Joe Biden am 18. Oktober 2023 in Tel Aviv
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Joe Biden am 18. Oktober 2023 in Tel Aviv

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Harsche Worte: USA warnen Israel vor Rafah-Offensive

Krise zwischen den USA und Israel: Die geplante Offensive gegen Rafah wird aus Washington als "Fehler" bezeichnet. Israel habe kein Konzept für den Sieg über die Hamas. US-Präsident Biden hat eine israelische Delegation nach Washington beordert.

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Die US-Regierung kritisiert seit längerem die Pläne der israelischen Führung, in Rafah eine Bodenoffensive zu starten. Nun erhöhen die USA den Druck auf Israel, die humanitäre Krise im Gazastreifen nicht mit einem abschließenden Angriff auf die letzte Bastion der Hamas auf die Spitze zu treiben. Um zu zeigen, wie ernst es ihm damit ist, zitierte US-Präsident Joe Biden in einem ungewöhnlichen Schritt eine israelische Delegation nach Washington.

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Israel soll in Washington ein humanitäres Konzept präsentieren

Der Präsident habe Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in einem Telefonat aufgefordert, in den nächsten Tagen ein Team aus Vertretern von Militär, Geheimdiensten und Spezialisten für humanitäre Hilfe nach Washington zu entsenden, sagte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan. Vertreter Israels wurden damit quasi zur Berichterstattung in die Hauptstadt des wichtigsten Verbündeten USA zitiert.

US-Regierung: Operation in Rafah "wäre ein Fehler"

Es gebe für Israel Möglichkeiten, sich in dem Konflikt durchzusetzen und die Terrorbedrohung aus Gaza zu beenden, ohne in Rafah einzumarschieren, erklärte Sullivan. "Wir sind der Meinung, dass die Hamas weder in Rafah noch anderswo einen sicheren Zufluchtsort haben sollte, aber eine größere Bodenoperation dort wäre ein Fehler", fasste er die Position der US-Regierung zusammen.

Als Beispiel für die Schwächen der israelischen Strategie nannte der Sicherheitsberater den erneuten Einsatz im Schifa-Krankenhaus vom Montag. Israel sei zuvor schon einmal gegen die Hamas in dem Krankenhaus vorgegangen. Die Hamas sei jedoch zurückgekehrt. "Das wirft die Frage auf, wie eine nachhaltige Kampagne gegen die Hamas sichergestellt werden kann, sodass sie sich nicht regenerieren und kein Gebiet zurückerobern kann" sagte Sullivan.

Netanjahu hat andere Pläne – und will dem Druck widerstehen

Ob diese Anerkennung die Israelis über die harschen Worte ihres wichtigsten Verbündeten hinwegtrösten kann, scheint fraglich – zu groß sind die Meinungsverschiedenheiten zur Strategie gegen die Hamas. Aus israelischer Sicht ist ein Sieg über die Hamas ohne einen Einsatz in Rafah schlichtweg nicht möglich. Ohne die Herstellung einer vollständigen Kontrolle über den Gazastreifen wird ein Wiedererstarken der Terrororganisation nach dem Krieg befürchtet. 

Verhandlungen über Feuerpause und Geiseln

Israels Regierungschefs könnte gegenüber Washington auch darauf verweisen, dass in Katar gerade neue Verhandlungen über eine Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung weiterer Geiseln begonnen haben, man sich also um eine zumindest teilweise Verständigung bemühe. Das israelische Fernsehen berichtete, der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, sei in dem Emirat mit Vermittlern zusammengetroffen.

Die Hamas hatte den Vermittlern Katar, Ägypten und USA kürzlich einen neuen Vorschlag vorgelegt. Darin verlangt die Hamas nicht mehr, dass Israel den Krieg beendet, bevor die ersten Geiseln gegen palästinensische Häftlinge ausgetauscht werden.

Blinken reist nach Saudi-Arabien und Ägypten

Auch wenn Israel einige Forderungen der Hamas zu weit gingen, sei eine Einigung bei den Verhandlungen dennoch möglich, sagte Sicherheitsberater Sullivan dazu. Er setzt darauf, dass die zeitgleich zu den Verhandlungen in Katar laufenden Gespräche, die US-Außenminister Antony Blinken in Saudi-Arabien und Ägypten führt, zu mehr humanitärer Hilfe für die Bevölkerung des Gazastreifens führen könnte.

Die USA denken an die "Zeit nach dem Konflikt"

Die USA betonen, dass es Blinken – in Kontrast zum für seine mangelnde strategische Weitsicht gerügten Israel – bei seiner Reise um die Entwicklung langfristiger Strategien für den Nahen Osten und für den Gazastreifen im Besonderen gehe. Miller zufolge soll es bei Blinkens Gesprächen auch um die "Planung der Zeit nach dem Konflikt" gehen, "einschließlich der Sicherstellung, dass die Hamas nicht mehr regieren oder die Angriffe vom 7. Oktober wiederholen kann".

Mit Informationen von dpa und AFP

Im Video: Tote und Verletzte bei Angriff auf Rafah

Gaza: Tote und Verletzte bei Angriff auf Rafah
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Gaza: Tote und Verletzte bei Angriff auf Rafah

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