Eine Frau arbeitet in der Küche und hält dabei ihr Kind auf dem Arm.
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Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers hat sich beim geplanten Bürgergeld gegen Sanktionen für Familien mit Kindern ausgesprochen.

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Bürgergeld: Kinderschutzbund gegen Sanktionen für Familien

Im Streit um das Bürgergeld vertritt der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, eine klare Position: Familien mit Kindern sollten von Sanktionen komplett ausgenommen werden - und die Parteien zu einer Einigung finden.

Das Bürgergeld soll die größte Sozialreform der Ampel werden und für Arbeitslose in Deutschland vieles besser machen. Doch die Union lehnt das Regelwerk bislang ab. Am Mittwoch soll der Vermittlungsausschuss einen Kompromiss finden. Aus Sicht des Kinderschutzbundes gibt es klare Forderungen.

Verbot von Sanktionen für Familien mit Kindern gefordert

Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers hat sich im Streit um das Bürgergeld gegen Sanktionen für Familien mit Kindern ausgesprochen. "Die Sanktionen treffen meistens nicht diejenigen, die morgens mit der Bierflasche am Bahnhof sitzen", sagte Hilgers dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Am meisten leiden Kinder unter den Sanktionen. Es sollte generell verboten werden, dass Familien mit Kindern finanzielle Sanktionen erhalten."

Hilgers rief die Union und die Ampelparteien demnach auch dazu auf, ihre "Spielchen" zu beenden und das Bürgergeld nach den Plänen der Ampelkoalition umzusetzen. "Eine fehlende Einigung würde vor allem Familien und Kindern schaden", sagte er.

Linke: "Schmierentheater muss endlich aufhören"

Auch die Linke hat an die Ampelregierung und die Union appelliert, ihren Streit um das neue Bürgergeld beizulegen. Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, sagte der "Rheinischen Post": "Dieses Schmierentheater muss endlich aufhören." Es sei ein Armutszeugnis, dass sich Ampelparteien und Union "nicht einmal bei diesen minimalen Verbesserungen für Hartz-IV-Betroffene" einigen könnten.

CDU/CSU: Zu wenig Sanktionen bei Pflichtverletzung

Das Bürgergeld soll das heutige Hartz-IV-System ablösen. Es war im Bundesrat am Widerstand von Landesregierungen mit Führung oder Beteiligung der Union gescheitert. Aus Sicht von CDU und CSU wird Betroffenen ein zu großes Schonvermögen zugestanden. Zudem müssten sie zu wenige Sanktionen bei Pflichtverletzungen fürchten.

Wie BR24 berichtete, kann das Jobcenter im ersten halben Jahr des Bürgergeld-Bezugs kaum Sanktionen verhängen, also Leistungen kürzen. Nur wer mehrfach Termine versäumt, muss sich auf weniger Geld einstellen. Job- und Weiterbildungsangebote können sanktionsfrei abgelehnt werden.

Wer Bürgergeld bezieht, so die Ampel-Pläne, muss zunächst nicht an sein Erspartes gehen. In den ersten beiden Jahren müssen die Betroffenen einen Betrag von bis zu 60.000 Euro nicht antasten. Für jedes weitere Familienmitglied gilt ein Betrag von 30.000 Euro. Die Union argumentiert, eine vierköpfige Familie könnte also 150.000 Euro an Vermögen behalten.

  • Mehr dazu im Artikel: "Bürgergeld: Die Kritikpunkte der Union"

FDP kommt Union in Streit um Bürgergeld entgegen

Die FDP ist in einem Kernpunkt des Streits um das Bürgergeld auf die Linie der Union eingeschwenkt. "Wenn wir eine gemeinsame Lösung erreichen wollen beim Thema Bürgergeld, dann müssen sich alle bewegen. Und nicht nur die Union muss sich bewegen, sondern auch gerade beim Thema Sanktionen, Vertrauenszeit, hier müssen sich auch SPD und Grüne bewegen", sagte Djir-Sarai am Montag nach einer Präsidiumssitzung der Liberalen in Berlin. Er plädierte dafür, die Vertrauenszeit - in der es praktisch keine Sanktionen geben soll - fallen zu lassen.

Vermittlungsausschuss soll am Mittwoch Kompromiss finden

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat soll am kommenden Mittwoch einen Kompromiss finden. Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Bundesrat das Gesetz am Freitag beschließen, damit das neue Bürgergeld wie geplant zum Jahresbeginn kommen kann. Mit dem Bürgergeld will die Ampelregierung das Hartz-IV-System ersetzen.

SPD glaubt an Durchbruch im Bürgergeld-Streit

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat sich optimistisch über einen Durchbruch im Streit um das geplante Bürgergeld in dieser Woche gezeigt. "Wir glauben, dass das funktioniert in dieser Woche", sagte Kühnert am Montag nach SPD-Gremienberatungen in Berlin. Die SPD mag laut Kühnert nicht daran glauben, dass es keine politischen Mehrheiten für die geplante Sozialreform gibt. "Hier warten Millionen Menschen in dieser Gesellschaft", sagte Kühnert. Das betreffe Erwerbslose und Jobcenter-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter. Deshalb gehe er davon aus, dass die praktische Vernunft siege, wenn die politischen Praktiker darüber beraten.

Kinderschutzbund für Umsetzung der Kindergrundsicherung

Der Präsident des Kinderschutzbundes mahnte gegenüber dem RND zudem an, dass nach der Klärung des Bürgergeldes zügig die Pläne der Ampelkoalition für eine Kindergrundsicherung umgesetzt werden müssten. Ohne die Grundsicherung blieben zwei bis drei Kinder etwa für eine Familie, in der der Vater Taxifahrer und die Mutter Friseurin sei, ein "Armutsrisiko", sagte Hilgers. Diese Familien müssten aufstocken oder sich mit bürokratischen Anträgen für Wohngeld und Kinderzuschlag plagen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte zuletzt gesagt, Eckpunkte für die Kindergrundsicherung im Januar vorlegen zu wollen - bis Ende 2023 solle dann der Gesetzentwurf stehen. Die Ampelregierung will in der neuen Kindergrundsicherung diverse Familienleistungen wie das Kindergeld bündeln. So soll es einen einkommensunabhängigen Garantiebetrag für alle Kinder und Jugendlichen geben.

Mit Informationen von AFP und dpa

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