Der Rücktritt von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache war die einzig denkbare Konsequenz in einem demokratisch verfassten Staat. Das Skandal-Video bezeichnet er als "gezieltes politisches Attentat". Dabei waren vielmehr seine Äußerungen auf Ibiza ein Anschlag auf demokratische Werte.
Wer versucht, die Presse zu unterwandern, ihre Unabhängigkeit zu zerstören, der hat nichts in einer Regierung verloren. Wer dies vorhat, verwirkt sein politisches Amt. Strache hat sich selbst die Falle gestellt, sich selbst demontiert. Die Versuche der FPÖ, kritische Journalisten beim öffentlich-rechtlichen ORF einzuschüchtern, sie in den Dreck zu ziehen, sind seit langem bekannt. Die Ruchlosigkeit, die Strache in dem heimlich gedrehten Video an den Tag gelegt hat, ist ein weiterer Beleg dafür, dass es in der FPÖ-Riege Politiker gibt, die sich Medien zum Machterhalt gefügig machen wollen. Diese und andere Äußerungen Straches zeigen, dass er zu einem Ausverkauf des Rechtsstaats bereit gewesen wäre.
Österreichs Kanzler Kurz musste handeln. Er hat mit dem Votum für Neuwahlen einen Befreiungsschlag versucht. Zu lange hat aber auch er die Koalition am Leben erhalten. Eine Distanzierung vom Koalitionspartner ist dann nicht mehr ausreichend, wenn dieser die Werte einer Demokratie mit Füßen tritt. Mit der Auflösung der Koalition schafft Kurz nachträglich Distanz zur FPÖ. Politisch ist dies klug, obgleich seine Machtbasis sich dadurch zunächst deutlich verkleinert hat. Bei Neuwahlen könnte Kurz aber von den konservativen Wählern profitieren, die sich nun von der FPÖ abwenden.
Österreich kann sich nun neu finden. Wären die Rechtspopulisten nach möglichen Neuwahlen nicht mehr in der Regierung, wäre dies ein Signal weit über Österreich hinaus. Bislang schien in Europa das Erstarken nationalistischer, populistischer, geschichtsvergessener Parteien, die den Rechtsstaat zu ihren Gunsten umdefinieren wollen, beinahe unaufhaltsam. Österreich kann nun ein Signal setzen, dass es sich aus diesem Strudel zu befreien vermag. Ein Wendepunkt auf Europas Irrweg wäre dies wohl noch nicht. Aber ein Zeichen der Hoffnung, dass ein erstes Land die Stärke hat, sich abzuwenden von hetzenden, demokratiefeindlichen Politikern und Parteien.
Ein Kommentar von Christian Nitsche, Chefredakteur Bayerischer Rundfunk