Giorgia Meloni, Parteichefin der rechten Partei "Fratelli d'Italia"
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Giorgia Meloni und ihre "Fratelli d'Italia" liegen in den Umfragen derzeit vorne.

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Italien vor der Wahl: Sieg der Rechten zeichnet sich ab

In gut einer Woche wird in Italien gewählt. Nach dem Sturz der Regierung Draghi musste Staatspräsident Mattarella das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Bei denen sieht es nach derzeitigen Umfragen nach einer Rechtswende aus.

Noch acht Tage sind es bis zur Wahl. Aber Lorenzo De Sio ist sich jetzt schon ziemlich sicher, wie es ausgeht. Zwar habe Italien in der Vergangenheit schon Überraschungen erlebt bei Wahlen, die schon entschieden schienen, meint der Politikprofessor der Römer Universität Luiss. Jetzt aber wiesen die Umfragen "einen Abstand von mindestens 15 Prozentpunkten zwischen den beiden größten politischen Lagern aus. Dass sich dies noch grundlegend ändert, ist eine ziemlich unwahrscheinliche Möglichkeit."

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Rechtes Lager laut Umfragen klar vorne

Am vergangenen Wochenende durften in Italien laut Gesetz zuletzt Umfragen zur Wahl veröffentlicht werden. Fast alle sahen das rechte Lager klar vorne. Annähernd 50 Prozent werden dem Bündnis aus Giorgia Melonis Brüdern Italiens, Matteo Salvinis Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia vorhergesagt. Auf nicht einmal 35 Prozent dagegen kommt das Mini-Bündnis aus der Demokratischen Partei Enrico Lettas und einigen kleinen liberalen und linken Splittergruppen.

Mitte-Links-Parteien treten getrennt an

Die Mitte-Links-Parteien litten unter ihrer Zerrissenheit, die das italienische Wahlsystem bestrafe, sagt De Sio: "Es gibt eine große Asymmetrie zwischen den beiden politischen Lagern. Mitte-Rechts hat es, trotz Differenzen, wieder einmal geschafft, ein kompaktes Bündnis zu bilden." Dies sei Mitte-Links nicht gelungen.

Die Demokratische Partei und die Fünf Sterne Bewegung, erläutert De Sio, "haben beschlossen, getrennt anzutreten. Dies hat von Beginn an die Wettbewerbsfähigkeit von Mitte-Links reduziert." Die Demokraten kündigten die Zusammenarbeit mit den Fünf Sternen auf, nachdem diese sich am Sturz der Regierung Draghi beteiligt hatte.

Giorgia Meloni führt die Umfragen derzeit an

Im Wahlkampf haben Giorgia Meloni und ihre Brüder Italiens, als führende Partei der Rechten (ca. 24/25 Prozent), ihren Vorsprung in den Umfragen kontinuierlich ausgebaut. Den Wahlsieg vor Augen, hat die ehemalige Jugendministerin Berlusconis ihre Kampagne in den vergangenen Wochen auf die Botschaft ausgerichtet: Niemand in Italien und Europa müsse Angst haben vor einer Ministerpräsidentin Meloni. Sie habe keine faschistischen Sympathien, sondern sei eine regierungsfähige Konservative. Unterstützung für Familien, weniger Steuern, nationale Identität und eine harte Linie gegen Einwanderer sind Kernpunkte des Programms der Brüder Italiens.

Auch wenn Meloni sich in ihren Wahlkampfauftritten zuletzt bewusst zurückgenommen präsentierte: Es ist deutlich geworden, dass die 45-Jährige in der Europäischen Union mit einer anderen Haltung auftreten will als die italienischen Regierungschefs der vergangenen Jahre. Meloni gab sich selbstironisch und kämpferisch vor ihren Anhängern in Mailand: "Jetzt heißt es: In Europa sind sie ein bisschen besorgt wegen der Meloni. Was wird da passieren? Ja, was soll passieren! Das angenehme Leben ist vorbei." Italien, rief die Rechtspolitikerin von der Bühne, werde jetzt beginnen "seine nationalen Interessen zu verteidigen. Wie es auch die anderen machen."

Melonis Karriere begann in einer neofaschistischen Organisation

Unter anderem von linksliberalen Medien, wie beispielsweise der zweitgrößten Tageszeitung "La Repubblica", ist Meloni im Wahlkampf immer wieder mit der Tatsache konfrontiert worden, dass sie ihre politische Karriere in neofaschistischen Organisationen begonnen hat. Und damit, dass im Wappen ihrer Partei noch die grün-weiß-rote Flamme lodert, die in der Symbolik der italienischen Rechten für die Flamme auf dem Grab Benito Mussolinis steht.

Demokratische Partei warnt vor Melonis Plänen

Melonis politischer Hauptgegner im Wahlkampf ist der Chef der Demokratischen Partei (ca. 20/21 Prozent in den Umfragen), Enrico Letta. Ein Mann der eher leisen Töne. Der 56-Jährige hat weitgehend vermieden, die in den Umfragen Führende wegen ihrer neofaschistischen Vergangenheit anzugreifen. Stattdessen warnt Letta vor Rückschritten in der Klimapolitik, bei den Bürgerrechten, vor Stimmungsmache gegen Ausländer und vor einer grundlegend veränderten Europapolitik unter einer Ministerpräsidentin Meloni.

Das Italien Giorgia Melonis, sagt Letta, sei ein Italien, "das auf Orbans Ungarn und auf Polen schaut." Sie glaube nicht an das Europa, "das sich in diesen Jahren zusammengefunden hat, um die Probleme der Menschen mit gemeinsamen Lösungen anzugehen", so der Vorwurf des Demokraten-Chefs. Europa, Arbeit, Bürgerrechte und Klima sind zentrale Themen des Wahlkampfes der Partei Lettas, der vor knapp zehn Jahren bereits einmal für kurze Zeit Ministerpräsident war.

Berlusconi hat Chancen auf das Amt des Senatspräsidenten

Viele andere sind in diesem Wahlkampf lediglich Nebendarsteller. Matteo Salvini, nur noch die Nummer zwei im rechten Lager, hofft zumindest auf ein Comeback als Law-and-Order-Innenminister. Und Silvio Berlusconi möchte bei einem Wahlsieg der Rechten Senatspräsident werden – immerhin das zweihöchste Amt im Staat. Angesichts der Umfragezahlen für das Rechtsbündnis stehen die Chancen für den mittlerweile 85-Jährigen nicht schlecht.

  • Zum Artikel: Weber verteidigt Wahlkampfhilfe für Berlusconi

Die größte Unwägbarkeit im Wahlausgang ist laut Meinungsforschern das Abschneiden der Fünf-Sterne-Bewegung. Bei der letzten Wahl 2018 noch die Nummer eins im Land, war die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Conte zuletzt wieder im Aufwind (11/13 Prozent) – und könnte dem Rechtsbündnis zumindest im Süden Italiens das Siegen schwer machen.

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