Globuli kommen in der Homöopathie häufig zum Einsatz
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Globuli kommen in der Homöopathie häufig zum Einsatz

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Homöopathie als Kassenleistung vor dem Aus: Das sagen Experten

Homöopathische Arzneimittel und Behandlungen sollen künftig nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden dürfen. Gesundheitsminister Lauterbach kündigte eine gesetzliche Regelung an. Wie reagieren Ärzte und Krankenkassen darauf?

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Bislang war die Homöopathie für viele Krankenkassen ein gutes Geschäft: Mit dem Angebot, die Kosten für homöopathische Behandlungen zu übernehmen, sind mehrere Kassen auf Kundenfang gegangen. Mit solchen Zusatzleistungen konnten sie bei zahlreichen Beitragszahlern punkten, die dann bereit waren, die Krankenkasse zu wechseln.

Krankenkassen entscheiden selbst, ob sie Kosten übernehmen

Ein Großteil der Kassen übernimmt die Kosten für Homöopathie – allerdings in unterschiedlicher Höhe, erklärt der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Teilweise zahlen die Kassen die Therapie, teilweise die Arzneimittel ganz oder anteilig bis zu unterschiedlichen Obergrenzen. Jede Krankenkasse entscheidet das selbst.

Lauterbachs Entscheidung ist keine Überraschung

Vielen Gesundheitspolitikern und Medizinern war diese Praxis schon lange ein Dorn im Auge – insbesondere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. So überrascht es nicht, dass der SPD-Politiker damit Schluss machen will. Künftig sollen homöopathische Behandlungen nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden dürfen.

In einem Papier des Bundesgesundheitsministeriums heißt es: "Leistungen, die keinen medizinisch belegbaren Nutzen haben, dürfen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden." Und weiter: "Aus diesem Grund werden wir die Möglichkeit der Krankenkassen, in der Satzung auch homöopathische und anthroposophische Leistungen vorzusehen, streichen." Das Ziel: Geld sparen und die aus Sicht des Ministers unnötigen Ausgaben anders einsetzen. "In Kürze" will Lauterbach eine entsprechende gesetzliche Regelung vorlegen.

Kritik von Homöopathie-Ärzten

Dies stößt bei Ärztevertretern, die auf homöopathischer Basis behandeln, auf scharfe Kritik. Homöopathie sei durchaus wissenschaftsbasiert, meint Michaela Geiger, Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte: "Das sehen wir tagtäglich in unseren Praxen. Es ist uns wichtig, als Hausärztinnen und Hausärzte ein breites Spektrum an Therapiemöglichkeiten zu haben."

Vorwurf der Union: Minister verliere sich im "Klein-Klein"

Kritik kommt auch aus den politischen Reihen – und zwar von der Union. Der gesundheitspolitische Sprecher von CDU und CSU im Bundestag, Tino Sorge, wirft Lauterbach vor, Nebelkerzen zu werfen. Der Minister verliere sich im "Klein-Klein", statt echte Reformen anzupacken. Denn durch diese Maßnahme soll nur wenig Geld gespart werden, heißt es.

Lauterbach: Millionen-Einsparung jedes Jahr

Lauterbach widerspricht. Nach seinen Angaben können 20 bis 50 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. Der GKV-Spitzenverband spricht von rund 22 Millionen Euro für homöopathische und anthroposophische Arzneimittel nach den zuletzt veröffentlichten Zahlen aus dem Jahr 2021.

Eine geringe Summe im Vergleich zu den Gesamtausgaben der Krankenkassen von voraussichtlich knapp 300 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Dem Bundesgesundheitsminister geht es aber weniger ums Geld als vielmehr ums Prinzip, wie er sagt. Grundlage dessen, was vergütet werde, müsse der wissenschaftliche Sachstand sein. Und Homöopathie habe nach wissenschaftlichem Sachstand keinen medizinischen Nutzen. "Die Krankenkassen sollten nicht Leistungen bezahlen, die medizinisch nichts bringen", sagt Lauterbach.

Wer dennoch nicht auf homöopathische Behandlungen verzichten möchte, kann eine Zusatzversicherung abschließen. Die sollen weiter möglich sein. Oder Patientinnen und Patienten zahlen die Leistungen privat.

Grüne unterstützen, mahnen aber Strukturreformen an

Unterstützung bekommt der Gesundheitsminister von Grünen-Politiker Janosch Dahmen. Der gesundheitspolitische Sprecher seiner Partei im Bundestag mahnt jedoch, dass die Entscheidung und Diskussion über die Kosten der Homöopathie nicht von den notwendigen strukturellen Reformen ablenken dürfen. Die Finanzierung des Gesundheitssystems müsse zukunftssicher werden. Vorschläge wie zum Beispiel höhere Steuerzuschüsse für die gesetzliche Krankenversicherung lägen auf dem Tisch. "Da ist der Gesundheitsminister in der Pflicht", so Dahmen.

Was ist Homöopathie?

Basis für homöopathische Arzneimittel können pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen sein. Die extrem verdünnten Stoffe werden zum Beispiel in Form von Kügelchen (Globuli) verabreicht. Die Lehre des Homöopathie-Begründers Samuel Hahnemann (1755–1843) geht davon aus, dass damit die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert werden. Wissenschaftlicher Konsens ist aber, dass für homöopathische Behandlungen keine Wirkung nachgewiesen ist, die über Placeboeffekte hinausgeht.

Sollen die Kassen homöopathische Mittel bezahlen - wo doch Experten über die Wirksamkeit streiten?
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Sollen die Kassen homöopathische Mittel bezahlen - wo doch Experten über die Wirksamkeit streiten?

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