Der frühere italienische Ministerpräsident Berlusconi ist tot
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Silvio Berlusconi

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Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist tot

Politiker, Medienmogul und Bauunternehmer - Silvio Berlusconi gehörte zu den wohlhabendsten und mächtigsten Menschen Italiens. Nun ist der gebürtige Mailänder im Alter von 86 Jahren verstorben.

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Über viele Jahrzehnte hat Silvio Berlusconi Italien geprägt - und dem Land unter anderem den politischen Populismus und das Privatfernsehen gebracht. Als TV-Unternehmer wurde der gebürtige Mailänder bekannt und reich. Nun ist der 86-Jährige, der an Leukämie litt, im Mailänder Krankenhaus San Raffaele gestorben.

Als Bauunternehmer zum Millionär

Zum Medienmogul ist Berlusconi mehr durch Zufall geworden, seine ersten Millionen verdiente er als Bauunternehmer. "Für mich war klar, dass ich nicht als Angestellter für jemand anderen arbeiten, sondern selbständig sein wollte. Ich wollte Unternehmer werden – und in der Zeit gab es den Bauboom", erklärte er einmal.

Ende der 1960er Jahre baute Berlusconi ein Wohnviertel im Norden Mailands. Um den Kauf der Immobilien anzukurbeln, bot er ein Stadtteilfernsehen an. Später war dieses für ihn ein Sprungbrett, um in den neuen privaten TV-Markt in Italien einzusteigen - den er schnell dominierte. Berlusconi wurde zu einem der wohlhabendsten Männer des Landes. Außer Fernsehsendern und Zeitungen gehörten ihm Banken, Supermärkte, Versicherungskonzerne und der Fußballclub AC Mailand, den er für einige Jahre zum erfolgreichsten Europas machte.

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Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist tot
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Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist tot

Wahlkampf wie in den USA: Berlusconi nutzt seine Sender

1993 dann Berlusconis Einstieg in die Politik - mit Worten, die in Erinnerung blieben: "Italien ist das Land, das ich liebe. Hier habe ich meine Wurzeln, meine Hoffnungen und meine Horizonte." Die jahrzehntelang regierende christdemokratische Partei war Anfang der 1990er Jahre in Folge eines Korruptionsskandals zerbrochen. Berlusconi gründete "Forza Italia" und kandidierte als Ministerpräsident. Seine Fernsehsender nutzte der Multi-Milliardär für politische Werbung und machte Wahlkampf im Stil US-amerikanischer Parteien - inklusive einer selbst komponierten Parteihymne.

Berlusconi gewann die Wahl 1994 und wurde zum ersten Mal Ministerpräsident. Er beteiligte Lega und die ehemaligen Neofaschisten der Alleanza Nazionale an der Regierung. "Die anderen Parteien hatten Lega und Faschismus nie erlaubt, an die Regierung zu kommen. Wir haben sie 1994 reingeholt", sagte Berlusconi.

Zehn Jahre Ministerpräsident - und immer wieder Schlagzeilen

Berlusconi enttabuisierte damals die extreme Rechte im Land, er machte 2008 auch die spätere Regierungschefin Giorgia Meloni zu seiner Jugendministerin. 

Viermal ist Berlusconi Ministerpräsident gewesen, insgesamt fast zehn Jahre – so lange wie kein anderer in Italien seit Kriegsende. Immer wieder sorgte Berlusconi in dieser Zeit für Schlagzeilen, unter anderem als er 2003 den Sozialdemokraten Martin Schulz im Europaparlament für die Rolle eines KZ-Aufsehers empfahl.

30 Verfahren, einmal rechtskräftig verurteilt: Sozialdienst als Strafe

Mehrfach stand Berlusconi vor Gericht. International für Aufsehen sorgten die Verfahren zu erotischen Festen, den sogenannten Bunga-Bunga-Partys. Berlusconi beklagte, die italienische Justiz verfolge ihn aus politischen Gründen. "Die faktische Souveränität in diesem Land liegt nicht mehr beim Parlament, sondern sie gehört den linken Staatsanwälten und Richtern", so Berlusconi.

In fast allen Prozessen gewann Berlusconi – weil er gute Anwälte hatte, von maßgeschneiderten Gesetzen profitierte, häufig aber auch, weil es seinen Anklägern am Ende an Beweisen fehlte. In über 30 Verfahren ist Berlusconi ein Mal rechtskräftig verurteilt worden, 2013 wegen Steuerhinterziehung. Als Strafe musste der einst mächtigste Mann des Landes Sozialdienst in einem Altersheim leisten. 

Wahlsieg als Teil der Rechtskoalition um Meloni

Danach war Berlusconi wieder als Chef der Forza Italia politisch aktiv. Anfang 2022 bemühte er sich vergeblich um das Amt des Staatspräsidenten. Einige Monate später aber gehörte Berlusconi als Teil der Rechtskoalition um Giorgia Meloni zu den Wahlsiegern und zog wieder in den Senat ein. Zuletzt berichteten italienische Medien immer wieder über Krankenhausaufenthalte des Politikers.

Mattarella: "Berlusconi hat Geschichte der Republik geprägt"

Italiens Spitzenpolitiker würdigten Berlusconi als einen der wichtigsten Protagonisten des Landes. Staatschef Sergio Mattarella nannte Berlusconi einen "großen politischen Anführer". Berlusconi habe "die Geschichte unserer Republik geprägt", betonte Mattarella. Er beschrieb ihn als "Person von großer Menschlichkeit und Erfolgsunternehmer".

Ministerpräsidentin Meloni nannte Berlusconi "einen der einflussreichsten Männer in der Geschichte Italiens". Der frühere Regierungschef sei ein "Kämpfer" gewesen und ein Mann, "der keine Angst hatte, für seine Überzeugungen einzustehen", sagte Meloni in einem von ihrem Kabinett verschickten Video.

Als weiterer Vertreter der Rechts-Rechts-Mitte-Koalition in Rom erklärte Matteo Salvini von der Lega, man verabschiede heute "einen großen Italiener. Einen der größten aller Zeiten, in allen Bereichen, aus allen Blickwinkeln, unvergleichlich", twitterte Salvini.

Politiker, Medien-Mogul, Fußball-Funktionär, Milliardär und Gesetzesbrecher - Silvio Berlusconi, der frühere italienische Ministerpräsident ist tot.
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Politiker, Medien-Mogul, Fußball-Funktionär, Milliardär und Gesetzesbrecher - Silvio Berluscon ist tot.

Putin spricht von "unwiederbringlichem Verlust"

Am Mittwoch ist im Mailänder Dom ein Staatsbegräbnis für Berlusconi geplant. Auch Papst Franziskus äußerte in einem Telegramm an Berlusconis Tochter Maria Elvira sein Mitgefühl. Der Papst sei der Familie nahe, bete um ewigen Frieden für den Verstorbenen und um Trost für die Trauernden.

Für die Bundesregierung erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin, man spreche "dem italienischen Volk und der italienischen Regierung unsere Anteilnahme aus".

Der russische Präsident Wladimir Putin beklagte Berlusconis Tod als "unwiederbringlichen Verlust" und sprach von "großem Schmerz". "Silvio war für mich ein lieber Mensch und ein wahrer Freund", erklärte Putin in einem vom Kreml veröffentlichten Kondolenzschreiben an Präsident Mattarella. Er habe immer Berlusconis "Weisheit" bewundert sowie seine Fähigkeit, "selbst in schwierigsten Situationen weitsichtige Entscheidungen zu treffen".

Mit Informationen von Reuters und AFP

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