Der Ultraschall von Eierstöcken zur Früherkennung von möglichen Tumoren ist eine Selbstzahler-Leistung. Sie stehen derzeit in der Kritik.
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Der Ultraschall von Eierstöcken zur Früherkennung von möglichen Tumoren ist eine Selbstzahler-Leistung. Sie stehen derzeit in der Kritik.

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Teuer, unnütz: Politiker für Verbot von Selbstzahler-Leistungen

Individuelle Gesundheitsleistungen, auch IGeL-Untersuchungen genannt, werden nicht von der Krankenkasse übernommen und müssen, falls gewünscht, von den Patienten selbst gezahlt werden. Wieso die Selbstzahler-Leistungen außerdem in der Kritik stehen.

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Sie sollen helfen, Krebs zu erkennen, strapaziöse Reisen gut zu überstehen oder Alterungsprozesse zu verlangsamen: Selbstzahler-Leistungen beim Arzt. Unter dem Etikett der "IGeL"-Untersuchungen rechnen Ärzte die Leistungen ab, die die Krankenkassen nicht übernehmen.

Bundespatientenbeauftragter fordert Verbot von IGeL-Leistungen

Patientinnen und Patienten sollen nun nach dem Willen von Gesundheitspolitikern der Koalition besser vor Selbstzahler-Leistungen in der Arztpraxis geschützt werden. Sie sprechen sich unter für ein Verbot der IGeL-Untersuchungen aus.

"Leistungen, die von den medizinischen Fachgesellschaften als schädlich bezeichnet werden, haben in Arztpraxen nichts zu suchen und gehören verboten", sagte der Bundespatientenbeauftragte Stefan Schwartze (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Donnerstag. Schwartze sagte unter Verweis auf Untersuchungen, die große Mehrheit des IGeL-Angebots habe keinen erkennbaren Nutzen. "Einige schaden sogar, weil sie häufig falsch positive Befunde liefern und dadurch unnötige weitere Untersuchungen und Eingriffe nach sich ziehen."

Ultraschall von Eierstöcken: Sinnvoll oder Panikmache?

Ein Beispiel dafür ist die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter – eine der am meisten verkauften Leistungen. "Hier werden junge Frauen ohne Not in Angst und Schrecken versetzt", so Schwartze. Gynäkologische Fachgesellschaften lehnten sie laut Schwartze ab.

Tatsächlich fehlt es laut dem IGeL-Monitor des Medizinischen Diensts der Krankenkassen an Hinweisen auf einen Nutzen dieser Ultraschalluntersuchung. Dabei würden fast alle Praxen die Methode anbieten. Mit Ultraschall stürben laut Studien aber nicht weniger Frauen als ohne. "Demgegenüber steht, dass aufgrund der Untersuchung Frauen unnötig beunruhigt werden und es zu einer unnötigen Entfernung der Eierstöcke und Komplikationen bei den Operationen kommen kann."

Gynäkologen verteidigen die IGeL-Untersuchung

Der Berufsverband der Frauenärzte wies die Kritik an der Methode zurück. Es handele sich um eine umfassende Ultraschalluntersuchung von Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke und Harnblase. Eine mögliche Behandlung orientiere sich dann unter anderem an Beschwerden und Verlauf. Die generelle Behauptung, ein Ultraschall würde unnütze Operationen nach sich ziehen, sei falsch, so der Verband. Auch Schwartzes Behauptung, gynäkologische Fachgesellschaften lehnten diese Ultraschalluntersuchung ab, treffe nicht zu.

Grüne: Besserer Schutz vor nicht wirksamen Behandlungen

Mehr "Schutz vor nicht evidenzbasierten Behandlungen" sei nötig, forderte auch der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen. Das sind Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht erwiesen ist.

"Es ist besorgniserregend, in welchem Umfang einzelne Praxen sich statt auf die Erbringung bedarfsnotwendiger Angebote entsprechend des Standes der Wissenschaft auf lukrative IGeL-Leistungen fokussiert haben", sagte Dahmen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Patientenrechte müssen reformiert werden

Insgesamt sprach sich Dahmen für mehr Patientinnen- und Patientenrechte aus. "Es braucht unübersehbar ein Update des in die Jahre gekommenen Patientenrechtegesetzes", sagte der Grünen-Politiker. Auch die Transparenz für Patientinnen und Patienten müsse erhöht und Regeln für die weitgehend digitalisierte Dokumentation von Behandlungen müssten aktualisiert werden.

Mit dem geplanten Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung solle zudem die hausärztliche Versorgung besser finanziert werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits vergangenes Jahr eine Reform bei den Patientenrechten angekündigt.

Verbot der Selbstzahler-Leistungen wohl nicht umsetzbar

Bereits seit Jahren stehen die IGeL-Leistungen in der Kritik. So mahnten die Verbraucherzentralen: "Da die Palette breit gefächert ist und sich ständig erweitert, haben Patientinnen und Patienten kaum eine Chance, den medizinischen Nutzen sowie Qualität und Preis der Angebote zu überprüfen und miteinander zu vergleichen." In der Praxis solle man erst mal um Bedenkzeit bitten und später unabhängige Informationen einholen.

Deutschlands Kassenärzte mahnen aber: "IGeL-Leistungen sollten nicht generell verteufelt werden", wie ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sagte. Und die Deutsche Stiftung Patientenschutz ist der Meinung: "Das Verbot von Selbstzahler-Angeboten ist gut gebrüllt, doch praktisch nicht umsetzbar."

Mit Informationen von dpa.

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