Finanzminister Christian Lindner (FDP)
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Finanzminister Lindner und die Steuerschätzung: Mehr Geld gibt’s nicht

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Lindner und die Steuerschätzung: Mehr Geld gibt's nicht

Bundesfinanzminister Lindner hat die aktuelle Steuerschätzung vorgestellt. Dieses Jahr gibt es weniger Geld, die Prognose für 2024 ist mit 964 Milliarden Euro stabil. Seinen Auftritt nutzte er für einen Seitenhieb gegen Wirtschaftsminister Habeck.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die Hoffnung auf mehr Geld, die vielleicht der eine oder andere in der Ampel vor dieser Steuerschätzung gehegt hatte, sie ist erst einmal dahin. Denn Finanzminister Christian Lindner (FDP) machte bei der Vorstellung der Steuerschätzung am Donnerstagnachmittag in Berlin eines klar: "Es ergeben sich keine neuen Verteilungsspielräume."

916 Milliarden Euro werden Bund, Länder und Kommunen in diesem Jahr an Steuern einnehmen. Das sind 4,5 Milliarden Euro weniger als noch bei der jüngsten Steuerschätzung im Mai prognostiziert. Lindner sieht darin "einen klaren Handlungsauftrag", nämlich: die Inflation bekämpfen, für mehr Wachstum sorgen und die Transformation vorantreiben.

Lindner: Kein "Deus ex Machina"

Seine Kurzanalyse zur Prognose der Steuereinnahmen aus dem Arbeitskreis Steuerschätzung für 2024: Alles im Rahmen der Erwartungen und mit 964 Milliarden Euro in etwa so hoch wie auch bei der Frühjahrsschätzung im Mai prognostiziert.

Für Lindner einerseits "eine gute Nachricht", weil sich die Einnahmen wie erwartetet verhalten. Aber - und das ist gleich Lindners zweiter Satz in der Pressekonferenz - es ist auch "eine schlechte Nachricht", nämlich: "Für alle, die jetzt auf zusätzliche finanzielle Spielräume gehofft hatten."

Das Ergebnis der Steuerschätzung "zerstört also die letzte Illusion einiger", fährt der Finanzminister fort, dass ein "Deus ex Machina" komme, der dann "der Politik Milliarden bringe und der Regierung damit notwendige Entscheidungen abnehme". Notwendige Entscheidungen, das heißt bei Lindner: Einsparen, wenn man anderswo etwas ausgeben will.

"Krokodilstränen": Fernduell mit Habeck

Hoffnungen auf mehr Investitionen hatte erst zwei Tage zuvor Lindners Kabinettskollege Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geäußert. In der Industriestrategie seines Ministeriums steht der Satz: "Industriepolitik in der Zeitenwende" erfordere "in vielen Fällen auch eine aktive Förderpolitik". Damit meint Habeck einen von ihm seit längerem favorisierten Brückenstrompreis. Aber auch Hilfen für deutsche Firmen, weil die global agierenden Industriekonkurrenten China und die USA selbst "erhebliche Subventionen" in Transformationstechnologien steckten. Habecks Vorschlag: Man sollte den deutschen Firmen "eine Brücke bauen", gegen diesen "unfairen Wettbewerb". Lindner retournierte: Man solle "nicht Krokodilstränen über Wettbewerbsnachteile vergießen", sondern "immer neuen Belastungsproben für die Unternehmen beenden", sagte der Bundesfinanzminister.

Lindners Linie besagt, dass die Wirtschaft auch ohne zusätzliches Geld wettbewerbsfähig werden kann. Ein Stopp neuer Bürokratie koste kein Geld, stärke aber den Standort Deutschland. Das gelte genauso für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Und nur dann entstünden auch neue Spielräume, wenn man "die Wachstumskräfte unseres Landes wieder entfesselt".

Lindner sieht keinen Änderungsbedarf beim Haushalt

Beim Haushalt für das kommende Jahr 2024 ist Lindner mit den Zahlen im Reinen: Veränderungen seien nicht notwendig. Sollten nun aber im parlamentarischen Verfahren neue Ausgaben dazukommen, brauche es zwingend Gegenfinanzierungen. "Neues geht nur, wenn man bereit ist, sich von anderem zu trennen", so schreibt es Lindner den Regierungsfraktionen im Parlament ins Stammbuch.

Beim Schuldenstand gibt Lindner Entwarnung, die fiskalische Trendwende sei gelungen, der Schuldenstand sinke wieder auf rund 65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Schuldenquote gehe damit zurück und der Trend werde sich fortsetzen. Beim aktuellen Defizit liege man deutlich unter der Drei-Prozent-Marke, und halte so die EU-Stabilitätskriterien von Maastricht ein.

Was wird mit der Gastro-Mehrwertsteuer?

Wo Lindner inhaltlich mit sich reden lässt, ist die Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Er habe "Sympathie" dafür, den 2020 erst wegen Corona und dann wegen der Energiekosten gesenkten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf Speisen zu behalten. Aber auch da gelte "im Lichte der Steuerschätzung": Es gibt nicht mehr zu verteilen.

Wie bei sonstigen Wünschen verlangt Lindner auch bei der Gastro-Steuer Kreativität beim Sparen an andere Stelle. Wenn Suppe, Schnitzel und Dessert bei 7 Prozent Mehrwertsteuer im Restaurant bleiben sollen, dann müssten die Haushälter im Parlament an anderer Stelle kürzen.

Wo Lindner noch Potential sieht, ist bei ukrainischen Geflüchteten. Deren Bürgergeldbezug koste bis zu 6 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Mit einem "Job-Turbo" – also mehr Ukrainerinnen und Ukrainern in Beschäftigung - ließe sich an dieser Stelle viel einsparen, so der Finanzminister.

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