Netzagentur-Chef Klaus Müller
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"Es gibt in einer Gasmangellage keine gute Entscheidung mehr"

Wenn es im Winter in Deutschland tatsächlich zu wenig Gas gibt, muss die Bundesnetzagentur eingreifen. Dann könne man nur noch Schäden minimieren, sagt Agentur-Chef Müller. Beim Füllstand der Gasspeicher gibt er noch keine Entwarnung.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Auch bei der Bundesnetzagentur laufen die Vorbereitungen auf den Herbst und den Winter. Im Fall einer akuten Gasknappheit wird es nach Ansicht von Netzagentur-Chef Klaus Müller nur noch darum gehen, die Schäden so gering wie möglich zu halten. "Es gibt in einer Gasmangellage keine gute Entscheidung mehr, weil dann zu wenig Gas da ist. Wir versuchen, die Schäden dann zu minimieren."

Müller: Mindestens drei Kriterien für Gas-Priorisierung

Sollte es zu einer Priorisierung der Gasversorgung in der Industrie kommen, wird es laut Müller mindestens drei Kriterien geben: die Vermeidung betriebswirtschaftlicher Schäden, die Berücksichtigung von Lieferketten sowie von sozialen Auswirkungen. So müsse sichergestellt werden, dass mindestens Lebensmittel und Medikamente weiterhin zur Verfügung stehen. Die Agentur werde dann versuchen, Entscheidungen mit dem geringstmöglichen Schaden zu treffen.

Gasspeicher füllen sich - aber nicht alle

Mit Blick auf die privaten Verbraucher bekräftigte der Chef der Netzagentur, dass Haushalte, aber etwa auch Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Kitas und Polizeistationen auch dann bevorzugt weiter versorgt werden, wenn das Gas knapp werde. Um die Gasversorgung digital steuern zu können, wird derzeit eine Plattform programmiert, die zum 1. Oktober fertig werden soll.

Aktuell füllen sich die Gasspeicher in Deutschland weiter, Müller spricht von einer "bewundernswerten Geschwindigkeit". Der Füllstand nähert sich insgesamt der 85-Prozent-Marke. Der Netzagentur-Chef räumt allerdings ein: "Knapp zwei Handvoll" der Speicher sind bisher nicht gut gefüllt, darunter strategisch wichtige im Süden sowie der bundesweit größte im niedersächsischen Rheden. "Darum werden wir nicht für alle Speicher die 95 Prozent garantieren können", sagte Müller.

Eine neue Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. Oktober zu mindestens 85 Prozent gefüllt sein müssen. Am 1. November sollen es mindestens 95 Prozent sein.

Keine Notlage wegen Nord-Stream-Wartung erwartet

Russland hatte zuletzt angekündigt, Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 Ende August für drei Tage zu unterbrechen. Vom 31. August bis zum 2. September werde wegen Wartungsarbeiten kein Gas nach Deutschland fließen, hatte der Staatskonzern Gazprom mitgeteilt. Danach sollten täglich wieder 33 Millionen Kubikmeter Erdgas geliefert werden. Das entspricht den 20 Prozent der täglichen Maximalleistung, auf die Russland die Lieferung schon vor einigen Wochen verringert hat. Bereits im Juli hatte Gazprom die Gaslieferung durch Nord Stream 1 mehrere Tage lang eingestellt und das mit Wartungsarbeiten begründet.

Müller hält die angekündigte erneute Wartung für unbegründet. "Auch diese Wartungsunterbrechung ist für uns technisch nicht nachvollziehbar", sagte er. Alle bisherigen Argumente, es liege an den Turbinen von Siemens Energy, halte er für vorgeschoben. Die Erfahrung zeige, dass Russland "nach jeder sogenannten Wartung eine politische Entscheidung getroffen" habe.

Nach Ansicht der EU-Kommission wird die geplante erneute Wartung aber nicht zu einem EU-weiten "Unionsalarm" führen. Bei der dreitägigen Unterbrechung sehe es derzeit nicht danach aus, als müsse der Alarm ausgelöst werden, sagte ein Sprecher am Dienstag. "Wir verfolgen die Situation mit allen Mitgliedstaaten sehr genau." Die EU-Länder hatten sich im Juli in ihrem Notfallplan darauf geeinigt, bei weitreichenden Gasversorgungsengpässen einen sogenannten Unionsalarm auszulösen.

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