Bundeskanzler Olaf Scholz, Aufnahme vom 3. Juni 2023.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Jonas Walzberg

In der Ampel-Koalition gibt es Streit ums Geld. Kanzler Scholz soll nun vermitteln.

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Haushaltsstreit: Kanzler Scholz schaltet sich ein

Eigentlich soll der Entwurf für den Haushalt 2024 bis zur parlamentarischen Sommerpause stehen. Das ist das Ziel der Ampel-Koalition. Doch die Gespräche darüber kommen nicht voran. Jetzt reicht es dem Kanzler offenbar - er schaltet sich ein.

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Die Bundesregierung hat sich in der Haushaltspolitik ehrgeizige Ziele gesetzt. Nach den milliardenschweren Krisenpaketen im Zeichen von Corona-Pandemie und Kriegsfolgen will die Ampel die Finanzen des Bundes "konsolidieren", wie es in Berlin heißt. "Jetzt sind wir auf dem Landeanflug in Richtung Normalität", sagte eine Regierungssprecherin vor wenigen Tagen. Gemeint ist die Einhaltung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz, nachdem die Neuverschuldung in den zurückliegenden Jahren einen Rekordwert erreicht hatte.

Lindner sieht Haushaltslücke von 20 Milliarden

Doch auch wenn die Regierung nach eigener Wahrnehmung auf dem Rückweg zu "normalen" Staatsfinanzen ist, verlaufen die Gespräche über den Haushalt 2024 ungewöhnlich holprig. Erst musste Finanzminister Christian Lindner (FDP) die sonst üblichen Eckpunkte für den Etat verschieben, dann ganz streichen. Außerdem ist offen, ob es wie geplant bis zur Sommerpause einen Kabinettsbeschluss zum Haushalt geben wird. Der Grund: Lindner hat eine Lücke von 20 Milliarden Euro ausgemacht. Und eine Einigung darüber, welches Ministerium welchen Sparbeitrag leistet, steht aus.

Finanzministerium bestätigt Haushaltsgespräche mit Kanzler

Jetzt hat sich Olaf Scholz in den Haushaltsstreit eingeschaltet. Der Kanzler spricht mit einzelnen Ressortchefs über den Etatentwurf für nächstes Jahr – gemeinsam mit Lindner. Das bestätigt eine Ministeriumssprecherin auf BR24-Anfrage. Allerdings gehe es nicht um Verhandlungen, sondern lediglich darum, "die haushälterischen Vorgaben" für die jeweiligen Ressorts zu erläutern. Damit bezieht sich die Sprecherin auf vorangegangene Schreiben Lindners an seine Kabinettskollegen. Darin hat der Finanzminister den anderen Ressortchefs mitgeteilt, wie viel Geld sie im kommenden Jahr maximal ausgeben dürfen.

Lindners Sparvorgaben lösen Unruhe in der Ampel aus

Dem Vernehmen nach sind alle Ressorts aufgerufen, den Rotstift anzusetzen. Nur das Verteidigungsministerium wird davon offenbar ausgenommen, wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Lindners Vorgaben haben Unruhe in der Koalition ausgelöst. Wie aus Ampelkreisen zu hören ist, beklagen sich vor allem die Grünen über einseitige Sparvorgaben zulasten ihrer Ministerien. So werden zum Beispiel finanzielle Abstriche bei der Förderung von Demokratieprogrammen befürchtet.

Finanzministerium: Dreier-Format nichts Neues

Nun soll also ein Dreier-Format den Durchbruch bringen: mit Scholz, Lindner und der jeweiligen Spitze des Fachressorts. Völlig neu sei so ein Verfahren nicht, heißt es aus dem Finanzministerium. Ähnliches habe es schon in der Vergangenheit gegeben. Dennoch ist das Vorgehen der Ampel ungewöhnlich – schließlich konnten sich die Parteien bisher nicht einmal auf die sonst üblichen Eckwerte einigen.

CSU sieht Handlungsfähigkeit der Ampel gefährdet

Für die Opposition zeigt diese Entwicklung, wie zerstritten das Regierungsbündnis ist. Das macht der CSU-Finanzpolitiker Sebastian Brehm im Gespräch mit BR24 deutlich. "Die Handlungsfähigkeit der Ampel ist derzeit extrem gefährdet." Der Nürnberger Abgeordnete macht das auch am schwelenden Streit über das Heizungsgesetz fest. Bei Haushaltsverhandlungen jedenfalls habe es zwar auch zu Zeiten der großen Koalition Streit gegeben, so Brehm, "aber nicht in dieser Form".

Grüne fordern Haushaltsentwurf bis zur Sommerpause

Auch die Grünen sind unzufrieden damit, wie die Haushaltsgespräche laufen. Der Haushaltspolitiker Bruno Hönel nennt das bisherige Verfahren "in Teilen chaotisch". Aus seiner Sicht muss der Finanzminister jetzt dafür sorgen, "dass noch vor der Sommerpause ein konsentierter Regierungsentwurf zum Haushalt 2024 steht". Also ein Entwurf, den SPD, FDP und Grüne gleichermaßen mittragen. Nur so könne "eine sorgfältige parlamentarische Beratung des Entwurfes sichergestellt werden", teilt Hönel auf BR24-Anfrage mit. Der Bundestag geht Anfang Juli in die Sommerpause.

Haushaltsberatungen: FDP zeigt sich zuversichtlich

Die Liberalen wiederum versuchen, Druck aus der Diskussion zu nehmen. Der FDP-Politiker Karsten Klein sagt im BR24-Interview: "Ich gehe fest davon aus, dass wir vor der Sommerpause einen Kabinettsbeschluss erleben werden.“ Im Übrigen begrüßt der Aschaffenburger Abgeordnete, „dass der Kanzler den Konsolidierungskurs von Lindner unterstützt".

Erleichtert werden könnte eine Einigung dadurch, dass der überwiegende Teil der fehlenden 20 Milliarden womöglich durch Kürzungen bei Hilfen für die Bundesländer oder durch Subventionsabbau eingetrieben werden. Dann müssten die einzelnen Ministerien unterm Strich lediglich einen einstelligen Milliardenbetrag einsparen. Das aber würde voraussetzen, dass sich die Ampel auf den Abbau konkreter Subventionen einigt. Im Gespräch ist zum Beispiel, die Besteuerung von Dienstwagen neu zu regeln. Doch auch hier liegen FDP und Grüne über Kreuz – und eine Einigung ist nicht in Sicht.

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