Wenn schon Wagen, dann Servierwagen: Laschet sitzt und wartet darauf, dass man das Kanzleramt zu ihm rollt. Statt Wahlkampf macht er einen trotzigen Sitzstreik.
Als Säulen seiner "Strategie" nennt Laschet: zum einen das Werben für eigene Ideen, zum anderen den Verzicht auf persönliche Diffamierungen. Klingt ehrenwert, ist aber weit von der Wirklichkeit. Das eine, das Werben, findet faktisch nicht statt. Wie das verheißene "Modernisierungsjahrzehnt" aussehen soll, weiß vermutlich nicht mal Laschet selber. Wo ist sein 10-Punkte-Sofortprogramm?
Respektlos gegenüber dem Wähler
Das andere, der Verzicht auf Diffamierung, ist eine Worthülse für jegliche Debattenvermeidung. Laschet verzichtet nicht nur auf Diffamierung, er verweigert seinen Gegnern (ja, Gegnern!) die Anerkennung als solche. Das ist respektlos, und zwar gegenüber den Gegnern wie dem Souverän, der seine Wahl nur treffen kann, wenn Unterschiede sichtbar werden.
Eine fatale Fehleinschätzung
Hinter all dem verbirgt sich eine fatale Fehleinschätzung. Laschets Strategen meinen offenbar, mit Angela Merkels Methode der asymmetrischen Demobilisierung erfolgreich zu sein. Das aber hat schon bei Merkel am Ende nicht mehr funktioniert. Und vorher funktionierte es nur so lange, wie Merkel als Person unangreifbar schien. Nur wer über allem schwebt, kann getrost entpolitisieren.
Für Laschet gilt das nicht. Und das liegt nicht bloß daran, dass er nicht den Wettbewerbsvorteil des Amtsinhabers genießt. Seine persönlichen Fehler waren allzu prägend in den letzten Wochen. Auch daran ist er selber schuld.
Denn mit etwas Wohlwollen sind das ja eigentlich Nachlässigkeiten, das Lachen im Flutgebiet, die Plagiate im Buch. Sie müssten nicht die ganze Person infrage stellen. Dass es trotzdem so kam und ihm massiv geschadet hat, darf Laschet selbst am wenigsten beklagen: Wer den Streit um Themen verweigert, lenkt automatisch die ganze Aufmerksamkeit auf seine Person.
Laschet starr vor Angst?
Laschet scheint geradezu starr vor Angst zu polarisieren. Er hängt dem alten Gedanken an, eine Volkspartei müsse allen gleichermaßen etwas bieten. Betonung auf "gleichermaßen". Das ist überholt, schon deshalb, weil der Vollsortimenter inzwischen parteipolitischer Standard ist. Was Franz Josef Strauß der CDU vorhielt, sie sei zu einem "riesigen Supermarkt" verkommen, gilt heute für alle. Und muss an und für sich gar nicht schaden.
Wer polarisiert, der mobilisiert – Laschet tut nichts
Die Kunst ist, aus dem Sortiment das Top-Angebot auszuwählen, ins Schaufenster zu stellen und die Wahlkampfdebatte zu führen, im engen Wortsinn. Wer polarisiert, der mobilisiert. Die kleine Schwester CSU weiß das eigentlich, fündig geworden ist sie aber noch nicht. Die Mütterrente ist jedenfalls bei dieser Bundestagswahl nicht das mobilisierende Top-Angebot. Laschet hat noch nicht mal angefangen zu suchen.
Ein Kommentar von Achim Wendler, Leiter der BR-Redaktion Landespolitik
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