Symbolbild Kirchensteuer
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Höchstwerte bei Kirchensteuern - trotz sinkender Mitgliedszahlen

Trotz sinkender Mitgliederzahlen verzeichnen die beiden großen Kirchen in Deutschland Steuereinnahmen in Rekordhöhe. Bei der katholischen Kirche beliefen sich die Kirchensteuereinnahmen 2022 auf knapp sieben Milliarden Euro - ein neuer Höchstwert.

Evangelische und katholische Kirchenmitglieder sind in Deutschland mittlerweile in der Minderheit. Ihr Anteil lag im Jahr 2022 bei 47,5 Prozent, wie die Kirchenmitgliederstatistiken der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigen. Dennoch kletterten die Kirchensteuereinnahmen im vergangenen Jahr nach oben.

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Rekordwerte bei Kirchensteuereinnahmen

Bei der katholischen Kirche beliefen sich die Kirchensteuereinnahmen im vergangenen Jahr auf 6,848 Milliarden Euro und erreichten damit einen neuen Höchstwert. 2021 waren es 6,732 Milliarden. Das geht aus den Zahlen hervor, die die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag auf ihrer Homepage einstellte.

Bereits im Frühjahr hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ihre Bilanz des vergangenen Jahres veröffentlicht. Demnach lag das Kirchensteueraufkommen 2022 bei 6,242 Milliarden Euro. 2021 waren es 5,995 Milliarden. Laut den auf der EKD-Homepage zugänglichen Statistiken handelt es sich auch hierbei um einen Höchstwert.

Inflationsbereinigt gehen Einnahmen leicht zurück

Unter Berücksichtigung der steigenden Preise gingen die Einnahmen der katholischen Kirche allerdings im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück und lagen inflationsbereinigt bei 4,698 Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren wurde dieser Wert stets übertroffen; zuletzt war er 2014 niedriger.

2022 gehörten 20,938 Millionen Menschen der katholischen Kirche an, 2021 waren es noch 21,646 Millionen. Bei den Protestanten sank die Zahl von 19,725 auf 19,15 Millionen. Das entspricht einem Anteil von rund 24,8 beziehungsweise 22,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung. 2021 war der Gesamtanteil (26,0 + 23,5) erstmals unter 50 Prozent gefallen.

In Zukunft werden sich die sinkenden Mitgliederzahlen auch unabhängig von der Inflation auf die Finanzen auswirken. Eine Studie von Finanzwissenschaftlern ging 2019 von einer Halbierung der Finanzkraft bis 2060 aus. Allerdings ist diese Prognose bei dem anhaltenden Trend der Kirchenaustritte bereits überholt. Während sich demografische Faktoren, wie etwa die Sterbefälle und Geburtenzahlen, in etwa so weiterentwickeln wie 2019 angenommen, haben sich die Austrittsquoten deutlich ungünstiger entwickelt, erläutert Fabian Peters, einer der Autoren der Studie von 2019.

Sinken bald kirchliche Zuschüsse für Schulen und Krankenhäuser?

Mitgliederschwund und Teuerung haben aber auch heute schon Folgen für die Kirchenfinanzen. Zwar würden bundesweit nominale Rekordeinnahmen verzeichnet, sagte der Ökonom und Leiter des Kompetenzzentrums Statistik und Datenanalyse der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Durch Mitgliederverluste und Preissteigerungen sei "die finanzielle Power" aber zurückgegangen.

Die Folgen der Austrittswelle wird die Gesellschaft laut dem Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller in absehbarer Zeit spüren. Die Frage, ob und wie die Bistümer in Zukunft noch ihre Zuwendungen für Schulen, Pflegeheime, Hospize und Krankenhäuser aufbringen könnten, habe eine gesellschaftspolitische Dimension. Es sei zu erwarten, dass zeitnah mit den Kirchen ein Eckpfeiler des Gesamtsystems, und damit des gesellschaftlichen Zusammenhalts wegbreche.

Staat erhält drei Prozent des Kirchensteuer-Gesamtaufkommens

In Deutschland haben die Kirchen das in der Verfassung verankerte Recht, von ihren Mitgliedern Abgaben (Kirchensteuern) zu erheben. Diese Steuer ist die wichtigste Finanzquelle zur Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben in Seelsorge, Bildung und Sozialwesen. Die Höhe richtet sich in der Regel nach der Einkommenssteuer. Die Kirchensteuer wird vom Staat eingezogen; er erhält dafür rund drei Prozent des Gesamtaufkommens.

Die jährlichen Kirchensteuereinnahmen der katholischen Kirche übertreffen seit Mitte der 1980er Jahre die der Evangelischen Kirche in Deutschland. Bis 1983 lagen die Protestanten vorne.

Staatliche Leistungen an Kirchen nach Enteignung seit 1803

Die meisten katholischen Bistümer und evangelischen Landeskirchen beziehen ferner Unterhaltszahlungen des Staates, die historische Wurzeln haben: 1803 wurden in großem Stil Kirchengüter auf der rechten Rheinseite enteignet und verstaatlicht. Nutznießer waren deutsche Reichsfürsten, die damit für Gebietsverluste an Frankreich auf der linken Rheinseite entschädigt wurden. Die Fürsten als Nutznießer verpflichteten sich im Gegenzug, den Kirchen regelmäßige Unterhaltszahlungen zum Bestreiten ihrer Aufgaben zu leisten.

Diese "altrechtlichen" Staatsleistungen umfassen Geld- oder Sachmittel, in manchen Fällen aber auch die Übernahme von Gehältern für Bischöfe, Domherren und in einigen Fällen auch Zuschüsse zu Pfarrergehältern. Diese Dotationen wurden später von den deutschen Ländern übernommen, teils in pauschalierter, vereinfachter Form. Nach der Wiedervereinigung 1990 erhielten auch die Kirchen in Ostdeutschland wieder diese Zahlungen.

Für die beiden großen Kirchen zusammen machen diese historisch bedingten Staatsleistungen jährlich etwa 600 Millionen Euro aus; davon gehen rund 60 Prozent an die evangelischen Landeskirchen. Seit 1919 besagt die Verfassung, dass diese Leistungen abgelöst werden sollen. Die Ampelkoalition strebt dazu ein Gesetz an, worüber Bund, Länder und Kirchen diskutieren. Die Kirchen erklärten ihre grundsätzliche Bereitschaft, aus den Bundesländern gibt es Vorbehalte, da es um Ablösesummen in zweistelliger Milliardenhöhe geht.

Mit Informationen von KNA und epd

Im Video: Immer mehr Menschen verlassen die katholische Kirche

Menschen stehen in Fulda vor dem Dom (Symbolbild)
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Immer mehr Menschen treten aus der katholischen Kirche aus

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