Archivbild: Immer wieder führen Schulen in Deutschland einheitliche Kleidung für ihre Schüler ein, wie 2016 die Ernst-Reuter-Schule in Hessen.
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Archivbild: Immer wieder führen Schulen in Deutschland einheitliche Kleidung für ihre Schüler ein, wie 2016 die Ernst-Reuter-Schule in Hessen.

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Bundeselternrat fordert "Konsens über Kleiderordnung" an Schulen

Mit Blick auf die französische Debatte über Schulkleidung fordert der Bundeselternrat Regeln für Deutschland. Schüler mit unangemessener oder freizügiger Kleidung sollen heimgeschickt werden können. Ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht?

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Nun ist die Diskussion über angemessene Schulkleidung aus Frankreich nach Deutschland geschwappt: Der Bundeselternrat fordert, Regeln für die Schulen in Deutschland festzulegen. Dabei sollten die Schulen einen Konsens über eine Kleiderordnung beschließen und dann auch in die Hausordnung übernehmen, sagte die Vorsitzende des Bundeselternrats, Christiane Götte, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Ein Verstoß habe dann Konsequenzen, fügte sie hinzu. "Dann kann man Schülerinnen oder Schüler nach Hause schicken und verlangen, dass sie sich ordentlich anziehen." Meist gehe es dabei um "unangemessene, lottrige, zerrissene oder freizügige Kleidung". Zugleich betonte Götte, eine generelle Kleiderordnung an Schulen sei im föderalen System kaum durchsetzbar.

  • Zum Artikel: Bauchfrei in der Schule - Was ist erlaubt und was nicht?

Frankreichs Präsident fordert Schulkleidung

Hintergrund ist der Vorstoß von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu einer Einheitskleidung an Schulen. Macron macht allerdings einen Unterschied zwischen Uniform und Schulkleidung. "Ohne dass man eine Uniform hat, kann man sagen, ihr zieht ein T-Shirt, eine Jeans und eine Jacke an", sagte der Präsident. Das wäre für junge Leute viel akzeptabler.

Die Debatte war in Frankreich wieder aufgeflammt, weil in Schulen nach Behördenangaben verstärkt Schülerinnen sogenannte Abayas tragen, traditionell von Frauen in islamischen Ländern getragene knöchellange Gewänder. Sie sind seit diesem Schuljahr an französischen Schulen nicht mehr erlaubt. Die Regel stützt sich dabei auf das seit langem geltende Verbot von sichtbaren religiösen Symbolen an Schulen in dem auf Laizität, also die strikte Trennung von Staat und Religion, bedachten Frankreich.

Wie kurz darf ein T-Shirt sein?

Götte sagte, vor allem Mütter sähen einen Vorteil in Schulkleidung. Sie seien die morgendlichen Diskussionen um angemessene Kleidung leid. Auf der anderen Seite hätten Eltern auch Gründe, zu viele Regeln vehement abzulehnen, geprägt durch ihre eigenen Erfahrungen - "vor allem, wenn sie als Kind gezwungen wurden, bestimmte Kleidung zu tragen".

Der Deutsche Lehrerverband lehnte feste Regeln unterdessen ab. "Wir sind in Deutschland aufgrund unserer Geschichte anders auf Freiheit ausgerichtet, auf Selbstbestimmung und Mündigkeit. Eine Formulierung zu finden, die festlegt, wie lang ein T-Shirt sein darf, ist kaum möglich", sagte Verbandspräsident Stefan Düll den Funke-Zeitungen. Klar sei aber auch: "Schule ist kein Strand und kein Club."

Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht von Eltern und Kindern

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hält Schuluniformen und Einheitskleidung für einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht von Eltern und Kindern. Obendrein verhindere Einheitskleidung nicht soziale Ungerechtigkeit. "Eine Zurschaustellung des elterlichen Verdienstes kann schließlich auch ohne Kleidung, beispielsweise über die Federtasche oder andere Utensilien stattfinden", sagte der stellvertretende Vorsitzende des VBE, Tomi Neckov. Zudem würden mit dem Einführen von Schuluniformen veraltete Rollenmuster befördert und Geschlechterunterschiede verstärkt.

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion aufgrund der Kommentare von "Alexander_K" und "aufgepasst" im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" ergänzt.

Weit verbreitet sind Schuluniformen zum Beispiel in England. Dort heißt es von der Regierung, dass man Schulen die Einführung einer Uniform stark ans Herz legt. Gründe hierfür seien zum Beispiel, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen und einen angebrachten Ton für eine Bildungsstätte zu setzen. Schulen, die in England eine Schuluniform einführen, haben auf verschiedene Regelungen zu achten. So zum Beispiel die Menschenrechte und den englischen "Equality Act" von 2010. Unter anderem der Respekt vor dem Geschlecht, der Religion und möglichen körperlichen Einschränkungen muss beim Entwicklen einer Schuluniform berücksichtigt werden. Ebenso ist es vorgegeben, dass die Kosten einer Schuluniform auf einem Minimum gehalten werden sollen. "Eltern sollten nicht über die Kosten der Schuluniform nachdenken müssen, wenn sie überlegen auf welche Schulen man sich bewirbt", heißt es dazu in einer Richtlinie der Regierung. 💬

Im Audio: Abaya-Verbot - Bilanz und Debatte um Schuluniform in Frankreich

06.09.23: Mitarbeiter einer französischen Schule bei einer Kundgebung gegen das Abaya-Kleidungsverbot der Regierung.
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06.09.23: Mitarbeiter einer französischen Schule bei einer Kundgebung gegen das Abaya-Kleidungsverbot der Regierung.

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