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Flüchtlinge in Wegscheid im Oktober 2015

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Die "Obergrenze" - und was am Ende übrig bleibt

Noch nie hat ein Wort die beiden Schwesternparteien CSU und CDU so entzweit wie der Streit um die "Obergrenze". Merkel blieb hart, Seehofer will sie noch immer - eigentlich. Eine klare Aussage gab es zuletzt allerdings nicht mehr. Von Tanja Oppelt

CSU-Chef Seehofer hatte eine Obergrenze für Flüchtlinge im vergangenen Dezember zur Bedingung für eine mögliche Koalition nach der Bundestagswahl gemacht. Mit ihr werde es keine feste Obergrenze geben, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder. Seine Drohung, notfalls in die Opposition zu gehen, wiederholte der CSU-Chef daraufhin nicht mehr. Die Chonik des Begriffes:

Januar 2016: Bei der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth gibt Seehofer den Wählern ein Versprechen:

"Die Bevölkerung kann sich drauf verlassen. Wir als Freistaat Bayern und die CSU werden nicht nur jetzt in Kreuth, sondern in all den nächsten Wochen und Monaten massiv für die Begrenzung der Zuwanderung eintreten." Horst Seehofer, CSU-Chef, in Wildbad Kreuth

Dezember 2016: In der Sendung "Farbe bekennen" in der ARD legt sich Seehofer noch einmal fest:

"Wir werden zu einer Begrenzung, auch zu einer Obergrenze kommen. Und wir garantieren der Bevölkerung: Für den Fall, dass wir uns an einer Regierung beteiligen können, werden wir dafür sorgen, dass dies in die Regierungspolitik Einzug hält, für die nächste Legislatur." Horst Seehofer in der ARD

"Obergrenze" als Drohung

Der Moderator hakt nach: Habe er das richtig verstanden - Seehofer werde den Koalitionsvertrag ohne Obergrenze nicht unterschreiben und in die Opposition gehen?

"Sie haben das gut verstanden. Wir geben die Garantie der Bevölkerung, dass jährlich etwa 200.000 Menschen kommen können - als Bürgerkriegsflüchtlinge, als Asylbewerber - weil wir nur bei dieser Größenordnung die Aufgaben, von denen ich gerade sprach, schaffen werden." Horst Seehofer in der ARD

Die Drohung, Koalitionsverhandlungen wegen des Begriffes Obergrenze platzen zu lassen, ist in der Welt. Aber Bundeskanzlerin Merkel lässt sich davon nicht beeindrucken. Immer wieder betont sie, eine starre Obergrenze werde es mit ihr nicht geben. Seehofer wiederholt seine Ankündigung, notfalls in die Opposition gehen zu wollen, nicht mehr.

Anfang Juli 2017: Ins Wahlprogramm der Union schafft es die Obergrenze erwartungsgemäß nicht. Die Flüchtlingszahlen sind inzwischen deutlich gesunken.

"Wir haben im Moment eine sehr wirksame Begrenzung der Zuwanderung. Die CSU wird ihre Obergrenze in ihren Bayernplan schreiben." Horst Seehofer, CSU-Chef

Plötzlich "Bayernplan"

Der Bayernplan - eine Art bayerische Ergänzung des Unionswahlprogramms. Dort hält die CSU auch Forderungen fest, mit denen sie sich nicht durchsetzen konnte. Bei der Vorstellung des Bayernplans sagt CSU-Generalsekretär Scheuer:

"Die CSU wird bei klaren Botschaften 'Obergrenze' bleiben, und das auch zur Grundlage der Koalitionsverhandlungen machen. Und garantiert in den Koalitionsvertrag bringen wollen." Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär, bei der Vorstellung des Bayernplans.

Keine klare Aussage

20. August 2017: Das ARD-Sommerinterview Sonntag Abend: Auf die Frage nach möglichen Konsequenzen, falls die klare Botschaft Obergrenze nicht im Koalitionsvertrag stünde, vermeidet Seehofer eine klare Aussage:

"Nein nein, so einfach ist Politik nicht, der Kurs in Berlin hat sich verändert. Wir haben jetzt deutlich weniger Zuwanderung, als ich dieses Zitat gebraucht habe." Horst Seehofer im ARD-Sommerinterview

Inhaltlich will Seehofer aber seiner Linie treu bleiben. Fühlt sich missverstanden, als Journalisten schreiben, er rücke von der Obergrenze ab. Übrig bleibt letztendlich ein Satz:

"Die Obergrenze ist und bleibt ein Ziel der CSU." CSU-Chef Horst Seehofer