mitsotakis bei einer Neuwahl gute Chancen ein. Im Interview mit der Bayern2-Radiowelt sagte Kritikos: "Was Mitsotakis gelungen ist, ist, dass er in den letzten vier Jahren doch einige Reformen auf den Weg gebracht hat."

Etwa 30 Prozent aller notwendigen Reformen seien von dessen Regierungspartei während seiner Amtszeit umgesetzt worden. "Es gibt bemerkenswerte IT-Investitionen. Es gibt bemerkenswerte Investitionen in erneuerbare Energien, sodass auch hier tatsächlich neue Arbeitsplätze entstanden sind", sagte Kritikos. Allerdings gebe es nach Einschätzung des Wirtschaftswissenschaftlers für Mitsotakis einiges zu tun. "Das untere Viertel der Einkommensverteilung verdient sehr wenig in Griechenland, und man muss sich wirklich überlegen, wie sich das ändern lässt." Zudem stehe noch eine Justizreform an – sowie weitere Entbürokratisierungen.

Mit Informationen von dpa

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