Palästinenser betrauern die Opfer israelischer Angriffe im Gazastreifen (Archivbild: 25.12.2023).
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Palästinenser betrauern die Opfer israelischer Angriffe im Gazastreifen.

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Erneut viele Tote im Gazastreifen – Netanjahu stellt Bedingungen

Israels Regierungschef Netanjahu hat Bedingungen für ein Friedensabkommen gestellt – er verlangt unter anderem eine "Entradikalisierung der palästinensischen Gesellschaft". Unterdessen gingen die Bombardierungen im Gazastreifen weiter.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Während die Hamas erneut Raketen auf das Grenzgebiet zu Israel abfeuert, geht die israelische Armee weiter mit militärischer Gewalt gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen vor. Das UN-Menschenrechtsbüro ist nach Angaben eines Sprechers höchst besorgt über die fortgesetzten israelischen Bombardierungen im mittleren Gazastreifen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu stellt währenddessen Forderungen für ein Friedensabkommen, deren Umsetzung allerdings in weiter Ferne liegen.

Heiligabend in Gaza: 137 Tote in Flüchtlingslagern

Allein an Heiligabend seien durch die Bombardements im Gazastreifen 137 Menschen in zwei Flüchtlingslagern ums Leben gekommen, teilte das UN-Menschenrechtsbüro am Dienstag unter Berufung auf Angaben der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" mit. Am 24. und 25. Dezember seien Berichten zufolge mehr als 50 Luftschläge ausgeführt worden. Getroffen worden seien nach diesen Berichten drei Flüchtlingslager. Alle Straßen zwischen den Lagern seien zerstört worden, was die Versorgung mit Hilfsgütern deutlich erschwere. Die Versorgungslage sei auch vorher schon katastrophal gewesen.

Das UN-Menschenrechtsbüro erinnerte daran, dass die israelischen Streitkräfte zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts alles tun müssen, um zu vermeiden, dass Zivilisten zu Schaden kommen. "Warnungen und Evakuierungsanordnungen entbinden sie nicht von allen Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts."

Schon mehr als 20.000 Tote im Gazastreifen

Netanjahu wies internationale Kritik zurück. Israel handele "weiterhin in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht". Israel unternehme sein Bestes, um die Zahl ziviler Opfer "so gering wie möglich" zu halten. Recherchen unter anderem der "New York Times" widersprechen diesen Angaben jedoch: Israel soll demnach während der ersten sechs Wochen des Krieges "routinemäßig eine seiner größten und zerstörerischsten Bomben" in Gebieten eingesetzt haben, die es als sicher für die Zivilbevölkerung bezeichnete, etwa dem südlichen Gazastreifen. Die Zeitung beruft sich dabei auf eine Analyse von Videomaterial.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind bisher mehr als 20.600 Menschen getötet und mehr als 54.500 verletzt worden. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen – bei vergangenen Konflikten erwiesen sich die palästinensischen Opferzahlen jedoch als valide. Hilfsorganisationen gehen zudem davon aus, dass ein Drittel der Getöteten und Verletzten Kinder sind. Auslöser des Kriegs war die Terrorattacke der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober. Sie brachten mehr als 1.200 Menschen in Israel um.

Aufruf zur Evakuierung im zentralen Gazastreifen

Das israelische Militär forderte am Dienstag die Menschen im zentralen Gazastreifen dazu auf, ihre Häuser und Notunterkünfte zu verlassen. Alle Zivilisten, die sich in dem festgelegten Territorium befänden, sollten in die nahe gelegene Stadt Deir al-Balah fliehen, teilte das Militär mit. Teil der Evakuierungszone war auch das Flüchtlingslager Bureidsch, das nach Angaben von Bewohnern bereits in der Nacht mit Kampfflugzeugen und Artilleriegeschützen angegriffen worden war. Die Evakuierungsanordnung legte die Vermutung nahe, dass das israelische Militär seine Bodenoffensive auf dieses Gebiet ausweiten will.

Netanjahu will palästinensische Gesellschaft "entradikalisieren"

Netanjahu sagte bei einem Besuch der in Gaza kämpfenden Truppen, Israel werde "den Kampf in den kommenden Tagen vertiefen". In einem Gastbeitrag für das "Wall Street Journal" nannte er drei Bedingen für Frieden: "Die Hamas muss zerstört werden, der Gazastreifen muss entmilitarisiert und die palästinensische Gesellschaft muss entradikalisiert werden. Dies sind die drei Voraussetzungen für einen Frieden zwischen Israel und seinen palästinensischen Nachbarn im Gazastreifen." Kritiker der israelischen Regierung weisen immer wieder daraufhin, dass es durch die Art der Kriegsführung im Gazastreifen zu einer weiteren Radikalisierung der Bevölkerung kommen dürfte.

Netanjahus Minister für strategische Fragen, Ron Dermer, wollte in Washington Pläne für eine neue Phase geringer Intensität im Krieg vorstellen, die bis Ende Januar beginnen soll, wie das Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf israelische und US-Beamte berichtete. Die USA wollen, dass Israel zu gezielteren Einsätzen übergeht.

Hamas lehnt neue Feuerpause ab

Die Hamas lehnte währenddessen eine vorübergehende Feuerpause ab und forderte einen dauerhaften Waffenstillstand. Damit reagiert die radikalislamische Organisation reagierte auf einen arabischen Medienbericht, wonach Ägypten einen Entwurf zur Beendigung des Gaza-Kriegs in mehreren Stufen erarbeitet habe. Dieser sehe eine mindestens zweiwöchige Feuerpause vor, hieß es. Bei einer ersten mehrtägigen Feuerpause Ende November waren 105 Geiseln gegen 240 in Israel inhaftierte Palästinenser ausgetauscht worden.

Nach Tod eines Generals: Drohungen aus Teheran an Israel

Der Tod eines iranischen Generals bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff in Syrien erhöht die Spannungen in der gesamten Region noch zusätzlich. Der Sprecher des iranischen Verteidigungsministeriums, Resa Talaei-Nik, drohte Israel laut Nachrichtenagentur Tasnim: "Die Zionisten (Israel) müssen sich auf die Konsequenzen ihres Verbrechens gefasst machen … und die werden schmerzhaft sein." Das ranghohe Mitglied der iranischen Revolutionsgarden (IRGC), General Sejed-Rasi Mussawi, war am Montag bei einer Explosion in einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus getötet worden.

Laut Informationen der "New York Times" soll Mussawi geholfen haben, die Lieferung von Raketen und anderen Waffen an die libanesische Hisbollah-Miliz zu überwachen. Vom israelischen Militär hieß es zum Tod des Generals nur, man kommentiere keine ausländischen Medienberichte. Die "New York Times" schrieb, israelische Beamte hätten eingeräumt, dass sie sich auf mögliche iranische Vergeltungsmaßnahmen vorbereiteten.

Gegenseitiger Beschuss an israelisch-libanesischer Grenze fortgesetzt

Im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon nahmen sich die Hisbollah und die israelische Armee wieder gegenseitig unter Feuer. Die libanesische Schiitenmiliz teilte mit, sie habe militärische Ziele in Israel beschossen und "Volltreffer" erzielt. Eine aus dem Libanon abgefeuerte Panzerabwehrrakete traf nach israelischen Militärangaben eine Kirche im Norden Israels. Dabei sei in dem Ort Ikrit auch ein Zivilist verletzt worden. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Mit Informationen von dpa.

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